Auf dem Trockenen

Noch husch die Zähne putzen und dann ab unter die warme Decke, dachte ich…,

…aber als ich den Hahn aufdrehen wollte, fielen nur ein paar armselige Tröpfchen ins Lavabo. Dann kam nichts mehr.

Auch bei Chantals Waschbecken nebenan: Kein Wasser.

Küche, Bad, Toilette – rien n’allait plus.

Wir klopften bei den Nachbarn, um zu fragen, ob sie ebenfalls…und wenig später war klar: Es gibt im ganzen Haus kein Wasser.

Wild purzelten Fragen durch meinen Kopf: Sind – was bei diesen arktischen Temperaturen kein Wunder wäre – die Leitungen zugefroren, oder amänd schon geborsten? Betrifft das nur uns, oder liegt das ganze Quartier/die ganze Stadt/die ganze Welt auf dem Trockenen? Ist er das: Der Untergang 2012? Würde ich meine Lieben je wiedersehen?

Und was ist damit?

Während ich geistig verschiedene Endzeitszenarien durchspielte, versuchte mein Schatz, telefonisch Kontakt mit dem städtischen Energieversorger aufzunehmen. Besetzt. Besetzt. Besetzt.

Sehr gut. „Besetzt“ bedeutet: Da rufen massenhaft Leute an. Das wiederum bedeutet: Bei der Localnet wissen sie inzwischen, dass etwas nicht stimmt. In diesem Moment werden bestimmt Dutzende von Pikett-Heinzelmännchen aufgeboten, die das Problem mit derselben Leichtigkeit lösen werden, mit der Chantal einen Pancake wendet.

Voller Zuversicht ging ich ins Bett. Früh am nächsten Morgen musste ich vorhin aufs WC. Während ich so dasass und mir vorstellte, wie dieser Raum wohl in zwei, drei Wochen aussehen würde, falls die Spülung bis dahin immer noch nicht funktioniert, versuchte ich erneut, den Hahn aufzudrehen. Und siehe da: Als ob nie etwas gewesen wäre, schoss frisches, klares Wasser heraus.

Ich nahm mir vor, selbstverständlich Scheinendes nicht immer nur als selbstverständlich zu betrachten. Und füllte mit der gebotenen Ehrfurcht frisches Wasser in die Kaffeemaschine.

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