Auf der Homeoffinsel (35)

„Ups. Mascarilla vergessen. Können wir das nochmal…?“ – „Klar.“
„Jetzt ist gut. Das andere Bild löschst du einfach.“ – „Natürlich.“

Sonntag, 7. März 2021, 13 Uhr

Es ist ein schleichender Prozess: Wenn man chly länger in einem Hotel lebt als normale Feriengäste, behandeln einen die Mitarbeitenden irgendwann nicht mehr wie, sagen wir, der in Immobilien machende Heinz aus Sissach, der eincheckt, dann zwei Wochen lang über das falsche Mineralwasser und auch sonst alles meckert und am Schluss, wenn er das Visachärtli ans Lesegerät hält, sagt, es sei alles superduper gewesen und er komme nächstes Jahr ganz bestimmt wieder, obwohl er genausogut wie der Mann hinter dem Maschineli weiss, dass das auch nicht der Fall sein würde, wenn bis dann weltweit nur noch ein Hotel geöffnet wäre, oder wie die etwas veronaferreshaft wirkende Gerlinde aus Mannheim, deren Parfümwolke und so weiter, und so fort.

Ich bin jetzt seit gut vier Wochen hier und merke diese Veränderungen an munzigen Details. Zum Beispiel sagen die Leute vom Staff („Staff“ wollte ich schon immer mal schreiben. Das klingt so wichtig nach Backstage auf dem Gurtenfestival samt nicht übertragbarem Badge mit Passfoto und einem Bier in der Nähe von Göläs Schlagzeugroadie) zu mir nicht mehr „buen día“, sondern nur noch „¡Hola!“ oder „Ciao“.

Die Frau, die mein Zimmer putzt, legt mir seit einer Weile sechs statt zwei Kafirähmli neben den Wasserkocher. Eusebio, der Mann am Pool, avanciert von Tag zu Tag mehr zu meinem besten Freund. Wir haben zwar noch kein Wort miteinander gesprochen, aber er zeigt mir jeden Spätnachmittag den emporgereckten Daumen, wenn ich mich seinem meist menschenleeren Revier nähere.

Darüberhinaus würde es mich sehr wundern, wenn Miguel vom Empfang während seiner langen, langen Arbeitstage nicht zumindest hin und wieder darüber nachdenken würde, sich für mich von seinem Partner zu trennen.

Andernfalls hätte er ihn mir sicher längst vorgestellt.

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