Auf der Homeoffinsel (47)

Freitag, 26. März 2021, 13.55 Uhr

In Amerika gibt es Leute, die stundenlang Tornados hinterherfahren, um aus der Nähe zu sehen, wie das so tut, wenns mal „z Grächtem chutet“, wie der Emmentaler vor sich hinmurmelt, während er den immer mal wieder um sein Stöckli tobenden Orkanen mit der ihm eigenen Gelassenheit in die Augen blickt.

Mir genügten für eine solche Erfahrung heute ein paar Minuten am Pool. Dort wollte ich mich wie jeden Morgen mit einem Käfeli für die Mühsal des Geschäftsalltags wappnen.

Erst strich, wie meist um diese Zeit, ein angenehmes Lüftchen über die Anlage. Doch Sekunden später wurden aus dem kühlen Hauch kalte Windstösse. Sie schüttelten verdorrte Blätter aus den Palmen, fegten die Blumentöpfe von den Tischen des Openair-Restaurants und leerten die Aschenbecher auf dem Bartresen.

Dann mutierte die steife Brise zu mindestens einem Zyklon. Als ob sie von Geisterhänden bewegt würden, rutschten Liegestühle über den gekachelten Boden. Scheppernd verkeilten sie sich ineinander. Ein grosser Kaktus legte sich der Länge nach hin und zerbrach. Lautlos flog der Rettungsring über den drei Meter hohen Schilfrohrzaun aufs Nachbargrundstück.

Langsam wurde es etwas ungemütlich. Aber offenbar dachte der Sturm, „wenn ich schon damit begonnen habe, diese Anlage chly umzugestalten, mache ich es gleich richtig“, und schwupp, pustete er eine Liege plus einen Sonnenschirm samt Sockel ins Schwimmbecken.

„Mehr realer Surrealismus war selten“, konstatierte der Kunstsachverständige in mir beim Blick durch die Wasseroberfläche anerkennend.

Der Hausmechaniker sahs pragmatischer: heute sei „a good day for surfing“, lachte er, als er die Stätte der Verwüstung in aller Gemütsruhe inspizierte.

Ausser uns beiden war niemand da – warum auch? – , drum half ich ihm beim Bergen des Stuhls und des Schirms und dem Zusammenramisieren all des anderen zäntume verstreuten Hotelzubehörs.

Bis jetzt, Anfang Nachmittag, ist dem Wind der Pfuus noch nicht ausgegangen. Auf den Strassen vor dem Hotel sind ebensowenige Menschen zu sehen wie in den Beizen am Strand.

Eigentlich ist also alles wie immer seit einem Jahr. Aber immerhin gibt es für einmal einen spür- und sichtbaren Grund dafür, dass die Stadt wie leergefegt wirkt.

Aus aktuellem Anlass – hier sind, unsortiert, die 10 schönsten Lieder zum Thema:

(Ja, das sind jetzt 12 Songs, aber spielts eine Rolle? Eben. Und bevor Schlaumeier fragen, wo „Winds of change“ geblieben sei: das würde auch fehlen, wenns 3800 Stücke geworden wären.)

2 Kommentare

  1. …falscher Entscheid – lieber Hannes – das mit dem Weglassen von „Wind of change“ Das hätte Dir minimum 147863 likes eingebracht und somit würdest Du mit Deinem Blog den internationalen Durchbruch schaffen ????

  2. Hoffentlich waren diesmal die T-shirts am “Schärme”! Obwohl die Ladnerin würde sich natürlich über “Zusatzverkäufe” freuen!????????

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