Auf der Homeoffinsel (46)

So sah es im Zürcher Flughafen vor meiner Abreise aus. Ob er bei meiner Rückkehr belebter sein wird?

Freitag, 26. März 2021, 5.40 Uhr

Je näher meine Rückreise rückt, desto mehr frage ich mich, wie es Anfang Mai in der Covideratio Helvetica zu- und hergehen wird.

Als ich Ende Januar nach Gran Canaria flog, war ich – wie unzählige andere Menschen sicher auch – fest davon überzeugt, dass das Gröbste bis im Frühling ausgestanden sein dürfte. Nachrichten von Freundinnen und Freunden bestärkten mich eine Zeit lang in dieser Ansicht:

Unterdessen bin ich mir da nicht mehr so sicher. Aus 4000 Kilometern Distanz betrachtet, hat sich zwischen Basel und Bellinzona wenig geändert und wenn doch, dann eher zum Unguten. Jüngste Depeschen aus dem Krisengebiet bestätigen diesen Eindruck

und wenige Blicke in Onlinemedien zeigen: die Fallzahlen steigen, der Bundesrat steht wegen seiner Pandemiestrategie stärker in der Kritik denn je.

Nach wie vor gibt es eine erkleckliche Anzahl von Leuten, die Tag für Tag händeringend darauf warten, dass der Landesregierung, dem Bundesamt für Gesundheit oder anderen Verantwortungsträgern ein – zur Not auch nur vermeintlicher – Fehler unterläuft, der ihre kruden Thesen stützt

oder ihnen wenigstens die Gelegenheit bietet, der Öffentlichkeit mit eigenwilligen ordogravi und grematickinderbrädazionenen zu importieren:

Im Chor der Dauernörgelnden singen jedoch auch Leute mit dreistelligen IQ. Der mehrfach preisgekrönte Journalist Lukas Hässig zum Beispiel notiert in seinem Onlineportal allen Ernstes: „In jeder anderen Demokratie gäbs Protest und Aufstand – bis hin zur Absetzung der Exekutive mit anschliessenden Neuwahlen.“

Wobei: fünf Wochen, bevor Flug LX 8201 von Las Palmas aus in Richtung Zürich abhebt, läuft in meiner Heimat tatsächlich weiterhin manches schief.

Rechercheuren der „Republik“ gelingt es ohne grössere Umstände, an die elektronischen Impfpässe von Bundesratsmitgliedern zu gelangen. Auch im Jahr 2021 melden Arztpraxen und Spitäler Befunde von Infizierten per Fax an das BAG, wie das „Echo der Zeit“ vor Kurzem – wenn auch mässig überraschend – enthüllte.

Tausende von „Corona-Skeptikerinnen und -skeptikern“ demonstrieren in Liestal ohne Masken vor dem Gesicht, dafür aber mit Kindern im Schlepptau. Sie wähnen sich als „Opfer und Unterdrückte einer Diktatur, die die Menschenrechte mit Füssen tritt“, pfeifen bei ihren Zusammenrottungen aber ihrerseits auf eines der kostbarsten Grundrechte ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger; jenes auf körperliche Unversehrtheit.

Konzernen verabreicht der Bund rezeptfrei XXL-Finanzspritzen, während Kleinbetriebe und Kulturschaffende seit über einem Jahr um ein Tablettli betteln, das ihnen zumindest einen winzigen Teil ihrer Existenzängste nehmen würde.

Experten in universitären Elfenbeintürmen und selbsternannte Fachleute auf obskuren youtube-Kanälen werden nicht müde, das ohnehin in mancherlei Hinsicht überforderte Volk mit immer neuen Hochrechnungen und Horrorszenarien zu verunsichern.

Gründe dafür, noch ein Weilchen hierzubleiben, gäbe es also genug, umso mehr, als es mich vor Heimweh bei durchschnittlich 25 Grad unter einem fast konstant wolkenlosen Himmel ohnehin nicht zerreist.

Andererseits: bald blüht die Burgdorfer Altstadt wieder. Demnächst kommt aus, ob ich im Spätsommer in ein oberherziges Wohnigli im Grünen zügeln kann. Am 3. Mai werde ich – so der allmächtige Alain Berset es denn zulässt – in einem der gmögigsten Beizli nördlich von Sydney kulinarisch verwöhnt, wenig später habe ich ein Date mit der besten Ex-Chefin aller Zeiten.

Den Menschen, die mir am Herzen liegen, geht es, wie sie übereinstimmend berichten, den Umständen entsprechend tiptopp, und jenem Lebewesen, das ich hier am meisten vermisse, offensichtlich auch:

(Bild: Chantal Desbiolles)

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