Auf Zeitreise

Als ich Martin Schuppli zum ersten Mal traf, war er mir auf Anhieb sympathisch. Der frühere „Blick“- und „Schweizer Illustrierte“-Redaktor betreibt seit einiger Zeit das sehr lesenswerte Onlineportal „deinadieu.ch„.

Vor ein paar Wochen fragte er mich, ob er sich mit mir über meine Geschichte als Ex-Alkoholiker unterhalten könne. Ich sagte spontan zu. Wenig später trafen wir uns in Burgdorf. Was bei dieser Begegnung herausgekommen ist, kann hier nachgelesen werden.

Für mich hätte sich das Gespräch auch dann gelohnt, wenn Martin es anschliessend nicht journalistisch verwertet hätte: Es war für mich wie eine Zeitreise in die Vergangenheit – und in die (hoffentlich noch in sehr weiter Ferne liegende) Zukunft.

Nachtrag, gegen Abend: Dass dieses Interview einen gewissen „Impact“ haben würde, war mir klar.

Dass das Echo darauf so viel- und doch einstimmig ausfallen würde, konnte ich aber nicht ahnen.

Kaum war der Beitrag auf Facebook verlinkt, wurde er kommentiert. Von Menschen, die ich kenne. Und von Leuten, die ich vielleicht noch kennenlerne.

Auch auf deinadieu.ch selber gabs Zuspruch:

Dazu kamen (und kommen) Whatsapp-Nachrichten, Anrufe, Mails…es nimmt fast kein Ende.

Sosehr mich all diese Reaktionen freuen, sosehr überrascht mich, dass das Thema „Alkohol“ offenbar immer noch mit einer Art „Tabu“ belegt ist.

Alleine in der Schweiz sind gemäss dem Bundesamt für Gesundheit 250 000 bis 300 000 Menschen alkoholabhängig. Es kann also davon ausgegangen werden, dass es in jeder Familie mindestens einen Menschen gibt, der zuviel trinkt. So betrachtet, unterscheidet sich diese Krankheit in nichts von einem Beinbruch, einem Rückenleiden oder einem Herzinfarkt.

Und doch: Während die Leute in der Regel mit grösster Selbstverständlichkeit über ihre Beinbrüche, Rückenleiden oder Herzinfarkte reden, fassen sie das Thema „Alkohol“ – wenn überhaupt – nur mit spitzen Fingern an. Das betrifft irgendwie immer nur die anderen.

Wenn die Gesellschaft lernen würde, genauso entspannt über Alkmissbrauch zu sprechen wie über zig andere Krankheiten auch, wäre, denke ich, allen geholfen.

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