Couple Dänemark (IV)

„We are red, we are white. We are Danish Dynamite“: Mit diesem Schlachtruf gewann die dänische Fussball-Nationalmannschaft 1992 die EM (für die Jüngeren hier: Wenn in der Weltgeschichte jemals etwas wirklich cool war, dann das: Die dänischen Spieler waren nach dem Abschluss ihrer Landesmeisterschaft schon in die Ferien verreist, als Jugoslawien wegen des Balkankriegs vom Turnier ausgeschlossen wurde. Als Ersatz rückte Dänemark nach. Henrik Larsen, Kim Christofte, Brian Laudrup und ihre Kollegen spielten sich wie im Rausch bis ins Finale vor. Dieses gewannen sie mit 2:0 gegen den amtierenden Weltmeister Deutschland. dessen Teamchef Franz Beckenbauer zwei Jahre zuvor, nach dem Gewinn des WM-Titels in Rom, noch getönt hatte: „Es tut mir leid für den Rest der Welt, aber wir werden in den nächsten Jahren nicht zu besiegen sein“).

„We are red, we are white, we are Danish Dynamite“: Diesen Schlachtruf stimmten wir nicht an, als wir uns heute der dänischen Grenze näherten. Genau genommen, verkniffen wir uns jeden Mucks. Denn wenn wir etwas nicht wollten, war es, aufzufallen. Wir haben Tess‘ Reisepass zuhause vergessen, und wenn ein Zöllner auf die Idee gekommen wäre, den Camper zu inspizieren und dabei ganz beiläufig noch nach den Papieren für unser Tier zu fragen: Wer weiss, wie alt wir ausgesehen hätten? Wer kann sagen, was mit Tess passiert wäre? Wer vermag abzuschätzen, wieviel die Schweizer Botschaft zu investieren bereitgewesen wäre, um uns – selbstverständlich, ohne Lösegeld zu bezahlen – aus einem Kopenhagener Verliess herauszuholen?

Deshalb schärften wir Tess schon kurz nach der Wegfahrt in Burgdorf täglich mehrmals ein, auf das Stichwort „Smørrebrød“ sofort die Schnauze zu halten und sich rochenflach auf den Boden zu pressen. Als Dänemark in Sichtnähe war, tat Tess – wie immer – wie geheissen und gab keinen Mucks von sich. Ein paar hundert Meter weiter konnten wir aufatmen: Wir waren drin, samt Hund, und das erst noch, ohne dass uns ein Grenzwächter kontrolliert hätte (wie auch: Wo wir durchfuhren, gabs nicht einmal ein Zollhäuschen).

Nun haben wir es uns auf einem Campingplatz in Høyer gemütlich gemacht. Zum Zvieri verputzten wir bei sommerlich warmen Temperaturen den Butterfisch und den Aal, den wir fangfrisch auf dem Markt in Husum erstanden hatten. Zuvor radelte ich ein bisschen dem Strand entlang – und kam aus dem Staunen kaum mehr heraus. Rechts von mir schwankte das grösste Schilffeld, das ich je gesehen habe, im Wind. Links grasten Hunderte von Schafen auf sattgrünen Weiden. Das Meer selber war ein bisschen naja, aber die Flut wird kaum mehr lange auf sich warten lassen.

Høyer als Tourismusmetropole zu bezeichnen, empfände ich nach diesem ersten Augenschein als massiv übertrieben. Offenbar stimmt dieser Eindruck aber nicht. „Høyer verkörpert als eine der typischen dänischen Kirchspielgemeinden all das, was die Dänen zum glücklichsten Volk der Erde macht“, heisst es auf dem Onlineportal „Weites Land“ vielversprechend. „Sehr prägnant und schön“ sei beispielsweise eine uralte Holländer-Windmühle, die mit ihren 22 Metern Höhe zu den grössten Mühlen Nordeuropas zähle. Darüberhinaus gebe es ein Museum, in dem die Geschichte der Sturmfluten und der Seefahrer aus der Region dargestellt werde.

Es gäbe also einiges zu sehen in Høyer, nur: Einerseits sind wir vom vielem Fahren und dem fettigen Aal inzwischen ein bisschen schlapp. Andererseits reisen wir morgen weiter in den den Norden. Unterwegs kam uns auf einmal in den Sinn, wir könnten, wenn wir schon einmal hier sind, eigentlich gleich das ganze Land umrunden. Dafür haben wir noch rund eine Woche Zeit, und wahnsinnig viel grösser als die Schweiz ist Dänemark ja nicht.

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