Dann betten wir mal ein

Es gäbe viel zu bloggen in diesen Tagen. Wo immer man hinschaut und -hört: Rundume sind die Dinge in Bewegung und wollen kommentiert und kritisiert und analysiert und – Achtung: Modewort! – „eingebettet“ werden, weil die Leserschaft sonst ja keine Ahnung hat, ob das, was passiert, jetzt wichtig ist oder nicht und wenn ja oder nein, warum.

Weil ich vor lauter Um- und Aufbruchstimmung selber kaum Zeit habe, um die ganze Betriebsamkeit literarisch angemessen zu würdigen, beschränke ich mich hier auf eine summarische Zusammenfassung dessen, was meine kleine Welt momentan ziemlich hochtourig rotieren lässt.

Am allerallerwichtigsten ist für mich und möglicherweise zwei, drei andere Leute zweifellos diese Nachricht (wobei: das engste Umfeld erfuhrs nicht aus dem Fernsehen, sondern schon so viel früher, dass es mit der Zeit fast körperlich wehtat, es nicht der ganzen Welt erzählen zu dürfen):

glanz & gloria vom 04.05.2011

Am nächsten Freitag, 13. Mai, heiratet Judith meinen Brüetsch und mein Brüetsch seine Judith (Etappen ihrer Fahrt in den Ehehafen hat das Schweizer Fernsehen verdienstvollerweise ab und zu dokumentiert). Darauf freuen sich nicht nur all die Gäste wie kleine Kinder auf Weihnachten; dank der Hochzeit und des Dresscodes „festlich“ dürften sich auch diverse Modehäuser landauf und -ab auf Jahre hinaus saniert haben.

Falls es jemanden interessiert: Mein Kleider- und Schuhekauf für den grossen Tag verlief weitaus glimpflicher, als ich mir das vorgestellt hatte. Very special thanks gehen an dieser Stelle an die nette, zuvorkommende und sehr, sehr verständnisvolle Vestita-Verkäuferin in Burgdorf.

Weiter. Eine meiner ab-so-luten Lieblingsbands hat – endlich, endlich – ihre erste CD auf den Markt gebracht. „Wrong side of the river“ heisst das Erstlingswerk der Skinny Machines. Wer intelligenten und melodiösen Alternativ-Rock mag, wird von den talentierten und ehrgeizigen Briten um den Burgdorfer Drummer Dan Roth bedient wie ich bei Vestita: perfekt. Musikalische Müsterchen gibts hier und hier.

Mein Buch des Monats heisst „Der Menschenmacher“. Es erzählt die Geschichte von drei Geschwistern, die von ihrem Vater, der gar nicht ihr Vater ist, gefangen gehalten werden. „Das Grauen hat viele Namen. Cody McFadyen kennt die meisten“, lobt der Kölner Stadtanzeiger – und bringt es damit auf den Punkt. In dem Buch wird nicht nur geplagt und getötet; es finden sich darin auch so wunderschöne Sätze wie diese: „Linda (eine junge Mutter, die ihren Sohn David alleine aufzieht) hatte den Heizlüfter mitten ins Zimmer gestellt, und er brummte und glomm und wärmte sie beide, während sie aus den Bechern tranken. Linda hatte Davids Sparschwein geplündert, um den Eierlikör zu kaufen; beim Hineinschieben des neuen Schuldscheins war ihr aufgefallen, dass der Schein vom vergangenen Weihnachtsfest noch im Sparschwein lag. Aus irgendeinem Grund hatte sie das zum Lächeln gebracht, anstatt sie traurig zu stimmen. Manche Dinge waren verzeihlich in dem rauen, chaotischen Getümmel, das sie Leben nannte.“.

40 Seiten später ist es mit der Eierlikör-Gemütlichkeit vorbei. Von Verzeihen will David nichts mehr wissen; schon gar nicht, wenn es um Kindsmissbrauch geht, gegen den er mit seinem Bruder erbarmungslos ankämpft: „Er feuerte. Die Kugel riss Sans Kopf nach hinten, und eine Mischung aus Blut und Hirnmasse spritzte umher.“

Das einzige, was mich an dem Buch gestört hat, war die Art und Weise, wie es mir bei Ex Libris verkauft wurde.

Frau an der Kasse: „Aha. Sie haben etwas gefunden.“

Ich: „Ja.“

Frau an der Kasse: „Haben sie schon von der Buchpreisbindung gehört?“

Ich: „Ja. Aber das interessiert mich, ehrlich gesagt, nicht wahnsinnig.“

Frau an der Kasse: „Dann spielt es für sie also keine Rolle, ob sie für ein Buch mehr bezahlen oder weniger?“

Ich: „Doch. Aber das ist so Politzeug.“

Frau an der Kasse: „Sie können hier unterschreiben.“

Ich: „Ich will aber nicht. Ich möchte nur das Buch bezahlen.“

Frau an der Kasse: „Es haben schon viele unterschrieben.“

Ich: „Ja. Aber ich möchte nur das Buch…“

Frau an der Kasse: „Ich finde das wichtig.“

Ich: „Ich auch. Kann ich jetzt…“

Frau an der Kasse, sicht- und hörbar verdrossen: „Dann halt nicht. Macht vierundzwanzigfünfzig.“

(Wir schalten kurz in die Werbung: Meine kleine Traumwohnung ist immer noch zu haben. Interessenten können sich jederzeit unter 076 537 74 84 bei mir melden.)

Willkommen zurück, liebe Leserinnen und Leser.

Höchst erfreut habe ich einem Facebook-Eintrag von Regisseur Peter Leu entnommen, dass die Proben für das Freilichttheater auf der Moosegg am Laufen sind. Ich schliesse hohe Wetten ab, dass die Inszenierung trotz kleiner personeller Startschwierigkeiten so toll herauskommt wie das von Hannes Zaugg gestaltete Plakat und zu einem ebensolchen Grosserfolg wird wie die Präsentation des Emmentals an der BEA, an der mir die Lust auf Zvieriplättli irgendwie abhanden gekommen ist, was aber nicht im Geringsten etwas mit den Plättli zu tun hat, sondern nur damit, dass uns neun Tage lang immer um 15 Uhr eines vorgesetzt wurde.

Um mich dann von der hohen Qualität des Freilichttheaters überzeugen zu können, benötige ich übrigens noch ein Ticket. Kleiner Hinweis to whom it may concern: Je weniger ich dafür bezahlen muss, desto euphorischer fällt die Kritik aus.

Was war oder ist da noch?

Ach ja: Der Kachelmann-Prozess. Langsam und unsicher schleppt sich das Drama seinem Ende zu. Etwas vom Gescheitesten, was ich im Zusammenhang mit dieser Affäre gelesen habe, hat Malte Werding für das Online-Portal der Berliner Zeitung unter dem Titel „Die Liebe in Zeiten der Kamera“ geschrieben. Unbedingt lesen!

A propos „Gescheit“: Dummerweise hat eine kleine Bemerkung von mir zu Missverständnissen geführt. Das „Danke – und auf Wiedersehen!“ in diesem Beitrag interpretierten eine Leserin und ein Leser dahingehend, dass ich diesen Blog nach dem 50.000 Gast einstellen würde. Daran denke ich natürlich nicht im Traum.

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