Das Jahr, das war

Mist: RTL war wieder schneller. Während ich noch hin- und herüberlegte, ob ich meinen Jahresrückblick schon am 30. oder erst am 31. Dezember online stellen soll, präsentierte Günther Jauch schon gestern, am 4. Dezember, die „Menschen, Bilder und Emotionen“ der letzten…äh…zwölf Monate. Aber immerhin: Falls ich mich spute, schaffe ich es noch, die Konkurrenz vom ZDF abzutrocknen. Sie führt die „Menschen 2011“ erst am nächsten Sonntag vor. Irgendwann werden die ersten Jahresrückblicke Mitte Juni gezeigt werden. Spätestens dann werde ich darauf verzichten, mich an  diesem unwürdigen Rennen um Quoten und Klicks zu beteiligen. 

Aber item. Hier sind, chronologisch ungeordnet und total subjektiv ausgewählt, meine Highlights des an Höhepunkten erneut nicht armen ablaufenden Jahres. Falls ich jemanden oder etwas vergessen haben sollte – und das habe ich bestimmt! -: Sorry. Ist nicht böse gemeint. Es würde einfach den Rahmen meines Internets sprengen, all das Tolle aufzuzählen, was ich seit Januar sehen, spüren, hören oder kurz: erleben durfte.

Die zwei schönsten Ereignisse überhaupt waren die Hochzeit von meinem Brüetsch und seiner Judith am 13. Mai und, am 17. September, die Geburt ihres Sohnes Robin Lemmy. Bilder vom Wedding 2011 gibt es nicht. Das heisst: Doch, natürlich gibt es welche, haufenweise sogar. Aber weil das Brautpaar die Gäste gebeten hat, keine Fotos von seinem grossen Tag zu veröffentlichen, hänge ich in meinem virtuellen Wohnzimmer weiterhin nichts auf, was Rückschlüsse auf die Teilnehmerliste oder den Ablauf der Feier zulassen würde. Und behelfe mich, um diesen Beitrag trotzdem irgendwie illustrieren zu können, mit unverfänglichem Archivmaterial (das die beiden, liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Klatschressorts, im Fall nicht auf der Hochzeitsreise zeigt).

Das Theaterereignis des Jahres fand auf der Moosegg statt: „Eichbüelersch – e starchi Frou“ – das war ein hochklassiges Freilicht-Schauspiel in einer prächtigen Naturkulisse hoch über dem Emmental. Die Geschichte um eine vom Schicksal arg gebeutelte Familie liess, trotz aller Tragik, viel Raum für Hoffnung und dürfte keinen einzigen der zigtausend Menschen, die in diesem Sommer den Weg auf die Moosegg gefunden hatten, unberührt gelassen haben.

Die Equipe des Jahres ist das „Forum“-Team der BZ. Unser Arbeitsprinzip ist relativ simpel: Wir machen, was wir wollen, und zwar perfekt (das wäre jedenfalls die Idee). Es hat in den letzten 25 Jahren sowieso nur sehr, sehr wenige Tage gegeben, an denen ich lieber zuhause geblieben als auf die Redaktion gegangen wäre. Aber seit ich im „Forum“ mitwirke, schreibe ich „Arbeit“ in Anführungszeichen. Wünsche erfüllen, mit Lesern diskutieren, einfach drauflostippen und schauen, was passiert, mit Worten und Bildern spielen und dafür erst noch bezahlt werden: Was ich in Bern seit gut einem Jahr treibe, kommt meiner Vorstellung vom Journalistenparadies sehr, sehr nahe.

Die CD des Jahres haben die Stranded Heroes produziert. „Metamorphin“ heisst das Werk, mit dem die ambitionierte Truppe aus dem aargauischen Seetal Laien und Fachleute gleichermassen verblüfft. Sollten die Heroes bald einmal im Emmental stranden, müssten sich die Lokalmatadoren von Shakra warm anziehen.


Das Konzert des Jahres gaben – grosse Überraschung! – Toto am „Live at Sunset“-Festial in Zürich. Auch Monate später weiss ich nicht, wie ich beschreiben könnte, was mein Schatz und ich damals direkt vor der Bühne fühlten. Und weil ich auch nicht weiss, wieso ich das überhaupt beschreiben soll, belasse ichs bei einem Müsterchen.

Der Herrscher des Jahres ist unser Quartierkater Mauz. Niemand im alten Markt hat die Lage so souverän im krallenbewehrten Griff wie er. Niemand sonst achtet so genau darauf, wer kommt und wer geht. Niemand sonst kann mit einem einzigen Muskelzucken soviel Desinteresse signalisieren. Niemand sonst legt sich so ungeniert in anderer Leute Gartenbeetchen. Niemand sonst schafft es, sich zu jeder beliebigen Tages- oder Nachtzeit Zutritt zu fremden Treppenhäusern und Kellern zu verschaffen, ohne, dass ihm das jemand ernsthaft verübeln würde.

Tookmaschter des Jahres ist Aschi Rüegsegger. Der Bauer und Betreiber einer Kleinstsägerei in Eggiwil trifft sich, wenn es die Arbeit und die Frau Gemahlin zulassen, in der kulturfabrikbigla mit aller Gattig Lüüt, um über Themen zu reden, die niemanden interessieren und dabei zu Erkenntnissen zu gelangen, die keinen Menschen weiterbringen. Im Herbst hatten Hannes Zaugg-Graf und ich die Ehre, zu „Aschis Gaschtig“ zu zählen. Wir verbrachten einen ausgesprochen kurzweiligen Abend auf dem zersägten Sofa.

Das Gebäck des Jahres ist der Apfelkuchen von meinem Schatz. Wer ihn schon probiert hat, weiss, wovon ich schreibe.

Das Buchprojekt des Jahres sind die dritten „Mordsgeschichten aus dem Emmental“. Verena Zürcher vom Landverlag hat wiederum zwei Dutzend Schreibtischtäterinnen und -täter eingeladen, eine Kurzgeschichte zu verbrechen. Die Vernissage der Anthologie findet am 1. Juni 2012 in der Heimstätte Bärau statt. Dann wird auch der Krimi-Wanderweg eingeweiht.

Der Film des Jahres heisst „Wasser für die Elefanten“. Das Opus dreht sich um einen Zirkus und dessen halb wahnsinnigen Direktor und einen Elefanten und einen Dompteur und eine Frau und überhaupt. Für jene, die immer noch an einem tollen Weihnachtsgeschenk herumstudieren: Der Streifen ist jetzt als DVD erhältlich. Meine Adresse: alter Markt 6, 3400 Burgdorf.

Die Frage des Jahres lautet: „Sag mal: Wann heiratet ihr eigentlich?“ – Nun: Eigentlich spricht ja wenig dagegen, das Datum hier und jetzt, wos rückblickend schon fast ein bisschen feierlich geworden ist, zu verraten. Es dauert ja auch nicht mehr ewig bis zum Tag X. Andrerseits: Wers wissen muss, weiss es längst. Alle anderen erfahrens spätestens dann, wenn es vorbei ist. Hier, in diesem Blog. Vielleicht sogar mit einem Bild. Vielleicht aber auch ohne.

Wir machen uns da noch keine soooo grossen Gedanken. Und freuen uns einfach nur darüber, dass wir bereits wissen, was das Ereignis 2012 sein wird. RTL und ZDF und alle anderen tappen in dieser Hinsicht noch im finstersten Dunkeln.

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