Demnächst, beim Chef

gespräcjhEs ist fast wie vor Weihnachten: Mit fiebriger Vorfreude warten unzählige Menschen in ihren Büros und an ihren Maschinen darauf, hereingebeten zu werden, um sich die Bescherung anzusehenhören. Wie alle Jahre, wenns langsam gegen den Frühling zugeht, naht auch jetzt wieder die hohe Zeit der Qualifikationsgespräche.

Man kann diese Besprechungen nicht ernst genug nehmen: Wann bietet sich den Vorgesetzten schon die Gelegenheit, einem zu sagen, das und das habe man am 17. Mai letzten Jahres gut gemacht und das und das am 18. November dafür ziemlich verbockt, wenn nicht jetzt, Monate später? Wann sonst als in diesem einen Moment haben sie die Möglichkeit, einen zu bitten, chli konzentrierter zu schaffen oder sich ab und zu auch um eher Unangenehmes zu kümmern? Eben. Man sieht sich ja nie in diesen verwinkelten Räumen, in denen sich jeder vom Morgen früh bis am Abend spät in seinem Büro einschliesst; immer darauf bedacht, jeglichen Kontakt zu den Gspändli zu vermeiden.

So sitzt man dann halt alle zwölf Monate einmal dem Chef gegenüber und fragt sich bange, was zum Teufel er auf diesen Formularen alles über einen angekreuzt und notiert hat. Man nickt an strategisch wichtigen Stellen, lässt hier ein „Ja, klar!“ fallen, schüttelt da über sich selber den Kopf, murmelt dort ein schuldbewusstes „Hm…“ und strahlt wie ein kleines Kind, wenn einem der Vorgesetzte zum Abschluss, wie es sich mitarbeitermotivationsfördernd gehört, etwas Positives mit auf den Weg zurück an die Arbeit gibt.

Dann macht man, hochkonzentriert, an der vor dem Gespräch angefangenen Büez weiter und vergisst vor lauter Freude darüber, dass mans überstanden hat, glatt, sich zu überlegen, was genau einem diese Qualifizierung jetzt bringt.

Mehr Lohn? Die Arbeitgeberin hat ihr Personal schon vor Wochen dahingehend orientiert,  dass es sich allfällige Gedanken an höhere Gagen gleich aus dem Kopf schlagen kann; was würden auch die Aktionäre denken.

Eine Beförderung? Wer auf der Karriereleiter eine Sprosse hochklettern will, findet auch ohne Multipltschoissbögen Mittel und Wege und Beziehungen, um sein Ziel zu erreichen. Alle anderen sind einfach froh darüber, ihre Jobs behalten zu können.

Eine bessere Arbeitsleistung Performance? Mag sein. Jeder und jede bemüht sich nach dem Untervieraugen-Termin schliesslich nach Kräften, die Kritikpunkte subito auszumerzen, auf dass sie nächstes Jahr kein Thema mehr sein mögen.

Das heisst: Wenn die Qualifikationsgespräche bringen würden, was sie bringen sollen, wären sie längst überflüssig geworden. Dann wäre alles, wies sein muss. Offensichtlich bringen sie aber nicht, was sie bringen sollten, sonst müssten sie nicht Jahr für Jahr geführt werden.

Also könnte man sie genausogut abschaffen. Und stattdessen – als Chef und als Mitarbeiter – vermehrt versuchen, genau dann zu loben und tadeln, wenn es tatsächlich etwas zu loben oder tadeln gibt. Zur Sicherheit kann mans ja immer noch schriftlich festhalten und von beiden Beteiligten unterschreiben lassen, damit die Verwaltung weiterhin etwas zum Ablegen hat.

 

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