Der Prototyp und die Pegasüsschen

prototypFür einmal geht es jetzt nicht um die Hauptsache des Abends, die  Tatsache nämlich, dass Polo Hofer wieder da ist, und wie, potz!, man hätte das, eigentlich, nicht mehr unbedingt gedacht nach all den Geschichten und den Gerüchten und der langen Pause, aber dann stand er zu schon ziemlich weit vorgerückter Stunde auf einmal da oben, auf der Bühne der Chollerhalle in Zug, und startete mit „Zigünerhärz“ seine „Prototyp“-Tournee, wobei nicht wenige im Saal während der ersten Minuten von dem etwas irritierend-beängstigenden Gefühl beschlichen wurden, dass da jemand singt,  der irgendwie  nicht mehr oder noch nicht ganz auf der Höhe des Geschehens ist, was andere hingegen  kein bisschen erstaunte; immerhin wurde der Mann vor nicht sehr langer Zeit an den Stimmbändern operiert und ist, abgesehen von allem, bald 65, also: erst nachmachen, dann meckern, und überhaupt nahmen Polo und seine glänzend aufgelegten und musikalisch tiptopp aufgestellten Mannen ziemlich schnell ziemlich Fahrt auf und liessen die Post nach einem halben Stündchen recht rasant abgehen, ohne je aus der Kurve zu geraten; das hiess, man spielte sich, wie der Meister versprochen hatte, durch „Neues und Altes und ein paar Sachen aus der Mitte“, was – Überraschung! – auf einen gut  anderthalbstündigen Ritt durch 40 Jahre Mundartrockgeschichte  hinauslief, wobei der Vorreiter um den Kiosk und d Rosmarie und den Sennehund einen weiten Bogen machte, was  niemanden gross störte; es blieb auch so genug von all dem zum Mitsingen und Wiederentdecken übrig, was den lieben Siech im Lauf  der Jahrzehnte so gross gemacht hat, mit einer Version von „Memphis“ als Höhepunkt und Abschussrampe für die Schlussbouquetraketen zugleich; Pfarrer Green in Tennessee hätte gestaunt  (nein: ekstatisch mitgewippt), und schliesslich wars, nach dem Summer 68 und den Alperose und allem, halt doch irgendwann da, ds letschte Tram, ärdeschön, und nachher kam nichts mehr, nur die S-Bahn zurück  in die Stadt, aber darum geht es hier wie gesagt nicht, sondern darum, dass die paar hundert Leute, die nur wegen Polo da waren, erst eine halbe Ewigkeit lang eine Vorband namens Pegasus über sich ergehen lassen mussten, die schon im vorletzten Sommer als „Anheizer“ für Krokus dafür gesorgt hatte, dass im Stade de Suisse Tausende stehend ins Wachkoma fielen und die auch in Zug einfach nicht von der Bühne verschwinden und nach jedem zweiten Song wissen wollte, ob alle da seien, wie im Chaschperlitheater, und lustige Spiele veranstaltete, zum Beispiel einen Mitsingtest, weil sies sonst nicht schaffte, die Herzen der Leute zu berühren, jedenfalls nicht die Herzen der vielen, vielen Leute, die wegen jemand ganz anderem in der Chollerhalle waren und nicht wegen einer Handvoll Buben, gegen die Ritschi mit seinem Heimweh und seiner Schoggi und seinem Wii wie ein Gangsterrapper wirkt und die trotzdem oder grad deshalb zur besten Nachwuchsband der Schweiz gewählt wurden; man mochte an diesem Abend i Zug nicht daran denken, wies in diesem Wettbewerb auf den hinteren Plätzen getönt haben mag,  wenn die Sieger schon zum Davonlaufen gewesen wären, wenn man nicht gewusst hätte, dass der Protoyp Polo dann schon noch aus aus der Kulisse schlurfen und den Kleinen aus dem Stand zeigen würde, wo der Mundartgott rockt und wie der Mundartgott rollt.

 

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