Dibidäbissimo

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Ich wusste, was ich wollte, und nahm mir aus dem Selbstbedienungsgestell, was ich brauchte, und ging damit zur Kasse, wo eine Frau auf mich wartete, die aussah, als ob sie gleich mindestens an die Oscar-Verleihung gehen würde, und die mich anstrahlte wie eine Mutter ihren Sohn, der nach sechs Aktivdienstjahren im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet nach Hause zurückkehrt.

Ohne ihr Lächeln dafür ausknipsen zu müssen, fragte die Frau, ob es noch etwas anderes sein dürfe, worauf ich sagte, ich hätte gerne noch sechs von den Blauen, worauf die Frau sich mit einem Hüftschwung, der Heidi Klum vor Neid im Boden hätte versinken lassen, umdrehte und aus der sehr nobel wirkenden dunklen Holz(?)wand hinter ihr mit spitzen und perfekt manikürierten Fingern sechs Blaue klaubte.

Dann begann sie, meine Einkäufe süüferli in den Computer zu tippen. Mitten im Tippen fragte sie, ob sie das auf ein Chärtli nehmen könne, worauf ich sagte, ja, auf Desbiolles.

Der Zug, den ich eigentlich hatte nehmen wollen, fuhr vermutlich in genau dem Moment, in dem die Frau „Desbiolles“ mit D wie Dora und S wie Susi und B wie Berta in der Mitte und mit hinten zwei L wie Licht, aber vorne ohne Egu, fertig ins System getöggelet hatte, in Burgdorf ein.

Eine  Chance, ihn zu erwischen, hätte ich allerdings auch dann nicht gehabt, wenn es auf das Chärtli von Müller gegangen wäre. Denn nachdem die Frau den Namen fertiggetippt hatte, wollte sie noch die Postleitzahl wissen, und als ich schon dachte, super, das wars jetzt aber wirklich, jetzt nur noch weg von hier, wartete sie in aller Seelenruhe, bis das Zedeli aus dem Maschineli gesurrt war, und las mir Posten für Posten vor, was ich soeben gekauft hatte, obwohl ich das gar nicht wissen wollte und auch nicht wissen musste; es lag ja alles nach Farben sortiert und an den Kanten millimetergenau aufeinander passend gestapelt vor mir.

Kaum hatte ich  bezahlt, bot mir die Frau an, die Sachen in ein Täschli zu packen, und bevor ich sagen konnte, nicht nötig, ich habe einen Sack bei mir, legte sie die Kartonschachteln mit der gleichen Behutsamkeit, mit der AKW-Mitarbeiter mit nuklearen Brennstäben hantieren, in ein sehr edel aussehendes Behältnis und überreichte mir dieses mit fast derselben Feierlichkeit, mit der ich vor anderthalb Jahren der tollsten Frau aller Zeiten und Welten den Hochzeitsring angesteckt hatte.

Dann sagte die Kassierin (die im Organigramm ihrer Firma ziemlich sicher nicht als „Kassierin“ aufgeführt ist, sondern als irgendetwas mit „Customer“ und „Service“ und „Frontdesk“ und „Agent“ oder so), ich könnte weiter hinten gerne noch etwas degustieren, wenn ich möchte. Möglicherweise schon etwas ungeduldig klingend, antwortete ich nein, wirklich nicht, sorry.

Mit dem schicken Täschli in der Hand eilte ich aus dem Geschäft. Daheim angekommen, machte ich mir grad extra ein Neskafi und nahm mir vor, die Chäpsli nächstes Mal wieder online zu kaufen. Bis sie hier sind, dauert es zwar zwei, drei Tage. Doch verglichen mit der Woche, die ich gefühlt in dem Laden verbrachte, ist das ein Expresshopping.

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