Dieses kaum beschreibbare Etwas

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Wenn alle mit Superlativen um sich werfen, ist eine gewisse Vorsicht geboten: Wieviele „Jahrhundert-CDs“ verstauben, einmal durchgehört, in den Regalen, weil sie am Ende doch nur aus dem Radiohit, einem weiteren hübschen Song (erstaunlicherweise handelt es sich meist um Nummer 5) und viel, viel Füllmaterial bestehen?

Wie oft schlief man im Kino fast ein, weil sich das „Meisterwerk“ von Regisseur XY nach einer Viertelstunde als Arbeitstreffen von ein paar mässig inspirierten Filmstars entpuppte?

Wie manchen „Hochspannungsthriller“ legt man noch vor dem ersten Mord beiseite, weil die Geschichte halt doch nur mit ein paar mickrigen Volt vorwärts gestossen wird?

„Hey World“, das neue Album der Schweizer Sängerin Caroline Chevin, ist laut dem Swiss Music Portal mx3 „ein Album, das musikalisch praktisch alles zusammenfasst, was die menschliche Gefühlswelt so zu bieten hat: Höhen, Tiefen, Zwischentöne, plötzliche Ausbrüche, schmerzhaften Verlust.“ Das Album sei eine „Gesprächsgrundlage über Gott und die Welt, Verantwortung, Beziehungen und deren Wendungen und Enden.“

Der „Bund“ hörte auf der selben Platte „Popsounds aus der grossen Kiste“.

Die Berner Zeitung lobt den „feingeschliffenen Sound mit Streicherelementen und Pianopassagen, die ein bisschen an den Philadelphia Soul der 70er-Jahre erinnert“. Caroline Chevin biete „gefühlvollen, handgemachtem Pop, der sich auch mal mit jenem von Leona Lewis messen will. Und kann.“.

Zum Vergleich: So klingt Leona Lewis…

…und so Caroline Chevin:

Für die SonntagsZeitung schliesslich ist die in Zürich lebende Weggiserin die „beste Schweizer Sängerin der Gegenwart“. Auf „Hey World“ gebe es „atemberaubende Popsongs“, „himmelhohe Spannungsbögen“…und so weiter, und so fort.

Tatsache ist: Caroline Chevin singt Lieder, die in drei Strophen bisweilen mehr Tiefgang haben als das musikalische Gesamtwerk von mancher ihrer Mitbewerberinnen, und verfügt über eine Stimme, die ihre melodiösen Kostbarkeiten mit einem kaum beschreibbaren Etwas unterlegt. Irgendwie klingt sie rau und sanft und kühl und warm und stark und zerbrechlich zugleich.

Selbstverständlich dreht sich – auch – bei der 38-Jährigen vieles um die Liebe, die Lust und allerlei Leidenschaften; daneben thematisiert sie aber auch den Tod ihres Vaters oder Fragen nach ihrem eigenen Woher und Wohin. All diese Beobachtungen und Emotionen verpackt sie in Melodien, die sich…nein: einem nicht in jedem Fall auf Anhieb ins Gehör fräsen. Sie brauchen chli Zeit, um sich im Kopf (und im Herzen) entfalten zu können.

Was die Künstlerin ebenfalls auszeichnet, ist ihre Natürlichkeit. Wer in den letzten Wochen auf Facebook mitverfolgte, wie sie die Ochsentour durch die

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Radiostationen (im Bild: Der Besuch bei SRF3-Moderatorin Judith Wernli)

und Zeitungsredaktionen dieses Landes absolvierte, um „Hey World“ vorzustellen, kam nie auf den Gedanken, dass hier jemand bloss seinen Job macht. All die Minitexte und Fotos, mit denen sie ihre PR-Tournee dokumentierte, liessen erkennen, dass hier jemand mit grossem Einsatz- und auch oder vor allem mit viel Spass am Werk (oder „Werk“) ist.

Diese Freude an allem Schönen, was das Leben ihr bietet, und das Interesse an der Auseinandersetzung mit weniger Erfreulichem, was halt auch dazugehört, ist aus jedem der 13 Titel auf „Hey World“ herauszuhören.

So betrachet, hat Caroline Chevin den Planeten der Musik tatsächlich um ein aussergewöhnliches Stück Musik bereichert. Während andere routinemässig Soundtracks zum Staubsaugen abliefern, legt sie einen raffiniert gewobenen Klang- und Worteppich aus, auf dem man sich gerne niederlässt, um die Gedanken einfach einmal baumeln und bummeln zu lassen.

(Caroline Chevin stellt „Hey World“ auch live vor. Hier sind die Tourdaten.)

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