Druck und Dampf in Dur und Moll

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Für ambitionierte Rockbands gibt es an Festivals dankbarere Auftrittszeiten als jene zur Mittagsstunde, wenn die eine Hälfte der potenziellen Zuhörer noch komatös in den Zelten liegt und die andere Hälfte schon wieder über der Bartheke hängt, um den Promillepegel neu zu justieren.

Wer um diese Zeit auf die Bühne gerufen wird, hat die Zukunft bereits hinter – oder noch vor sich. Im Fall der Stranded Heroes, die heute um punkt 12.30 Uhr den zweiten Tag des 27. Brienzersee-Rockfestivals eröffneten, trifft zweifellos Letzteres zu.

Anja Bolliger (Gesang), Stefan Voramwald (Gitarre), Dave Eichenberger (Bass) und Markus Hintermann (Drums) legen sich vom ersten Ton an ins Zeug, als ob es kein Morgen geben würde. Eine Stunde lang hat der flotte Vierer die Chance, auf fremden Terrain zu zeigen, wozu er fähig ist. Und nutzt mit ebenso viel Selbstvertrauen wie Spielfreude jede einzelne Sekunde davon.

Beim Zusammenstellen ihres Gigs, der naturgemäss auf Material aus den bisherigen Alben „Metamorphin“ und „Karman Line“ basiert, achteten die gestrandeten Helden hörbar darauf, dem Publikum einen möglichst repräsentativen Querschnitt ihres ungewöhnlich breiten Spektrums zu bieten.

Druckvolle Powerchord-Hymnen wie „Burning Bridges“ wechselen sich ab mit melodiösen Balladen (von denen online leider noch keine verfügbar ist), und was auch immer aus den Boxen ins Festzelt rummst, wirkt so klar wie Hallwilerseewasser nach fünfmaligen Destillieren und hat zigmal mehr Dampf wie die alte Bahn, die im letzten Jahrhunderte noch durchs Seetal, die Heimat der Heroes, getuckert war.

Mal klingts ein Birebitzeli nach Muse ohne Mäscheli und Bändeli, mal chli nach Nightwish ohne Synethetikorchester und erfreulich oft einfach nach den Stranded Heroes: einer hochmusikalischen und bestens aufeinander eingespielten Truppe, die ihren eigenen Stil gefunden hat – und die in Brienz in ein paar Jahren, wenn nicht alles täuscht, erst in den späten Abendstunden ans Werk gehen wird; zwei Stunden lang, und in einem Zelt, das bis an die hinterste Blache mit Publikum gefüllt ist.

Einige Gäste werden ihren Nachbarn zwischen zwei Songs dann nicht frei von Stolz zuraunen: „Die habe ich schon bei ihrem ersten Konzert hier gesehen. Mir war damals schon klar, dass die mal ganz gross herauskommen.“

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