Einfach unerschütterlich

Früher, als wir mit den Keulen in Händen schlotternd vor unseren Höhlen kauerten und mit knurrenden Mägen darauf hofften, dass bald ein Mammut vorbeischlurfen möge, auf dass wir nach Wochen des Darbens endlich wieder einmal etwas zwischen die Zähne bekommen – früher wäre so etwas in zwei Minuten erledigt gewesen.

Heute ist es chli komplizierter, sich mit zwei sehr, sehr guten Freunden von einst zu einem Grillabend zu verabreden. Heute benötigt man dafür Bluetooth und Highspeed und Smarthpones mit hochkomplexen Terminverwaltungs-Apps, und weil die für das Treffen in Frage kommenden Daten zuerst zu einem Satelliten hochgeschossen werden müssen, damit sie der einsamste Mensch des Weltalls neu büscheln und wieder hinunterbeamen kann, braucht so eine Übung etwas mehr Zeit als damals, als das Telefonkabel unter Müllers Acker alles war, was man zum Kommunizieren brauchte.

Aber mir wei nid grüble.

Denn während man seinerzeit am von der PTT gemieteten Hausapparat „Valbella“ nur das Allernötigste besprach, um sich dann wieder dem wirklich Wichtigen zuwenden zu können (Gartenbeiz, Plattenladen, Töffli, Freundin; die Prioritäten wechselten ständig), kann man sich nun, während man altersweise im Gärtli oder im Zug oder auf dem Dach am Laptop höckelt, den einen oder anderen Gedanken gestatten, den man sich vor einem Vierteljahrhundert striktestens verbeten hätte. Im Sommer 1982 wäre man lieber tot umgefallen, als jemandem Einblicke in sein Gefühlsleben zu gewähren. Im Sommer 2011 lässt man seinen Emotionen ungeniert freien Lauf.

Das wiederum hängt natürlich damit zusammen, dass man sich im Sommer 2011 seiner Coolness und Toughheit bewusst ist. Und dass es einem inzwischen völlig wurst sein kann, ob einen das Umfeld als cool und tough wahrnimmt (an die Rapper in der Leserschaft: Es geht hier um Respekt!). Vor diesem Hintergrund führt nicht mehr schon die kleinste Gemütsregung zu einem Kratzer im auf Hochglanz polierten Image.

Frauengeschichten und Lederhosen

Und so kam es, dass der eine meiner beiden best friends – derjenige, mit dem ich Feldschlösschen Jahr für Jahr ein neues Aktienhoch bescherte, mit dem ich versehentlich eine Ferienwoche in einem riesigen Schwulenparadies verbrachte und der für mich etwas überraschend genau die Frau heiratete, bei der ich ziemlich engagiert am Scharren war (ihr Sohn kam pünktlich an meinem Geburtstag zur Welt) – dass dieser Freund also auf meine Einladung fast entschuldigend antwortete, er sei dann und dann in Amerika, aber dann und dann wieder zurück und freue sich „riesig“ auf unser Wiedersehen.

Und dass der andere – derjenige, mit dem ich nächtelang whiskyschlürfend den damals neuen Klängen von Motörhead, Judas Priest und – jawoll! – Chris de Burgh lauschte, mit dem ich in Basel die Schweizer Premiere von Iron Maiden erlebte, an dessen Compi ich meine erste Zeitung fabrizierte und der vermutlich auch zur Konfirmation in Lederhose und Nietenjacke angetreten wäre, wenn nicht seine Eltern die Ansicht vertreten hätten, das könnte amänd nicht so passen, – dass derjenige also mailte:

„Es macht sicher Spass zu sinnieren über die Zeit, als wir noch jung, hübsch und wild waren, Geschichten aufleben zu lassen, die sich so zwar nicht zugetragen haben aber zumindest ähnlich, und die unerschütterliche Freundschaft beschwören, welche war, ist und immer sein wird – reinste Poesie gelebter Teil-Leben.“

Dieser Satz…ich weiss nicht. Dieser Satz hat mich…äh…nun…Dings…also gut: Dieser Satz hat mich gerührt. Ich meine: So richtig gerührt.

Er fasst irgendwie alles zusammen, worum es im Grunde geht, unter Freunden.

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