Elefantös

Zuerst wollte ich gar nicht hingehen: Die Wolken am Himmel. Die Leute an der Kasse. Der Thriller am Fernsehen.

Doch dann, als ich auf meinem Klappstuhl im Burgdorfer Openair-Kino sass, sah ich einen der schönsten Filme, die ich je gesehen habe. Eine spannende Handlung, atemberaubende Bilder und ein wunderschöner Soundtrack: „Wasser für die Elefanten“ kommt meiner Vorstellung von einem perfekten Film sehr, sehr nahe.

Die Geschichte spielt in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts: Ein angehender Tierarzt verliert seine Eltern und landet aus Zufall bei einem Zirkus. Dieser wird von einem ebenso charmanten wie sadistischen Direktor geführt und leidet wegen der wirtschaftlichen Depression unter chronischem Geldmangel. Um zu sparen, lässt der Chef immer mal wieder Angestellte Arbeitssklaven aus dem fahrenden Zug werfen. Alle wissen um seinen unberechenbaren Charakter und seine Boshaftigkeit. Doch niemand lehnt sich gegen ihn auf. Manchmal erhalten sie ja ein bisschen Gage. Und Schnaps gibts – Prohibition hin oder her – genug. Irgendwie schaffen es alle, sich vorzumachen, dass ihr Leben halbwegs in Ordnung sei.

Sehr schwer fällt ihnen diese Selbsttäuschung nicht: Illusionen sind ihre Arbeitsgrundlage.

Richtig in Fahrt kommt die Sache, als Rosie auftaucht. Die als unzähmbar geltende Elefantendame soll den Betrieb aus dem finanziellen Sumpf in blühende Landschaften ziehen. Der Tierarzt nimmt sie unter seine Fittiche. Bald merkt der Mensch, dass das Tier ein Geheimnis hat: Es versteht Polnisch. Und damit die Sprache, mit der sein Betreuer aufgewachsen ist. Während der junge Mann mit dem grauen Giganten gefühlvoll Kunststücke einübt, plagt der Direktor Rosie bis aufs Blut. Was er in seinem Jähzorn nicht bedenkt: Elefanten vergessen nichts.

Die Rahmenhandlung von „Wasser für die Elefanten“ ist hollywoodesk vorhersehbar: Natürlich verliebt sich der junge Mann in die Frau des Chefs und sie sich in ihn. Natürlich rastet der Boss deshalb aus und natürlich siegt am Ende das Gute, während der Böse mit gebrochenen Augen in den Zelthimmel starrt.

Doch um die Fragen, wer mit wem und wer mit wem wieso nicht mehr, geht es in dem Film nicht, oder nur am Rande. Der Tierarzt, die Direktorenfrau und ihre Rosie zeigen uns vielmehr, dass jammern und klagen in misslichen Lagen nichts bringt. Vielversprechender ist es, die vielleicht noch ansehnlichen, aber durch und durch morschen Fassaden niederzureissen – auch wenn man keine Ahnung hat, was dahinter zum Vorschein kommt.

 

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.