Freund Mischa und das ewige Versprechen

Was haben wir miteinander nicht schon erlebt: Aufstiege, Abstürze, Abschiede und Annährungen – also alles, von A bis A, manchmal selber, öfter bei anderen, hin und wieder von Leuten, die wir gar nicht kannten.

Mischa und ich sind uns vor, sagen wir:  zehn Jahren in einem Büro zugelaufen. Seither: eben. Ich werde ihm nie vergessen, dass er mich an einem Ort besuchen kam, an dem mich sonst niemand von all jenen besuchte, die vorher fest zugesagt hatten, mich zu besuchen. Er seinerseits erinnert sich bestimmt noch heute mit Freuden daran, wie ich ihm in Freiburg den Weg zu einem Konzertlokal „ganz in der Nähe des Bahnhofs“ zeigen wollte, worauf wir im strömenden Regen beinahe bis Lausanne spazierten. Er weiss vieles von mir, ich weiss vieles von ihm. Wir haben einander also in der Hand. Das machts es für uns ein bisschen schwierig, einander zu erpressen. Aber es bildet eine solide Basis für eine Freundschaft.

Zum letzten Mal gesehen haben wir uns Mitte letzten Jahres. Die Monate dazwischen schrieben wir uns mehr oder weniger regelmässig, es sei schon eine Schande, dass wir uns nicht öfter treffen und versprachen uns fest, das subito zu ändern. Dann machten wir einen Termin ab, wobei wir meist schon in diesem Moment wussten, dass einer der beiden kurz vorher wieder absagen würde. Das machte nichts, weder ihm noch mir. Es war einfach so. Es gehörte dazu.

Heute Morgen war ich gerade mit dem Entrümpeln meines Estrichs beschäftigt und völlig ausser Puste, als er anrief und fragte, wie es so laufe, und ach ja, genau, ich sei ja am Packen. Wann ich jetzt eigentlich nach Burgdorf zügle, wollte er, der fast alles von mir weiss, von mir wissen, und dankte mir für ein Kompliment, das ich ihm nie gemacht habe und hängte dann wieder auf, was mir sehr recht war, weil ich weiter ausmisten wollte.

Wir verblieben so, dass wir etwas abmachen, sobald ich in Burgdorf lebe. Von Burgdorf nach Bern und umgekehrt sinds mit dem Zug 15 Minuten, während man von Solothurn nach Bern fast eine Stunde lang in der Bahn sitzt. Die Verlegung meines Lebensmittelpunktes hat, nebst unzähligen anderen Vorteilen, also noch etwas Gutes: Sie eröffnet mir und ihm die Gelegenheit, uns jederzeit spontan für eine Pizza verabreden zu können.

Ein Essen absagen kann man ja unabhängig davon, wo man wohnt.

 

2 Kommentare

  1. Wunderschöner Text und eigentlich viel von dir Preis gegeben, wenn man sich ein wenig Zeit nimmt, ohne dabei Seelenstriptease zu machen.

    Ich freue mich auf ein Treffen, wenn du nach Burdlef gezogen bist.

  2. Nor die ächte Fröndschafte fonktioniere so! Aui andere, wo settigs ned möglech esch, send ke rechtigi Fröndschafte! Wäutklass… 😉

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