Hut ab – vor beiden

Wenn Ritschi mit seinem Heiweh nach de Bärge „Blowin ‚in the wind“ singen oder Bring en hei-Baschi „Like a rolling stone“ intonieren würde: Der Tatbestand der musikalischen Vergewaltigung wäre erfüllt. Bob Dylan und Mundartpopper – das kann nicht gut gehen. Da liegen nur schon von der Lebenserfahrung her zuviele Welten dazwischen. Und wo für die einen die musikalischen Grenzen früh gezogen sind, fängt der andere erst an, darüber nachzudenken, ein Lied zu schreiben.

Vermutlich gibt es in der Schweiz nur zwei oder drei Musiker, die es wagen können, Songs von Bob Dylan zu adaptieren, ohne zum Vornherein zum peinlich anmutenden Scheitern verurteilt zu sein: Polo Hofer, Kuno Lauener und Hank Shizzoe.

Hofer hat es nun gewagt. Pünktlich zum 70. Geburtstag des grossen Meisters legt er das Doppelalbum „Polo Hofer singt Bob Dylan“ vor. Heute Freitag ist es erschienen.

Jedem Song ist anzuhören, dass sich Hofer seit Jahrzehnten intensiv mit dem Schaffen des längst zum Jesus mit Gitarre und Mundharmonika verklärten Folksängers beschäftigt. Mit viel Akribie und Respekt nahm er sein Vorhaben, Dylan ein Denkmal zu setzen, in Angriff. Als es um Umsetzen des Plans ging, war für Hofer nur das Beste gut genug: Auf den zwei CDs wirken mit Hape Brüggemann, Martin Diem und Remo Kessler jene Leute mit, die es Hofer als Schmetterband ermöglicht hatten, seinen Logenplatz im Schweizer Rockhimmel eine Ewigkeit lang gegen hochdrängelnden Nachwuchs zu verteidigen. Mit im Studio waren auch Ausnahmegitarrist Mario Capitanio, die Schweizer Bluesgrösse Hank Shizzoe und Toni Vescoli.

Doch auch wenn Dylans Diamanten von Meisterhänden geschliffen wurden: Zu einer Ohrwurm-Sammlung ist „Polo Hofer singt Bob Dylan“ nicht geworden. Das liegt primär daran, dass Hofer darauf verzichtet hat, den Buchhaltern seiner Plattenfirma zuliebe einfach Dylans allergrösste Hits nachzuspielen. Und hat auch viel damit zu tun, dass Dylans Texte in Hofers Übersetzungen oft genauso veschwurbelt wirken wie im Original.

Andrerseits: Wer weiss. Vielleicht neigt man – weil sich das einfach so gehört – automatisch dazu, viel mehr in Dylans Musik zu interpretieren, als es hineinzuinterpretieren gibt. Möglicherweise wollte und will Bob Dylan – wie Hofer – nur das so leicht wirkende eine: den Menschen gute Geschichten erzählen.

„Polo Hofer singt Bob Dylan“ gehört nicht zu jenen Werken, deren Schönheit und Tiefe sich einem auf Anhieb erschliessen. Als Soundtrack zum Staubsaugen sind die zwei Scheiben ungeeignet. Trotzdem lässt sich schon nach dem ersten Durchhören sagen: Hut ab – vor Dylans unerschöpflicher Kreativität. Und vor Hofers Mut, sich mit einer Legende auseinanderzusetzen im Wissen darum, ihr immer nur „auf den Fersen“ bleiben zu können, ohne sie je einzuholen.

1 Kommentar

  1. Noch schöner ist, dass heute (Freitag, 24. Juni 2011) HANK SHIZZOE als Support vor Bob Dylan in Sursee spielt. Das passt gut zusammen. Ich freue mich sehr.

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