„Ist teurer jetzt, Krankekasse“

nerven

Auf dem Display leuchtet eine 032er-Ziffer auf, doch im Grossraum Solothurn gibt es niemanden, der mich schon um diese Zeit anrufen würde.

Deshalb ahne ich: Da hat wieder einmal ein Nummernwählautomat meine Nummer gewählt, und falls ich darauf reagiere, wird in irgendeinem Callcenter irgendjemand huschhusch sein Headset aufsetzen und mir mitteilen, dass er für das Institut Sowieso eine Meinungsumfrage zum Thema „Krankenkassenprämien“ durchführe und so weiter und so fort, nur: um meine Meinung geht es ihm nicht im Geringsten. Alles, was er will, ist mein Geld.

Aber weil ich gerade nichts Dümmeres zu tun habe, mache ich dem Hotlinesklaven, der möglicherweise schon die ganze Nacht lang eine Abfuhr nach der anderen kassiert hat und der amänd ernsthaft befürchten muss, seinen Job (und infolgedessen auch seine Wohnung samt Familie) zu verlieren, wenn gegen Ende der Schicht nicht doch noch ein Trottel anbeisst, jetzt einmal ein Freudeli und lasse mich auf ein Gespräch mit ihm ein.

„Hofstetter.“

„Hallo?“

„Hofstetter.“

„Hallo. Gute Tag. Spreche mit Herr Hofstetter?“

„Ja.“

„Gut. Ich rufe an für Meinungsumfrage. Mache Meinungsumfrage.“

„Aha.“

„Meine Kollegin Frau (Name unverständlich) hat Ihne geschriebe…“

„…nein, hat sie nicht.“

„Es geht um Krankekasse. Sie wisse sicher, dass die Prämie…“

„…ja…“

„…meine Kollegin Frau (Name immer noch unverständlich)…“

„…nein, hat sie nicht…“

„…darf ich frage, wieviel Sie bezahle Krankekasseprämie?“

„Fragen darf man immer.“

„Danke. Wieviel bezahle?“

„Das geht Sie nichts an.“

„Habe nicht verstande. Wieviel bezahle?“

„Genau richtig viel.“

„Bitte?“

„Genau richtig viel.“

„Viel?“

„Nein. Genau richtig. 1600 Franken pro Monat. Plus Frau, Schildkröten und Hund.“

„Sie habe gehört, dass Prämie gestiege…“

„…ja, das weiss ich.“

„Und? Finde Sie gut?“

„Natürlich. Im Moment finde ich eigentlich alles gut, aber ich weiss auch nicht, warum. Ist einfach so.“

„Ist teurer jetzt, Krankekasse. Werde teurer. Viel teurer. Wir mache Umfrage.“

„Das habe ich verstanden. Ihre Kollegin hat mir deswegen ja schon nicht geschrieben.“

„Bitte?“

„Nichts.“

„Ich rufe an wegen Krankekasse. Prämien werde teurer. Anfang Jahr.“

„Wirklich? Das höre ich jetzt zum ersten Mal.“

„Was sage Sie?“

„Ich finde das gut. Das habe ich schon Ihrer Kollegin gesagt.“

„Bitte?“

„Egal.“

„Gut?“

„Was, gut?“

„Krankekasse. Prämien koste teurer.“

„Super. Dann verdiene ich mehr Geld.“

„Warum?“

„Ich arbeite bei einer Krankenkasse.“

„Oh.“

„Ja. Und zwar bei der Krankenkasse, die am meisten aufschlägt von allen.“

„Oh. Das ist…das habe ich…“

„…schön, nicht?“

„Sind Sie interessiert…“

„Ich glaube nicht, nein.“

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