Klatschendes Pack und matschiger Snack

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Sie habens getan.

Natürlich haben sies getan. Sie tuns ja immer, seit Jahren und Jahrzehnten.

Und sie tun es vermutlich auch noch im nächsten Jahrhundert, falls sich nicht irgendeines wunderschönen Tages ein Pilot ein Herz fasst und unmittelbar nach der Landung seine Kabinentür aufreisst und in den Passagierraum brüllt: „Hat euch Charter-Pack eigentlich noch niemand gesagt, dass wir euer Klatschen hier vorne gar nicht hören können?!? Zwischen und uns euch hats eine schalldichte Türe, wegen der Terroristen. Ihr könnt also applaudieren, bis eure Hände grün und blau sind und bluten: Wir bekommen das nicht mit!!! Und selbst wenn wir es mitbekommen würden: Spendiert ihr eurem Busfahrer auch eine Standing Ovation, wenn er euch unfallfrei vom Bahnhof zum Kronenplatz gefahren hat, hä? Sinkt ihr vor eurem Taxifahrer auch jedesmal ehrfürchtig in die Knie, wenn er euch vor eurer Haustüre abstellt, ohne, dass beim Bremsen das Auto explodiert ist?

Eben.

Also: Lasst! Den!! Kindischen!!! Scheiss!!!! Endlich!!! BLEIBEN!!!!“, sonst…ich weiss auch nicht, was sonst. Aber bitte, BITTE: Applaudiert Piloten nie, NIE mehr!!!!!!!!!“.

Wer übrigens nicht glaubt, dass geklatscht wurde und nun stirnrunzelnd einzuwerfen müssen glaubt, „das kann ich einfach nicht glauben, dass im Jahr 2013 immer noch geklatscht wird: Hier ist der Beweis.)

Als der Flieger um ziemlich genau 16.29 Uhr kanarischer Zeit zum Stillstand gekommen war, taten die Leute, wie dressiert, selbstverständlich auch noch Das Andere, was mich nach der Landung jedesmal in die Luft gehen lässt: Kaum hatte ein „Bling“ signalisiert, dass die Sitzgurten jetzt geöffnet werden dürfen, erhoben sich sämtliche Passagiere von ihren Plätzen,

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um ihre Hartschalenköfferli und ihre Handtäschli und ihre Plasticsäcke aus den Fächern über ihren Köpfen zu ziehen, worauf an ein geordnetes Verlassen der Maschine nicht mehr gedacht werden konnte.

Weil das alles so langsam ging, bot sich mir die Gelegenheit, hinterrücks eine jener Flugbegleiterinnen zu fotografieren, die mir während der vierstündigen Reise von Zürich nach Las Palmas einen

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weltrekordverdächtig gruusigen Snack

serviert hatte. Was die Fluggesellschaft „Niki“ (eine mir bis heute Morgen offenbar zurecht völlig unbekannte Tochter der Air Berlin) eine „Zwischenverpflegung“ nennt, entpuppte sich nach dem ersten Bissen als etwas matschig-pappig Undefinierbares mit Hühnerfetzen, was man allenfalls auf Transatlantikflügen Gästen vorsetzen könnte, die alkoholbedingt sowieso nicht mehr merken, was um sie herum passiert.

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Und wenn wir schon bei den Flugbegleiterinnen sind: Die „Niki“ lässt ihre Hostessen (das hab ich jetzt grad extra geschrieben, „Hostessen“, um stumm gegen diesen beängstigenden Gendercorrectnesshype zu protestieren) in einem pinkfarbenen Blusli mit hinten nur suboptimal sitzenden Jeans darunter auf die zahlende Kundschaft los, und da muss ich schon sagen: OMG! Das geht ja gaaar nicht!

Wenn während eines Fluges ständig Frauen hin und herlaufen, die aussehen, als ob sie gerade von einem Meet & Greet mit Justin Bieber oder jemand Artverwandtem kommen, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Leute am Ende vor lauter Glück, wider Erwarten heil heruntergekommen zu sein, clap their hands and say yeah (tolle Band, übrigens, „Clap your hands and say yeah“. Wer die Musik doof findet, kann immer noch anerkennend murmeln, „aber einen originellen Namen haben sie, das muss man ihnen lassen.“)

Abgesehen von allem verlief der Flug aber recht unspektakulär. Nachdem wir die Alpen überquert hatten, wurde mir langweilig Ich klaubte unter allerlei „Sorrys“ und „Tschuldigungs“ meinen Laptop aus dem Gepäckablagefach, klappte ihn auf…und merkte in diesem Moment, dass ich hier oben so schnell keine Internetverbindung haben würde.

Um mich trotzdem irgendwie zu beschäftigen (und um den Herrn links und die Frau rechts von mir im Glauben zu lassen, die Störung vorhin sei wirklich nötig gewesen, weil ich genau jetzt etwas unaufschiebbar Wichtiges schreiben müsse), organisierte ich mir aus dem Word-Programm eine leere Seite und begann, draufloszutippen.

Viel Schlaues kam dabei nicht heraus. Denn als das Kabinenpersonal mit dem Essen „Essen“ vorbeikam, musste ich den Compi unter allerlei „Sorrys“ und „Tschuldigungs“ zwischen meinen Füssen zwischenlagern. Dann gabs Kaffee und ein Theater wegen eines dicken Rentners und noch einen Kaffee und, damit einhergehend, einen Fleck auf der Hose (aber nicht auf meiner).

Der Bustransfer zum Hotel klappte traditionsgemäss nicht. Eine Taxifahrerin brachte mich zu einem bemerkenswert humanen Tarif nach Playa del Ingés.

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Jetzt höckle ich auf meinem Balkon im dritten Stock des Parque Tropical, geniesse den Blick aufs Meer und die Illusion, ganz alleine auf der Welt zu sein.  

Ich frage mich, wo wohl der Playaboy bleibt. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er mir gleich nach der Schlüsselübergabe über das süüferli gefägte Wägli im Hotelareal laufen würde, aber oha.

Nun gut: Er heisst ja „Playa-“ und nicht „Hotelboy“; wahrscheinlich treffen wir uns morgen am Strand.

Wenn nicht: Egal. Ich kann mich hier auch ohne ihn gäbig vertöörlen. Er soll ja nicht meinen.

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