Kleine Frau mit grosser Stimme

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(Bild: Von Shawn Mayers Facebook-Seite geklaut)

Shawn Mayer stammt aus dem 40 Seelen-Kaff May City in Iowa, ist erst 25 Jahre jung, klingt aber heute schon wie Amanda Marshall vor ihrer frühzeitigen Selbstpensionierung, hat eine Bühnenpräsenz, die manchen ihrer Berufskolleginnen – sagen wir: Amy McDonald – auch nach vielen Tourneejahren fehlt, singt vorwiegend über zerbrochene Beziehungen…und machte sich von der Country-Metropole Nashville aus auf, mit ihren Geschichten und Melodien die Welt zu erobern. Zum Auftakt ihres Feldzuges gewann sie vor Millionen von Zuschauern den vom TV-Sender NBC veranstalteten Wettbewerb „Nashville Star“.

Auf ihrer Facebook-Seite heisst es: „She’s not afraid of hard work and has strong determination to push forward, even when she finds herself walking against the wind.“ Und weiter: „Shawn is a woman who believes in the power of a song.“

Der Glaube an die Kraft ihrer Lieder ist gerechtfertigt: Was die zierliche Frau in Schwarz gestern Abend während knapp zweier Stunden voller Wucht und Dampf und Energie im Theater Z in Burgdorf ablieferte, liess den Gästen die Münder noch offenstehen, als das Licht längst wieder angegangen war und die Heldin des Abends an der Bar mit Zuhörerinnen und Zuhörern plauderte und CDs signierte.

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Die Höhepunkte ihres Auftritts waren zwar zwei improvisierte Duette mit der amerikanisch-bernischen Soulinterpretin Freda Godlett. Doch schon lange, bevor Godlett die Bühne betrat, war den Anwesenden – zumindest jenen, die das Konzert nicht dazu nutzten, sich mit ihren Freundinnen und Freunden lautstark und ununterbrochen über die Ereignisse der letzten Woche zu unterhalten – klar: Da vorne sitzt eine Frau, denen von verschiedenen Männern schon  manche Beule und Narbe zugefügt wurde,  und die nun finster entschlossen ist, mit ihrer Mehroktaven-Stimme allen zu erzählen, woher diese Verletzungen stammen und was sie daraus machte.

„Not again“, „I’m not looking back“, „Right Mistake“, „Back around“, „Overcome“ und fast all die anderen Titel, die sie zwischen ihren bisweilen etwas uferlosen Ansagen ins Mikrophon röhrt, sind weniger Songs als vielmehr Abrechnungen. Und immer, wenn der Schlussakkord verklungen ist, blitzt in ihren Augen etwas auf, das signalisiert: „So. Dem Drecksack habe ichs jetzt wieder gegeben.“

So schmerzhaft all die Enttäuschungen für sie auch gewesen sein mögen: Vermutlich machen gerade sie den grossen Unterschied zwischen im Studio hochgezüchteten Singer/Songwriterinnen von der Stange und Shawn Mayer aus. Die einen unterhalten. Shawn Mayer fasziniert.

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