Lieb und zu teuer

Liebes GA

Machen wir uns nichts vor: Unsere Beziehung basierte von Anfang an auf reiner Berechnung. Die grossen Sentimentalitäten können wir uns also schenken.

Als ich in Solothurn lebte, lohnte es sich für mich sehr, dich immer in meiner Nähe zu haben: Fr. 4.60 x 2 x 4 x 4 x 12 macht Fr. 1’766.40. Dazu kamen immer wieder Fahrten zum Schatz nach Zug, zu den Lieben im Aargau und andere Ausflüge, so dass sich die 3100 Franken, die ich vor knapp einem Jahr in dich investiert habe, schnell auszuzahlen begannen.

Aber jetzt, wo ich in Burgdorf wohne, brauche ich dich nicht mehr. Am 22. Juni läuft deine Zeit ab. Den Brief, mit dem mich die SBB dazu ermuntern wollte, unser Verhältnis zu verlängern, habe ich weggeworfen.

Sicher: Wir hatten, um es mir diesen Deutschen zu sagen, von denen nachvollziehbarerweise kein Mensch mehr spricht, ’ne geile Zeit. Es ist ein tolles Gefühl, einfach in den nächstbesten Zug oder Bus oder ins Tram zu steigen oder spontan ein Schiff zu entern, ohne sich vorher um ein Billet kümmern zu müssen. In den zwölf Monaten unseres Zusammenseins hast du mich nur einmal hängen lassen: Als ich auf die Kleine Scheidegg fuhr, zu Frau Utiger und den anderen, sagte der Kondi, mit dir könne er nichts anfangen. Ansonsten: kein Grund zur Klage. Ich spürte dich nicht, wusste aber jederzeit, dass du für mich da bist.

Trotzdem ist es jetzt, um es mit diesem Italiener zu sagen, von dem begreiflicherweise ebenfalls niemand mehr redet, time to say goodbye.  Du bist mir zwar immer noch lieb, aber zu teuer geworden.

Deshalb beende ich unsere Beziehung demnächst so, wie ich bisher noch keine Beziehung beendet habe: Ich schneide dich einfach in Stücke.

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