Man hat sie einfach gerne zu haben

Vorhin, am Kebabstand: Ich wollte ein Mineralwasser holen und wartete, bis der Mann hinter der Theke mit der Fleischabschaberei fertig war. Von links schlenderte ein Herr mit einem halbhohen und nicht angeleinten Hund daher. Er postierte sich in Atemriechnähe hinter mir. Sein Hund wartete  Zentimter neben meinem Bein auf das Kommando zum Sitzen. Rund um uns wäre genügend Platz für hundert Männer mit Kühen gewesen. Aber nein: Der Typ rückte mir so nahe auf die Pelle, dass ich glaubte, seinen Hemdkragen an meinem Hals zu spüren. Der Hund bellte wie am Kebabspiess drauflos, obwohl es weit und breit nichts anzubellen gab.

Ich drehte mich um, musterte den Mann mit dem bösesten Blick, den ich auf Lager habe, und zischte: „Können Sie mit ihrem blöden Hund nicht ein bisschen weiter hinten anstehen?“

Das heisst: Ganz genauso sagte ich das natürlich nicht. Streng genommen, sagte ich überhaupt nichts. Ich liess mir das Wasser aushändigen und ging. 

Irgendwie scheinen sämtliche Hundehalter und -halterinnen zu glauben, dass die Leute auf  der Strasse, im Restaurant, in Unterführungen oder in Parks Hunde genauso gerne haben wie sie. Auf die Idee, dass es jemandem unangenehm sein könnte, auf einmal auf Tuchfühlung mit einem wildfremden Fleischfresser zu sein, kommen sie nicht. Oder wollen sie nicht kommen. Das ist schliesslich auch nicht ihr Problem.

Das selbe Phänomen lässt sich bei Singlemüttern mit Kleinkindern beobachten. Sobald man im Zug sitzt, entert garantiert eine überforderte Alleinerziehende das Abteil und besetzt mit ihrem quengelnden Nachwuchs plus Gepäck für drei Monate Nepal die freien Plätze gegenüber und neben dem Sitz, auf dem man es sich gerade gemütlich gemacht hat. 

Normalerweise versucht jeder, ein Viererabteil für sich zu ergattern. Alleinerziehende Mütter ticken anders. Woran das liegt? Ich weiss nicht. Vielleicht suchen sie jemanden, von dem sie annehmen dürfen, dass er auch mal eine Antwort gibt, statt immer nur zu sabbern und zu brüllen.  Möglicherweise brauchen sie auch nur einen neuen Papi für ihre Laras und Lucas.

Eines Tages, wenn ich gross bin, werde ich tatsächlich ausrufen, dass Gott erbarm. Und dem Hundehalter oder der Mutter ins Gesicht mitteilen, dass sie zwischen mich und ihr Viech oder Kind gefälligst einen Mindestabstand von, sagen wir, zwei Metern legen sollen. Dass meinerseits nichts sei mit „Oh! Bist du ein schöner“ und „Jööö, bis du ein herziges!“ 

Das Dumme ist, dass ich damit vor allem diejenigen erschrecken werde, die gar nichts dafür können. Und dass die dann nur noch lauter bellen und plärren.

2 Kommentare

  1. Ich bin grad sprachlos. Nicht, weil ich schockiert bin, sondern, weil du GENAU das sagst, was ich auch sagen würden täte, betriebe ich einen Blog.

    Diese gruusige, söifernden, stinkenden, dreckigen Biester (also Hunde) mag ich überhaupt nicht.
    Kommt mir am Aarequai so ein Viech entgegen, unangeleint und will sich bei mir einschleimen, resp meine Hände bei sich, ich strecke angewidert die Arme in die Höhe und die Besitzerin massregelt mich „nicht die Hände in die Luft strecken, das mögen Hunde nicht“. Ich habe ihr ziemlich schroff und ohne Umweg erklärt, dass ich Hundesabber an den Händen sehr gruusig finde.Die Frau wurde ziemlich sauer.

    Die ganze Menschheit hat Verständnis dafür, wenn jemand Schlangen, Frösche, Kröten, Spinnen nicht mag.
    Die Tiere, die wirklich dreckig und unappetitlich sind, die den ganzen (Strassen)Schmutz in ihrem Fell transportieren, die werden gehätschelt, geherzt, andern Leuten an die Wäsche gejagt und sogar mit ins Bett genommen.

    So.
    So tönts also, wenn ich sprachlos bin.
    Danke für diese Plattform, ich fühle mich angenehm erleichtert.

    Es geht übrigens auch so: Eine gute Kollegin platzierte ihren Hund immer in Speichelunerreichweite von mir und musste im Gegenzug Saschas Stabheuschrecken nicht aus der Nähe anschauen.

    Über das Kinderproblem äussere ich mich nicht.Das würde mein Kommentar-Buchstaben-Guthaben x-fach überziehen.

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