Streicher statt Strom

Wenn Vertreter zeitgenössischen Musikschaffens ihre grössten Heuler umarrangieren und sie akustisch oder von einem Orchester begleitet neu einspielen, kann das gut kommen – muss aber nicht: „S & M“ von Metallica ist ein Meisterwerk des Crossover-Genres. Die Scorpions hingegen hätten sich „Acoustica“ schenken können. Und den Fans sowieso, wenn sies schon unbedingt unter die Leute bringen mussten.

In der Schweiz entschlackten die Lovebugs (mit „Naked„), Gotthard (mit „Defrosted„) oder Bligg (mit „Nackt„) einen Teil ihres Repertoires. So konnten sie testen, ob ihre Songs auch ohne elektronische Schleifchen und Mäschchen funktionieren – und Käuferschichten ansprechen, die ihre Gehörgänge modernen Klängen sonst nicht ohne Weiteres öffnen:  „Defrosted“ war für viele ein gäbiges Muttertagsgeschenk; „Rosalie“ bereicherte unsere Weihnachtsfeier.

Nun haben sich auch Dada ante Portas den Stecker gezogen und Streicher ins Studio geholt.  Das Resultat tauften sie doppeldeutig „The classics“. Es ist, auch wenn im Umgang mit Superlativen angesichts des noch jungen Rockjahres eine gewisse Zurückhaltung geboten scheint, eine der schönsten Scheiben, die eine Schweizer Band je produziert hat. Die Songs entfalten auf den Geigenteppichen dieselbe Wucht wie vor Gitarrenwänden und Keyboardtürmen. Die liebevoll frisierten Stücke klingen, „reduced to the max“, wie Chris von Rohr sagen würde, ungleich intimer als im Original. Vor „The classics“ waren Dada ante Portas eine Band für Mehrzweckhallen und Openairs. Jetzt würde man sich die Luzerner – samt ihrem Orchester, versteht sich – am liebsten ins Wohnzimmer holen.

Nicht, um es krachen zu lassen. Sondern, um ihnen einmal ganz genau zuzuhören. Und sie und ihre Musik von einer völlig neuen Seite zu entdecken. 

 

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