Plausch statt Plädoyers

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Wer im Emmental oder Oberaargau lebt und es mit diesen Herren zu tun bekommt, hat in der Regel wenig zu lachen: Der eine ist – noch – Stellvertretender Leitender Staatsanwalt, der andere Gerichtspräsient.

Doch Hansjürg Brodbeck und Peter Urech sind nicht nur Juristen mit Leib und Seele. Ihre Herzen schlagen auch für die Musik und die Bühne.

Brodbeck gibt auf der Gitarre hin und wieder selbstkomponierte Lieder zum Besten; als Schauspieler ist er Theaterfreunden ein Begriff (verdankenswerterweise sprang er auch kurzerhand ein, als ich meine Rolle in der „Franzosenkrankheit“ umständehalber zurückgeben musste).

Urech hat ebenfalls ein gewisses Flair für öffentliche Auftritte, was ihm nicht nur in seinem Nebenamt als Gemeinderat entgegenkommt. Im Stationentheater „Gold“ spielte er – verblüffend nahe am Original – den Mann meiner Frau. Und als DJ Law sorgt er regelmässig für Stimmung in der Burgdorfer Oberstadt.

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Genau dort, in dem kleinen, aber feinen Theater Z an der Hohengasse 2, bescherten die zwei Rechtsgelehrten einem dem Teenageralter seit einem geraumen Weilchen entwachsenen Publikum gestern einen unbeschwert-unterhaltsamen Abend.

Zum Einstieg bot Brodbeck mit Nichte Miriam (verschiedene Saxofone, Percussion und Gesang) sowie Andi Hauser (Gitarren und Gesang) Einblicke in das erfrischend unkompliziert und ungekünstelt wirkende kreative Schaffen der „Housekapelle B“. Thematisch pendelte das Trio zwischen „Liebe, Verbrechen und dem Weltfrieden“, wie der Bandleader mit dem Faible für gehobenen Hintersinn in seinem kurzen „Eröffnungsplädoyer“ bemerkte. Eigenkompositionen wechselten sich ab mit gecovertem Liedgut aus den USA und aus Irland.

Eine Zugabe gabs auch (und zwar ohne, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer sich dafür die Hände wundklatschen mussten; die „Housekapelle B“ legt auf Etepetete definitiv keinen Wert), und als sich das Trio nach dem letzten Schlussakkord wieder unters Volk mischte und mit den Leuten plauderte, als ob nichts gewesen wäre, dachte man: Denen hätte man jetzt gerne nochli länger zugehört.

Nach dieser sehr kurzweiligen Stunde im Zeichen der handgemachten Musik warf Peter Urech seinen Laptop an, um den Gästen für die Ewigkeit konservierte Rock-, Blues- und Popdelikatessen aus den letzten drei, vier Jahrzehnten zu servieren. Los gings mit Philipp Fankhausers Interpretation von JoJo’s „Too little too late“.

In der Folge gaben sich Eric Clapton und B.B. King, die Blues Brothers, Creedence Clearwater Revival, Tina Turner, die Rolling Stones und zig andere Veteranen der Musikgeschichte quasi die Klinke zum in dezentes Rot getauchten Theater Z in die Hand.

Ob tanzend, im Takt wippend auf Klappstühlen höckelnd oder an der Bar an einem von den Theaterchefinnen Karin und Claudia Fankhauser gereichten Bierchen nippend – für die Partygängerinen und -gänger war klar:

Vor einem Staatsanwalt und einem Richter zu sitzen und stehen, kann unter vielleicht nur in Burgdorf denkbaren Umständen durchaus Spass machen.

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