Über und unter den Wolken kann der Frust grenzenlos sein

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„«Travel Service Airlines» ist ein Profi im Charter-Fluggeschäft und erfüllt unseren Kunden (…) alle Wünsche“: Mit diesen Worten wirbt die Firma Travelhouse – laut Eigenwerbung „Die führenden Ferienspezialisten der Schweiz“ – für ihren Partner, die Fluggesellschaft Travel Service.

Mit Travel Service arbeitet Travelhouse seit letztem Sommer zusammen. Damals ging die Schweizer Tiefstpreislinie Hello, mit der Travelhouse bis dahin kooperiert hatte, Konkurs. Also musste Travelhouse einen neuen Partner finden, der „unsere Gäste“ – und damit weiter im Werbetext – „zuverlässig und komfortabel in ihre Ferien bringt“.

Wie Travelhouse auf die Idee kommen konnte, dass ausgerechnet Travel Service diese Kriterien am besten erfüllen würde, ist kaum nachvollziehbar. Denn die Adjektive „zuverlässig“ und „komfortabel“ passen nur sehr bedingt zum Label „Travel Service“.

„Travel Service“: Das verbinde ich vor allem mit „unzuverlässig“, „unfreundlich“ und „unbequem“. Mit dieser Ansicht stehe ich nicht alleine da: In einem „Airline-Test“, der von „Angolan Airlines“ bis „Tyrolean Airlines“ 54 Fluggesellschaften aufführt, von denen kein Mensch je gehört hat, belegt Travel Service den 41. Platz.

Als einzige Erklärung für den Schulterschluss bietet sich dem Laien folglich an: Travelhouse hat aus finanziellen Gründen einfach jenen Partner gewählt, der die Auslagen – zum Beispiel mit minimstem Personaleinsatz und Löhnen am Rande des Existenzminimums – so tief wie möglich hält.

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Dazu passt, was der Airline-Pilot und Aviatik-Fan „Danix“ im Onlineportal „flightforum.ch“ an die Adresse des ebenfalls mit Travel Service verbundenen Veranstalters Hotelplan zu bedenken gibt: „Es ist scheinheilig, wenn man Hello vorgeworfen hat, dass sie mit ihrem Personal unmenschlich umgehen, nur um jetzt den Markt von einem ähnlich operierenden Ausländer abdecken zu lassen.“

„Ähnlich operierend“ geht im Fall „Travel Service“ so: Sowohl der Flug QS4528 von Zürich nach Las Palmas am 5., als auch der Rückflug QS4529 am 12. April sind um über eine Stunde verspätet. Auf dem Hinweg kommt hinzu: Als die Passagiere endlich im mit laufendem Motor wartenden Bus zum Flugzeug zusammengepfercht sind, müssen sie in totaler Ahnungslosigkeit über das Warum und Wielangenoch eine halbe Ewigkeit ausharren, bis sich das Gefährt in Bewegung setzt.

Weder in Zürich noch auf Las Palmas werden die wartenden Gäste über den Grund für die umterminierten Flüge informiert. Beide Male erachten es die Travel Service-Verantwortlichen als nicht angezeigt, sich bei ihren Kunden für das aktuelle und noch folgende Ungemach (verpasste Anschlusszüge oder -flüge, im Ungewissen gelassene Angehörige am Bestimmungsort und so weiter) zu entschuldigen.

Der Service an Bord ist mit „lieblos“ nur unzureichend beschrieben, doch dafür bleiben wir damit auf der juristisch sicheren Seite. Vor dem Start gibts Orangensaft und Wasser, aber nicht für alle. Falls der Fruchtsaft von einer ähnlichen Qualität gewesen sein sollte wie die Hühner- und Härdöpfelpampe, die einem später ohne Vorwarnung und wortlos aufs Tischli geknallt wird, hat allerdings keiner der Übergangenen viel verpasst.

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Wer sein iPad oder iPhone (im Flugmodus!) eingeschaltet hat, um zu lesen oder Musik zu hören, wird nicht, wie in anderen Jets, freundlich gebeten, das Gerät während der Start- und Landephase zu deaktivieren, sondern in einem Ton, der jeden Oberstleutnant erstarren liesse, zum „Switch it off!!!“ verdonnert. Ein Lächeln der Flight Attendants kostet wohl extra. Wer bar bezahlt, geniessts sogar zum Dutyfree-Tarif.

Die Schuld an der Misere dem Personal in die Schuhe zu schieben, wäre aber unfair. Die zwei Damen und der Herr, die zwischen den thrombös eng bestuhlten Sitzreihen Dienst nach Vorschrift leisten, haben vor noch nicht allzulanger Zeit vielleicht in den rosarotesten Farben davon geträumt, sich hoch über den Wolken aufmerksam – und anständig entschädigt – um ihre Klientel kümmern zu dürfen.

Dann landeten sie bei Travel Service und damit auf dem Boden der luftfahrttechnischen Realitäten: Nur was und wer nicht kostet, ist für unzählige Anbieter in der Flugschnäppchenbranche etwas wert.

Jetzt geht es für sie nur noch darum, die rund 40 Jahre bis zur Pensionierung mit einem letzten Rest Selbstachtung über die Runden zu bringen. „Wenn wir uns schon von den Chefs alles gefallen lassen müssen, spielen wir zumindest für die Passagiere nicht die daueraufgestellten Hampelmänner und -frauen“: Mit diesem Gedanken steigen sie jeden Tag aus irgendeinem Hotelbett. Man mag sich das gar nicht zu plastisch vorstellen.

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Unmittelbar nach der Landung in Zürich schrieb ich auf Facebook, dass ich der Firma Travel Service dringend eine Namensänderung empfehle: „Getravelled wird nur mit Verspätung, der Service entspricht dem aktuellen Standard an Bord von MH370.“

Minuten später meldeten sich zwei Facebook-Freundinnen, die mit diesem Unternehmen ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Die eine notierte:

„Wir sind letztes Jahr auch mit Travel Service auf die Kanaren geflogen. Hin- und Rückflug mit Verspätung. Beim Einchecken für den Rückflug hiess es zuerst fünf Stunden, schlussendlich waren es „nur“ gute drei Stunden. Ein Grund wurde uns nicht genannt, Entschuldigung kam auch keine. Einmal, aber nie wieder!!!“

Noch übler war es der anderen Freundin ergangen: Sie hatte auf ihrem Flug von Las Palmas nach Zürich sieben Stunden Verspätung, was nicht zuletzt auf eine unangekündigte Zwischenlandung auf Teneriffa zurückzuführen war.

Sieben Stunden Verspätung: Das ist bei Travel Service offensichtlich nichts Aussergewöhnliches.

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Genauso lange wartete in der Hauptstadt von Gran Canaria auch ein gewisser Artur Nideröst auf den Take-off. Das Flugzeug, das ihn heim in die Schweiz bringen sollte, sah Nideröst zwar auf der Startbahn stehen. Er realisiert auch, wie es abhob.

Nur sass er nicht drin.

«Kein Mensch sagte uns, was los war», erzählte Niederöst später dem Konsumentenmagazin K-Tipp. Erst nach beharrlichem Durchfragen am Flughafen und einem Gespräch mit der Hotline seines Reiseveranstaltes habe er den Grund für die Flugverspätung erfahren – „aber nicht, wie lange das Warten noch dauern würde“. und: „Einen Verpflegungsbon gab es erst nach Insistieren.“

Der komplette Artikel mit Niderösts Geschichte findet sich hier.

Ich gehe nicht davon aus, dass dies der letzte Erlebnisbericht bleibt, den der K-Tipp über enttäuschte Travel Service-Kunden veröffentlichen kann.

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