Ach so

Eine Zeitlang sah ich den Mann jeden Tag ein paar Mal. Wie er heisst und wo er wohnt, wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass er bei einer sozialen Institution tätig ist und bei seiner Arbeit mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun hat. Als ich ihn auf einmal nicht mehr sah, dachte ich mir nichts weiter dabei und vergass den Mann auf der Stelle.

Gestern Abend sprach das Kreisgericht Burgdorf-Fraubrunnen sein Urteil über einen Angeklagten, der sich wegen sexueller Nötigung, mehrfacher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und knapp 20 weiteren Delikten zu verantworten hatte. Opfer seiner Übergriffe war offenbar – von der eigentlichen Verhandlung war die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden – immer seine Ex-Freundin gewesen. Das Gericht verurteilte den Hobby-Kampfsportler, der die Frau einmal fast zu Tode gewürgt hatte, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren; statt hinter Gitter muss er in eine stationäre Therapie. 

Die Richterin sagte, dass sich der Mann nun schon seit einer Weile in einer Alkoholklinik aufhalte. Da wusste ich, wieso ich ihn auf einmal nicht mehr in der Stadt gesehen hatte.

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