Von Dr. Pontius zu Dr. Pilatus

Unser Gesundheitssystem sei zu kostenintensiv, heisst es. Also wird an allen Ecken Geld gespart, werden alternative Modelle eingeführt: Managed Care ist in. Ich gehe mir gutem Gewissen (und nicht ganz so schwer gebeuteltem Portemonnaie) voran.

Seit ich in Zug lebe, werden meine Kinkerlitzchen in einer HMO-Praxis begutachtet. Wenn es sie denn gibt, denn ich bin keine teure Patientin, auch keine gute: es muss Jahre her sein, dass ich eine Arztpraxis von innen gesehen habe (die Besuche beim Gynäkologen ausgenommen, denn da muss frau einfach hin). Dieser Gedanke kam mir unlängst, als ich in einem Wartezimmer ungeduldig die Frauenliteratur durchging.

Sie mutet seltsam uniform an. Das kann ich guten Gewissens sagen, nach sechs Konsultationen in weniger als acht Wochen. Dass ich zum wiederholten Mal irgendwo sitze und darauf warte, dass jemand seine Nase in Akten/Röntgenbilder/Terminplaner steckt, nur um mir dann zu bestätigen, was ich längst weiss – „Ihr linker Innenmeniskus ist gerissen“ -, hat mit dem System zu tun. Die Praxisgemeinschaft schickt mich zum Röntgen, danach wird der dritte Termin gebraucht, um die Resultate zu besprechen und mich an den Spezialisten zu überweisen, der dann zwei Treffen ausmacht um mir a) dasselbe zu sagen, was man mir im Spital schon mitgeteilt hat und b) die Vorbesprechung für den Operationstermin anzuberaumen. Ich wundere mich.

„Und den Termin für die OP“?, frage ich, „wann kriege ich den?

„In Zug“, sagt der Spezialist, „müssen sie bis zu drei Monate warten“. „Sind denn alle in den Ferien?“, will ich wissen, im Wissen darum, dass ich nicht als Notfall durchgehe und auch nicht lebensgefährlich verletzt bin.

„Nein“, sagt der Arzt. „Das hat mit ihrem Versichertenstatus zu tun.“

4 Kommentare

  1. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
    Und das sage ich als Urzuger.
    N.B. Hätten wir noch alle vier (!) Spitäler, wärst du Chantal längst wieder am umenhüpfen wie ein junges Reh 😉

  2. Nun, in Zug wird dieses Hohelied nicht gerne gehört. Gehörst Du zu den Normalverdienern, wiegt die Steuerersparnis nicht so schwer wie die horrenden Mietpreise für Wohnungen (wenn Du denn überhaupt eine findest innerhalb der Kantonsgrenzen, die einigermassen ins Budget passt) und die höheren Lebenskosten. Klönen können Zuger aber sehr wohl, wenn es darum geht, was sie in den NFA so abdrücken müssen..

  3. Ist ja unglaublich. Und dann klönen mir meine bürgerlichen Kollegen das Gilettäschchen voll, in Zug müsste man leben, da seien die Steuern nicht so mörderisch. Da habe ich lieber eine günstigere Wohnung und komme irgendeinmal dran im Spital, wenn ich es nötig habe, als die paar Fränkli zu sparen, die ich bei meinem Einkommen bei den Steuern sparen könnte. Status hin oder her.

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