Wo eine Brille ist, ist auch ein Weg

Eben: Ich brauchte eine neue Brille.

Die Frau in dem Geschäft mit der tollen Fernsehwerbung

fragte mich, ob ich einen Sehtest machen wolle, weil der letzte schon über fünf Jahre zurückliege.

Unten im Keller, an einem Gerät, das ebensogut in der Kulisse eines Science-Fiction-Films stehen könnte, zeigte sich schnell: mit einem neuen Gestell wird es nicht getan sein. Die Zahlen habe ich nicht mehr im Kopf, aber es lief daraus hinaus, dass ich tiptopp sehen würde, wenn da nicht diese Hornhautverkrümmung hinter dem rechten Auge wäre. Dramatisch seis nicht, sagte die Optikerin. Aber besser werde es auch nicht. Neue Gläser wären deshalb keine schlechte Idee.

An der Hightech-Maschine hatte ich nicht nur einen tollen Einblick in den Ausschnitt der Verkäufern, sondern auch und vor allem gesehen, wie ich mit der neuen Brille sehen werde. Es war nicht gerade ein Unterschied wie Tag und Nacht. Aber ich staunte schon, wie klar und deutlich ich Zahlen und Buchstaben erkennen konnte, die ich zuvor nur noch als Schemen und Schatten wahrnahm.

In zehn Tagen werde ich, um es einmal chli überspitzt zu formulieren, ein ziemlich neues Bild von der Welt haben. Ich freue mich sehr darauf, wieder ohne jede Anstrengung stundenlang lesen zu können, statt das Buch nach zehn Seiten, von einer merkwürdigen Müdigkeit übermannt, weglegen zu müssen. Von den Möglichkeiten, die sich schreibenderweise neu bieten, gar nicht zu reden. Dass ich nicht mehr jedesmal einen Pfader herbeipfeifen muss, wenn ich über die Strasse will, ist ein weiterer netter Nebeneffekt; auch für die Pfader.

Es klingt vielleicht etwas altväterisch. Aber ich kann jedem und jeder nur empfehlen, einigermassen regelmässig die Augen testen zu lassen – selbst oder gerade wenn es damit endet, dass man sich von der alten Sehhilfe verabschieden muss. Es tut nicht weh und kostet nicht die Welt; für den Check plus die Brille samt Gläsern und allem bezahlte ich tausend Franken und fünfzig Rappen.

Bei Menschen ab 40 lasse die Sehstärke alle drei bis fünf Jahre nach, sagte die Fachfrau. Das ist zwar etwas mühsam zu  akzeptieren, aber „et ess, wie’t ess“, singen Bap. Nur: Wenn man schon weiss, dass sich Mutter Natur mit einer halbstündigen Sitzung überlisten lässt: warum soll man dieses Fitzelchen Zeit nicht in ein erstaunlich grosses Stück Lebensqualität investieren?

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