Zeitstillstand

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Freycinet Lodge: So lautet unsere Adresse in Tasmanien, seit wir Hobart vor drei Tagen verlassen haben.

„Freycinet“ klingt ähnlich wie „Freixenet“, doch unser Hotel hat mit dem Wein nichts zu tun. Der Name „Freycinet“ stammt der Legende zufolge von einem Schweizer Missionar namens Joseph „Sepp“ Frey, der diesen Teil der Insel in der Mitte des 18. Jahrhunderts entdeckte. Weil er die Eingeborenen – anders als viele seiner Berufskollegen – überaus nett behandelte, nannten sie ihn irgendwann „Freycinet“.

Was es mit dem „ci“ zwischen „Frey“ und „net“ auf sich hat, ist unklar. Genau genommen, weiss ich sowieso nicht, ob die Geschichte stimmt. Sie ist mir soeben eingefallen, aber irgendwie, finde ich, klingt sie mindestens ebenso einleuchtend wie jene, mit der Stephen King, der grosse Horrorautor, einst begründete, wieso alle Menschen ein Grübchen zwischen der Oberlippe und der Nase haben. Seiner Ansicht nach verfügen ungeborene Kinder über das komplette Wissen über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Doch kurz, bevor sie zur Welt kommen, besucht sie ein Engel. Er sagt leise „pssst“ – und drückt ihnen dabei ganz, ganz sanft einen Zeigefinger auf den Mund. Das Wissen verschwindet – das Grübchen bleibt.

Bleiben tun auch mein Schatz und ich an diesem paradiesischen Ort, und zwar sehr gerne, und noch bis Samstag. „Time stands still and your cares will wash away from the moment you arrive“, schreiben die Chefs des Hotels auf ihrer Website, und ehrlich gesagt: Sie übertreiben damit kein bisschen.

24 Stunden am Tag und auch am Abend geniessen die Gäste einen atemberaubenden Blick auf die Great Oyster Bay an der tasmanischen Ostküste. Gleichmütig und sanft plätschern die Wellen an das mal steinige und mal sandige Ufer. Vom Meer her weht ein laues Lüftchen, in den Sträuchern und Bäumen zwitschern Vögel, und wer mitten in der Nacht erwacht und aus dem Bett steigt, um auf der Terrasse seines holzverkleideten Einzimmerhäuschens auf den Morgen zu warten, hört ununterbrochen kleine Tiere durch das Gestrüpp wieseln.

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(Bild: Schatz)

Etwas abseits der Anlage, an einer Brätlistelle in einem Wäldchen, beobachteten mein Schatz und ich gestern Abend zwei Opossums, die mit grossem Eifer nach Essensresten suchen. Kurz zuvor hatten wir in der Nähe des Strandes ein Wallaby gesehen. Nachdem es uns eine Weile lang neugierig beäugt hatte, hoppelte es davon. Das kleine Känguru lief uns noch zwei, drei Mal über den Weg (oder umgekehrt), dann verschwand es im Dunkel der Nacht.

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Heute gings mit uns steil obsi: Nach einem knapp einstündigen Marsch durch die Hazard Mountains im Freycinet Nationalpark genossen wir um die Mittagszeit herum die einzigartige Aussicht auf die Wineglass Bay. Inzwischen sind wir wieder zurück in der Lodge – aber nicht für lange: Sobald die Sonne im Meer versunken ist, gehen wir nachschauen, was unsere neuen Freunde im Busch so treiben.

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