An die ganz Schlauen

Zur Info für investigative Kolleginnen und Kollegen bei einschlägig interessierten Medien: Weder auf diesem Blog noch auf meinem Facebook-Profil gibt es Bilder von Judiths und Urs‘ Hochzeit zu klauen sehen oder Informationen über das Fest herauszukopieren zu lesen.

Das Brautpaar und die Trauzeugen wünschen das so. Ich komme dieser Bitte – wie alle anderen Gäste sicher auch – gerne nach.

Also: Spart euch die Mühe, fahrt eure Compis einfach mal abe – und macht euch ebenfalls einen wunderschönen Tag!

Landesverteidigung nach dem Giesskannenprinzip

Nichts Böses ahnend, sitzt man im Garten an der Sonne und liest ein Buch – und auf einmal glaubt man, aus dem Augenwinkel eine Bewegung in genau dem Beetli wahrgenommen zu haben, das der Schatz vor einer Woche liebevoll und hoffungsfroh angepflanzt hat und das man seither jeden Tag giesst und hätschelt und hegt und pflegt, weshalb man das Buch widerwillig zu Seite legt und sich aus dem Stuhl hochrappelt und zum Beetli geht und alsbald eines Schattens unter dem Vlies gewahr wird, der da eindeutig nicht hingehört, und als man das Vlies chli anhebt, entdeckt man darunter:

Nachbars Katze, die man so lange vermisst hatte, aber jetzt, in diesem Moment, denkt man: „Tamisiech. Mitten in die neue Saat!“ und zischt dem Viech zu, es soll verschwinden, worauf die Katze andeutungsweise die Ohren spitzt und sich dann mit aller Coolheit, die Katzen eigen ist, zur Seite legt und tut, als ob sie schlafen würde:

Also beugt man sich zur Katze hinunter, packt sie am Kragen, wird kräblet, holt die Spritzkanne, stellt sich über das schon wieder lässig daliegende Tier und spritzt es mit einem Grinsen im Gesicht, um das einen

Jack Nickolson

beneiden würde, nass.

Jetzt klappts: Wie vom Affen gebissen, rast die Katze zum Ausgang, über die Strasse und von dort zum nächstbesten Baum. Dort setzt sie sich hin und guckt mit funkelnden Augen und unablässig auf den Boden klopfendem Schwanz hinüber zum Beetli, in dems gerade noch so gemütlich gewesen war.

Ich ahne, was sie denkt: „Morgen“, denkt sie, „ist ein neuer Tag. Und du kannst nicht die ganze Zeit in deinem Stuhl sitzen und mein Beetli beobachten.“

Wo sie Recht hat, hat sie Recht.

Dann betten wir mal ein

Es gäbe viel zu bloggen in diesen Tagen. Wo immer man hinschaut und -hört: Rundume sind die Dinge in Bewegung und wollen kommentiert und kritisiert und analysiert und – Achtung: Modewort! – „eingebettet“ werden, weil die Leserschaft sonst ja keine Ahnung hat, ob das, was passiert, jetzt wichtig ist oder nicht und wenn ja oder nein, warum.

Weil ich vor lauter Um- und Aufbruchstimmung selber kaum Zeit habe, um die ganze Betriebsamkeit literarisch angemessen zu würdigen, beschränke ich mich hier auf eine summarische Zusammenfassung dessen, was meine kleine Welt momentan ziemlich hochtourig rotieren lässt.

Am allerallerwichtigsten ist für mich und möglicherweise zwei, drei andere Leute zweifellos diese Nachricht (wobei: das engste Umfeld erfuhrs nicht aus dem Fernsehen, sondern schon so viel früher, dass es mit der Zeit fast körperlich wehtat, es nicht der ganzen Welt erzählen zu dürfen):

glanz & gloria vom 04.05.2011

Am nächsten Freitag, 13. Mai, heiratet Judith meinen Brüetsch und mein Brüetsch seine Judith (Etappen ihrer Fahrt in den Ehehafen hat das Schweizer Fernsehen verdienstvollerweise ab und zu dokumentiert). Darauf freuen sich nicht nur all die Gäste wie kleine Kinder auf Weihnachten; dank der Hochzeit und des Dresscodes „festlich“ dürften sich auch diverse Modehäuser landauf und -ab auf Jahre hinaus saniert haben.

Falls es jemanden interessiert: Mein Kleider- und Schuhekauf für den grossen Tag verlief weitaus glimpflicher, als ich mir das vorgestellt hatte. Very special thanks gehen an dieser Stelle an die nette, zuvorkommende und sehr, sehr verständnisvolle Vestita-Verkäuferin in Burgdorf.

Weiter. Eine meiner ab-so-luten Lieblingsbands hat – endlich, endlich – ihre erste CD auf den Markt gebracht. „Wrong side of the river“ heisst das Erstlingswerk der Skinny Machines. Wer intelligenten und melodiösen Alternativ-Rock mag, wird von den talentierten und ehrgeizigen Briten um den Burgdorfer Drummer Dan Roth bedient wie ich bei Vestita: perfekt. Musikalische Müsterchen gibts hier und hier.

Mein Buch des Monats heisst „Der Menschenmacher“. Es erzählt die Geschichte von drei Geschwistern, die von ihrem Vater, der gar nicht ihr Vater ist, gefangen gehalten werden. „Das Grauen hat viele Namen. Cody McFadyen kennt die meisten“, lobt der Kölner Stadtanzeiger – und bringt es damit auf den Punkt. In dem Buch wird nicht nur geplagt und getötet; es finden sich darin auch so wunderschöne Sätze wie diese: „Linda (eine junge Mutter, die ihren Sohn David alleine aufzieht) hatte den Heizlüfter mitten ins Zimmer gestellt, und er brummte und glomm und wärmte sie beide, während sie aus den Bechern tranken. Linda hatte Davids Sparschwein geplündert, um den Eierlikör zu kaufen; beim Hineinschieben des neuen Schuldscheins war ihr aufgefallen, dass der Schein vom vergangenen Weihnachtsfest noch im Sparschwein lag. Aus irgendeinem Grund hatte sie das zum Lächeln gebracht, anstatt sie traurig zu stimmen. Manche Dinge waren verzeihlich in dem rauen, chaotischen Getümmel, das sie Leben nannte.“.

40 Seiten später ist es mit der Eierlikör-Gemütlichkeit vorbei. Von Verzeihen will David nichts mehr wissen; schon gar nicht, wenn es um Kindsmissbrauch geht, gegen den er mit seinem Bruder erbarmungslos ankämpft: „Er feuerte. Die Kugel riss Sans Kopf nach hinten, und eine Mischung aus Blut und Hirnmasse spritzte umher.“

Das einzige, was mich an dem Buch gestört hat, war die Art und Weise, wie es mir bei Ex Libris verkauft wurde.

Frau an der Kasse: „Aha. Sie haben etwas gefunden.“

Ich: „Ja.“

Frau an der Kasse: „Haben sie schon von der Buchpreisbindung gehört?“

Ich: „Ja. Aber das interessiert mich, ehrlich gesagt, nicht wahnsinnig.“

Frau an der Kasse: „Dann spielt es für sie also keine Rolle, ob sie für ein Buch mehr bezahlen oder weniger?“

Ich: „Doch. Aber das ist so Politzeug.“

Frau an der Kasse: „Sie können hier unterschreiben.“

Ich: „Ich will aber nicht. Ich möchte nur das Buch bezahlen.“

Frau an der Kasse: „Es haben schon viele unterschrieben.“

Ich: „Ja. Aber ich möchte nur das Buch…“

Frau an der Kasse: „Ich finde das wichtig.“

Ich: „Ich auch. Kann ich jetzt…“

Frau an der Kasse, sicht- und hörbar verdrossen: „Dann halt nicht. Macht vierundzwanzigfünfzig.“

(Wir schalten kurz in die Werbung: Meine kleine Traumwohnung ist immer noch zu haben. Interessenten können sich jederzeit unter 076 537 74 84 bei mir melden.)

Willkommen zurück, liebe Leserinnen und Leser.

Höchst erfreut habe ich einem Facebook-Eintrag von Regisseur Peter Leu entnommen, dass die Proben für das Freilichttheater auf der Moosegg am Laufen sind. Ich schliesse hohe Wetten ab, dass die Inszenierung trotz kleiner personeller Startschwierigkeiten so toll herauskommt wie das von Hannes Zaugg gestaltete Plakat und zu einem ebensolchen Grosserfolg wird wie die Präsentation des Emmentals an der BEA, an der mir die Lust auf Zvieriplättli irgendwie abhanden gekommen ist, was aber nicht im Geringsten etwas mit den Plättli zu tun hat, sondern nur damit, dass uns neun Tage lang immer um 15 Uhr eines vorgesetzt wurde.

Um mich dann von der hohen Qualität des Freilichttheaters überzeugen zu können, benötige ich übrigens noch ein Ticket. Kleiner Hinweis to whom it may concern: Je weniger ich dafür bezahlen muss, desto euphorischer fällt die Kritik aus.

Was war oder ist da noch?

Ach ja: Der Kachelmann-Prozess. Langsam und unsicher schleppt sich das Drama seinem Ende zu. Etwas vom Gescheitesten, was ich im Zusammenhang mit dieser Affäre gelesen habe, hat Malte Werding für das Online-Portal der Berliner Zeitung unter dem Titel „Die Liebe in Zeiten der Kamera“ geschrieben. Unbedingt lesen!

A propos „Gescheit“: Dummerweise hat eine kleine Bemerkung von mir zu Missverständnissen geführt. Das „Danke – und auf Wiedersehen!“ in diesem Beitrag interpretierten eine Leserin und ein Leser dahingehend, dass ich diesen Blog nach dem 50.000 Gast einstellen würde. Daran denke ich natürlich nicht im Traum.

Runde Sache

Soooooo viele Menschen haben seit letztem August diesen Blog besucht.

Danke – und auf Wiedersehen!

(Hier noch ein Schmankerl für Statistik-Fetischisten:)

Einer der Menschen hinter dem Zauber

Als Kind hörte ich die Lieder von Peter, Sue & Marc manchmal ab einer Langspielplatte meiner Eltern (für die Jüngeren unter uns: Langspielplatten waren runde, schwarze Scheiben mit einem Loch in der Mitte. Wenn man eine Nadel darauf legte und die Scheibe mit ziemlich genau 33 Umdrehungen pro Minute rotierte, erklang Musik). Sie steckte, wenn ich mich richtig erinnere, in einer hellblauen Hülle.

Am 31. Dezember 1981 lösten sich „die Schweizer Abba“, wie das Trio auch genannt wurde, auf. Toto hatten damals gerade „Turn back“ veröffentlicht und waren dabei, mit „IV“ ein Jahrhundertwerk aufzunehmen. Ich, 26, interessierte mich mehr für rockige Klänge amerikanischer Prägung als für „PSM“.

Trotzdem: Ich weiss noch, dass ich es sehr, sehr schade fand, dass das Trio auf dem Höhepunkt seines Schaffens Schluss machte. „Cindy“, „Like a seagull“, „Memory Melody“, oder – nein: vor allem – „Io senza te“ und „Ciao amico“ waren Songs, die, ohne dass ich das realisierte, fast ununterbrochen mein Leben untermalt hatten. Viermal nahmen Peter, Sue & Marc am „Grand Prix Eurovision de la chanson“ teil. Sie blamierten sich kein einziges Mal. Heute genügt ein Auftritt an dieser Veranstaltung, um eine Karriere zu verhindern. Oder zu ruinieren.

Knapp 30 Jahre später geriet ich beim Zappen versehentlich in eine an Grauenhaftigkeit kaum zu überbietende Sendung namens „Die 50 grössten Schweizer Hits“. Sekunden, bevor ich den Kanal wechseln wollte, wurden…: Peter, Sue & Marc angekündigt. Aus Gwunder blieb ich hängen. Und siehe höre da: Da waren sie wieder, Sue Schells Glocken- und Marc Dietrichs Reibeisenstimme und Peter Rebers Piano- und Gitarrenklänge. Ich war hin und weg.

Es kamen, sangen und versiegten in den folgenden Jahren Music- und „Superstars“ sonder Zahl. Magisches war selten darunter. Stattdessen: Hits vom Fliessband, Hypes auf Bestellung und Dieter Bohlen als musikalisches Vorbild von Zigzehntausend jungen Leuten.

Was ein echtes Vorbild ist, erlebte ich – Job sei Dank – heute Nachmittag. An der BEA gibt es diese Woche jeden Tag ein Stammtischgespräch mit einer Berner Persönlichkeit. Heute war Marc Dietrich bei uns zu Gast.

Unkompliziert, fern von jedem Stardünkel und bestens aufgelegt, sass er da und plauderte über alte Zeiten, Höhenflüge, Abstürze und Projekte. Allpott winkte ihm jemand aus dem Publikum zu. Jedesmal winkte Dietrich zurück. Die Stimmung war sehr gelöst, was nicht nur, aber auch daran gelegen haben mochte, dass er – als Betreiber des „Fasnachtsbeizlis“ – die Tranksame gleich selber mitgebracht hatte.

Kurz vor Schluss der Veranstaltung näherte sich eine betagte Frau. Vom Alter gekrümmt, sagte sie zu unserem Gast, sie sei 90jährig und habe wahnsinnig Freude, „diesen Marc“ einmal richtig und lebendig vor sich zu sehen. „Eure Musik war so wunderschön, dass ich heute noch davon träume“, liess sie „Cuco“ wissen, worauf dessen Augen, die eben noch so fröhlich gestrahlt hatten, einen feuchten Glanz annahmen. Liebevoll schrieb der Künstler der Besucherin ein Autogramm mit Widmung auf ihre mitgebrachte Zeitung.

Ich habe in der ganzen Zeit, in der ich nun an der BEA „arbeite“, keinen glücklicheren Menschen gesehen als diese „Alice aus Rohrbach“

Während sich die Stammtischrunde wieder anderen Themen zuwandte, dachte ich: Genau deshalb wurden Peter, Sue & Marc von allen geliebt: Weil sie – allen Erfolgen zum Trotz – so normal geblieben sind.

Weil ihre zauberhaften Melodien und Harmonien nie die Menschen abheben liessen, die sie spielten und sangen. Sondern „nur“ all die Leute, die sie hörten.

Danke, Ihr Drei.