Die neue Virklichkeit (42)

Ohne Klinikkittel, OP-Handschuhe und Schutzmasken kein Flug: Gran Canaria ist weiter in die Ferne gerückt als der Mond.

Nach anderthalb Monaten des Kurz- oder Überhauptnichtmehrarbeitens treibt manche Leute primär etwas um: ihre Ferienansprüche. „Wenn ich im März wegen Corona nicht nach Frankreich fahren konnte – kann ich das dann im Dezember nachholen?“: Mit Fragen dieser Art sehen sich Arbeitgeber, Konsumentenschutzorganisationen und Gewerkschaften konfrontiert, während die Wirtschaft talwärts fährt und die Arbeitslosenkurven in die Höhe klettern.

Falls ich Geschäftsführer eines Unternehmens wäre, das seit Wochen stillsteht, und einer meiner Mitarbeitenden möchte von mir genau dann, wenn ich den Betrieb wieder hochfahren kann, wissen, ob er für zwei, drei Wochen verschwinden dürfe – ich würde ihm das auf der Stelle bewilligen, ihm aber gleichzeitig sagen, er brauche nachher nicht mehr zurückzukommen; jedenfalls nicht in meine Firma.

Auch in meiner Agenda ist noch eine Auszeit vermerkt: Zwischen dem 7. bis dem 28. Juni steht dort jeden Tag „Gran Canaria“.

Wies aussieht, muss ich auch diese Einträge löschen. Dann ist der Kalender, von ein paar wenigen Gerichtsberichterstattungsterminen abgesehen, leer. Ich lasse nun eine Anwältin abklären, ob die Papeterie mir die Kosten dafür zurückerstatten muss. Notfalls zerre ich den Laden bis nach Lausanne und Strassburg und von dort aus weiter ins „Kassensturz“-Studio.

Als ich das letzte Mal mit meinem Freund Martin vom Reisebüro auf der Insel war, lagen wir in unserem Hotel in Playa del Inglés inmitten einer Horde Engländer, Deutscher, Holländer und Schweizer am Pool, und während uns die Sonne vom wolkenfreien Himmel herunter knusprig braun brannte, sagte ich aus keinem besonderen Grund: „Stell dir vor, man würde auf den Kanaren den Tourismus verbieten. Die Wirtschaft auf der Insel wäre von heute auf morgen tot.“

Wenig später mussten die Touristen ihre Plätze für die Viren räumen, wobei ich nicht davon ausgehe, dass die Chäferli jeden Morgen um 4 Uhr aufstehen, um die Plätze am Schwimmbecken mit Handtüechli zu reservieren: Gegen Covid-19 haben die Angehörigen der Liegen-Besatzungstruppen auch vom IQ her keine Chance.

Die „Zeit“ versuchte neulich, ihren Leserinnen und Lesern eine Vorstellung vom Flugverkehr der Zukunft zu vermitteln. In dem Artikel, der sich leider hinter der Bezahlschranke verbirgt, heisst es:

„Flughäfen dürften statt wie bisher an Einkaufspassagen mehr an Notfallkrankenhäuser erinnern und das womöglich noch für lange Zeit. Und auch an Bord herrscht statt Komfort vor allem Klinikgefühl.“

Mit den Konsumtempeln von heute gestern hätten die Airports nur noch wenig gemeinsam: In den Abflug- und Ankunftshallen würden statt Werbetafeln für Uhren, Parfüms und Schmuck Informationsschilder hängen. Ständig messen einem jemand das Fieber, nur heisse das nicht „Fiebermessen“, sondern „Temperaturscreening“. Aber immerhin: Diese Checks erfolgen dem Vernehmen nach nicht anal, sondern ohral.

Im Flughafen von Dubai lasse sich – zumindest theoretisch – besichtigen, was die Reisenden rund um den Erdball erwarte: Die Schalter seien untereinander und von den Kunden durch Plexiglas getrennt. Wer hineinwolle, müsse Mundschutz und Einmalhandschuhe anlegen. Das Schalterpersonal sei mit Schutzbrillen ausgerüstet und trage über den Uniformen Klinikkittel.

Um die Check-ins kontaktlos abzuwickeln, würden Lesegeräte die Buchungsdaten, Pässe oder Vielfliegerkarten registrieren. Zu den Kontrollen des Handgepäcks und der Pässe seien höchstens ein halbes Dutzend Reisende aufs Mal zugelassen, notierten die Reporter.

In Zukunft würden die Kundinnen und Kunden durch Angestellte in weissen Jacken, Desinfektionsdurchsagen und ständige Masken-Kontrollen „bis an den Flugsessel“ begleitet. Dazu teile „eine Art Zugangsampel“ die Passagiere in Einsteigegruppen von höchstens zehn Personen. Diese Massnahme diene dazu, „das Gedrängel im Gang zu verhindern“.

Kein Gstungg mehr beim Ein- und Aussteigen?!?

Es ist nicht zu fassen: Worüber sich Heerscharen von Forschern jahrzehntelang vergeblich die Köpfe zerbrachen, macht Corona über Nacht möglich.

Die Tempi, in denen die Fluggäste allerlei Hygiene- und Kosmetikartikel samt dem kompletten Elektronikequipment mit an Bord schleppen durften, seien vorläufig passati, prognostiziert die „Zeit“ unter Berufung auf Luftfahrtexperten weiter. Das Handgepäck sei „auf ein kleines Stück“ beschränkt. So entfalle das Risiko, mit einem schmutzigen Rollkoffer Keime in die Kabine zu bringen. Darüberhinaus blockiere, wer nur eine Minitasche dabeihabe, nicht die Mittelgänge, bis er in den Gepäckfächern Lücken für all seinen Plunder gefunden hat.

Abstriche gelte es auch in Sachen „Bordverpflegung“ und „Versäuberung“ hinzunehmen: „Zwar dürfen Passagiere die Masken zum Essen und Trinken verschieben. Doch so richtig appetitlich wird das Catering künftig nicht“, warnt die „Zeit“. Statt Mehrgangmenüs würden die Airlines „bestenfalls Stullenpakete“ anbieten.

Alkohol gebe es in rauen Mengen, aber nur zum Desinfizieren. Eine Bordtoilette werde in der Regel von 50 bis 90 Personen frequentiert. „Da kann sich vor der Landung nicht jeder auch nur einmal die Hände waschen“, sage ein Experte. Die WC-Kabinchen würden umgebaut: „Künftig haben Klos und Waschbecken keimtötende Oberflächen und sind berührungslos zu bedienen.“

„Der Weg ist das Ziel“, murmelte der grosse römische Mathematiker Daedalus, als er missmutig aus dem Backstagebereich des Kolosseums zu den Löwen in der Arena schlurfte, aber das war früher.

Heute gilt: Der Weg ähnelt einem Spaziergang durch die Intensivstation, am Ziel herrscht eine Stimmung wie auf dem Friedhof.

Werde ich Gran Canaria unter diesen Umständen je wiedersehen wollen?

Auch wenns jetzt kurz chly wehtut: Non lo clero.

Die neue Virklichkeit (41)

Mehr Freizeit, weniger Business: Das sollte nach Corona die neue Kleiderordnung bleiben (ein anderes Symbolbild war weltweit gerade nicht vorrätig).

Gut 2400 Menschen lasen am letzten Freitag, dass ich mit wachsender Vhairzweiflung jemanden suche, der oder die mir nach eigenem Gutdünken die Haare schneidet. Die Anzahl der Personen, die sich auf die Einladung zur kreativen Entfaltung am lebenden Objekt hin bei mir meldeten, betrug – Stand jetzt – exakt Null (in Zahlen: 0).

Ich bin deswegen weder beleidigt noch eingeschnappt noch sonst etwas; WIRKLICH NICHT!!!

Dann lasse ich die Frise halt weiterwuchern, bis die Figaros und Figaretten ihre Wartelisten mit dem Zwölferrasierer (falls für die nächste geschäftliche Baisse nochly öppis stehenbleiben sollte) oder dem Fünferfräser (was bis zur zweiten Virenwelle hinhalten dürfte) gestutzt haben.

Wie ich aussehe, kann mir ja wurst sein. Ich begegne mir nur selten auf der Strasse, und falls das doch einmal passieren sollte, dürfte ich wohl sagen: nennenswerte Unterschiede zum inzwischen ebenfalls leicht vergammelt wirkenden Rest der Welt sind nicht zu erkennen.

Letzte Woche zum Beispiel kreuzte ein Geschäftsmann meinen Weg, der bis Mitte März auch in seiner Freizeit nur in feinstes Tuch gehüllt durch die Häuserschluchten von Burgdorf zu flanieren pflegte. Nun bummelte er in Jeans und T-Shirt und nachlässig rasiert über die verblütenstaubten Pflastersteine der Altstadt aller Altstädte und wirkte so gleich viel zugänglicher, um nicht zu sagen: menschlicher.

Das kann von mir aus nach Corona so bleiben: „Casual“ für alle und immer! Weg mit dem Kastendenken! Und überhaupt: Get up, stand up, auch und ganz besonders jetzt, wo wir unser Dasein mehr denn je sitzend und liegend fristen.

A propos „yeah, man!“: Ab heute dürfen die Spitäler wieder nichtdringliche Eingriffe vornehmen, die Coiffeur-, Massage- und Kosmetikstudios ihre Betriebe neu starten und Baumärkte, Gartencenter, Blumenläden und Gärtnereien ihre Türen fürs Publikum öffnen.

Wir feiern also, sozusagen, den Anfang vom Ende von Corona, und das ist unabhängig davon, wie dieser Tag verläuft, schon einmal eine gute Nachricht.

Vielleicht auch, wer weiss?, für das horizontale Gewerbe, denn was heisst „Massage-studio“? Sind damit nur diese Studios gemeint – oder auch jene? Falls Letztere inbegriffen sein sollten: Wie muss mann sich das vorstellen? Beide mit Gesichtsmasken und OP-Handschuhen, und bevors losgeht, wird nicht nur kontaktlos mit der Karte bezahlt, sondern auch (nein: vor allem) individuell und mit zwei Metern Abstand ganzkörperdesinzifiert?

Und was ist mit den Tarifen? Die Älteren hier werden sich vielleicht noch erinnern, weils damals in allen Zeitungen stand: Kaum wars mit Aids losgegangen, schnellten in den Bordellen zäntume die Preise für ungeschützten Verkehr in die Höhe. Wird das auch jetzt der Fall sein? 100 Stutz für normal und 150 für mit ohne Mundschutz?

Mit Aids verhielt es sich seinerzeit übrigens ähnlich wie heute mit Covid-19: Bei allem Elend, das die Seuche über die Menschheit brachte, hatte sie auch gute Seiten. Ohne Aids wäre „Philadelphia“ nicht gedreht und Bruce Springsteen nie gebeten worden, einen Song zu diesem Film zu schreiben.

Wenn die Ärzte und Pflegenden in den Spitälern sich gleich wieder auch um Normalsterbliche kümmern, könnte es vielleicht nicht schaden, wenn ihre Chefs bei ihren morgendlichen Briefings klären würden, was genau an Nichtdringlichem ansteht.

Ein Freund von mir, der nach einem Badezimmerunfall wochenlang auf die Behandlung seines gebrochenen Schlüsselbeins warten musste, erhielt vor wenigen Tagen einen Anruf aus der Klinik seines Vertrauens. Die Person am anderen Ende der Leitung teilte ihm mit, dass er nun bald dran sei, man sich der guten Ordnung halber aber noch einmal bei ihm erkundigen wolle, welches seiner Knie operiert werden müsse.

Eine weitere gute Frage ist, ob die Kassen in den hiesigen Baumärkten und Gartencentern tatsächlich so laut klingeln werden wie von den Betreiberinnen und Betreibern erhofft. In Deutschland, wo einige Geschäfte schon vor einer Woche entlockt wurden, hält sich die Freude am Geldausgeben offenbar noch im Rahmen:

„In den Innenstädten waren wieder fast halb so viele Passanten wie zu Vor-Corona-Zeiten unterwegs. Während des beinahe kompletten Shutdowns waren es teils nur zehn Prozent, wie die Kölner Beratungsfirma Hystreet.com festgestellt hat. Sie misst mithilfe von fest installierten Laserscannern die Passantenfrequenz an 118 Standorten in 57 Städten Deutschlands.

Geschaut wurde viel, gekauft wenig. ‚Bisher steigt die Frequenz der Kunden stärker als die Kauflust‘, sagt Jens von Wedel, Handelsexperte der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Offenbar reicht vielen Menschen der Schaufensterbummel zum Zeitvertreib“, berichtet Spiegel Online in einem hinter der Bezahlschranke versteckten Artikel.

Aber: „Qui vivra, verrà“, sagte meine Grossmutter immer. Wenn ich gerade so an sie denke: Zum Glück blieb ihr erspart, Corona miterleben zu müssen.

Die neue Virklichkeit (40)

Freie Zeit gibt es wie Sand am Meer. Sie einigermassen sinnvoll zu nutzen, wird aber zunehmend zu einer Herausforderung.

Soviel Nichts wie gestern gab es glaub noch an keinem der 19 915 Tage, an denen ich nun schon auf der Welt bin. Zwischen 4.15 und 22.45 Uhr plauderte ich kurz mit drei Leuten, schrieb ich eine Mitteilung für eine Nachbarschaftshilfeorganisation, mixte ich einen Bananenapfelmangomaracuja-Smoothie und fuhr ich mit dem Velo einmal um den Schlosshoger. Der Rest der Zeit verstrich ungenutzt.

Wie „die Jugend“ in den frühen 80ern hatte ich null Bock auf irgendetwas. Nicht einmal ums Reden wars mir. Als ich meine Stimme zum ersten Mal hörte, war der Tag schon beinahe vorbei.

Auf mein iPad werden jede Woche die neusten Ausgaben des „Spiegel“, der „Zeit“ und des Magazins der „Süddeutschen“ geladen. Im Archiv liegen zig Ausgaben des „Rolling Stone“, der „Weltwoche“ und des „Folio“ der NZZ, doch nichts von alldem reizte mich zum Lesen, und ob ich mich über die Tagesaktualitäten heute oder erst übermorgen aufdatiere, spielt längst keine Rolle mehr. Es geht ja doch immer nur um das Eine:

Etwas monothematisch: Zehn von zehn Artikeln auf BZ Online drehten sich gestern Abend um Corona.

Andere verschlingen, was ihnen in die Finger kommt. Wenn ich unter der Woche kurz nach draussen gehe, sehe ich häufig das Auto, mit dem Elisabeth Zäch und Daniel Schmidt die Leserättinnen und -ratten in Burgdorf und Umgebung von der Buchhandlung am Kronenplatz aus mit frischem Futter versorgen.

Dann stelle ich mir vor, wie die beiden einen Sack voller Bücher vor einer Türe deponieren und wie jemand die kostbare Ware wenig später ins Haus holt und verteilt. Die einen verziehen sich mit der Lektüre in die Küche, die anderen ins Bett, wieder andere aufs Sofa und ins Kinderzimmer, und schon nach wenigen Minuten sind alle in eine Welt abgetaucht, in der es keine Viren gibt und keine Notstandsverordnungen und keine Medienkonferenzen mit Infektionskurven und Reproduktionszahlen und nach Kantonen aufgeschlüsselten Mortalitätsstatistiken.

Auf Facebook kursiert diese Nachricht:

„6 Wochen ‚Lockdown‘ liegen nun hinter mir. 3 Kilometer morgens spazieren, abends 5 Kilometer joggen, weder Fleisch noch Milchprodukte. Täglich frisches Obst und Gemüse aus der Region und jede Mahlzeit selbst gekocht. Habe so viel Energie und stehe jeden Morgen um sechs Uhr voller Tatendrang auf!

Kein Fernsehen, lese – nein verschlinge – immer mindestens drei Bücher parallel. Endlich mal die Zeit die Meisterwerke der Literatur zu lesen. Ulysses gerade fertig, jetzt kommt der Urfaust.

Die Entwicklung ist phantastisch. Ich könnte Bäume ausreissen. Kein Alkohol! Zuckerfrei, glutenfrei, koffeinfrei und mittags statt Junkfood eine Runde Krafttraining oder Yoga. Die Fettpolster sind weg, Muskelmasse wächst und das Sixpack wird erkennbar.

Ich habe keine Ahnung, wessen Status das ist, aber ich bin voller ehrfurchtsvollem Staunen. Deshalb hab ich ihn mal kopiert und eingefügt, um ihn mit euch zu teilen.“

Offensichtlich geht es auch anderen so: Nie war so viel freie Zeit und sowenig Antrieb, sie zu nutzen. Corona führt viele von uns Tag für Tag tiefer in einen Tunnel der Lethargie, aus dem sie – wann auch immer – nur schwerlich wieder herausfinden dürften.

Wird uns die Zeit, die wir wegen dieses Virus Tag für Tag verbrennen, am Ende des Lebens eigentlich angerechnet? Schaut der in einen schwarzen Umhang gehüllte Schiedsrichter Sekunden vor unserer finalen Auswechslung auf die Uhr an seinem knöchernen Handgelenk und flucht ungläubig, „Mist! Der hat aus dem Frühling und Sommer 2020 ja noch fünf Monate Verlängerung zugute!“?

Die neue Virklichkeit (39)

Langsam wirds auch für mich Zeit für eine Schur (falls Mamma mia mitlesen sollte: Das ist ein Symbolbild!).

Einen grossen Teil des gestrigen Freitags brachte ich damit zu, Coiffeusen und Coiffeure anzurufen, um einen Termin für einen flotten Sommerschnitt zu vereinbaren. Aber irgendwie scheinen alle, die das husch erledigen könnten, bis mindestens November 2021 ausgebucht zu sein.

Deshalb machen wir das jetzt einfach so: Wer schon immer mal wissen wollte, wie es sich anfühlt, nach Lust und Laune in fremden Haaren herumzufuhrwerken, kann das auf meinem Kopf tun. Ich stelle mich Hobbycoiffeusen und -coiffeuren als Modell zur Verfügung. Was dabei herauskommt, ist so egal wie alles andere, was uns vor ein paar Wochen noch über alle Massen beschäftigt hatte.

Ich habe auf unbestimmte Zeit hinaus keine Geschäftstermine mit Leuten, die schampar viel Wert auf Äusserlichkeiten legen, und wenn doch, könnte ich ja immer noch sagen, das sei Sabine gewesen, damals, Mitte Februar, als wir glaubten, so ein Sturm sei das Dümmste, was uns passieren könnte, wir uns zur Begrüssung die Hände reichten, die meisten einen längeren Arbeitsweg hatten als die paar Schritte vom Schlafzimmer zum Stubentisch, die Kinder für die Schule lernten statt fürs Mami, wir uns spontan zum Nachtessen mit Freunden in einem gemütlichen Beizli verabredeten und überhaupt all the richtigen troubles seemed so far away und keine Viren lookten as though they’re here to stay.

Was das Equipment betrifft: nunja. Bei mir zuhause kann ich mit Shampoo, einer Schere, einem Handrasierer, einer Bürste, einer Flasche Desinfektionsmittel und einem Staubsauger dienen. Alles Weitere (Schutzmaske, Astronautenanzug) müsste mitgebracht werden.

Auf Schlee und Artverwandtes reagiere ich wegen meiner Schmier- und Chläbzeugintoleranz (SCZI) allergisch. Die Schur erledigen wir auf dem Balkon. Zur Stärkung in den grosszügig bemessenen Pausen biete ich Kafi, Mineralwasser, Cola Zero oder selbstgemachte Smoothies an.

Um dem Tschenderkram Genüge zu tun: Bei gleicher Eignung werden Frauen bevorzugt berücksichtigt, aber Lohn gibts keinen (bevors Beschwerden aus den Gleichstellungs-büros hagelt: auch nicht für Männer oder Transisto Transfor sonst jemanden). Zeitlich bin ich extrem flexibel.

Interessentinnen oder Interessenten melden sich in den Kommentaren oder unter +41 76 537 74 84.

Ein Bild von der Frise wird, samt einem Porträt der Künstlerin oder des Künstlers, hier veröffentlicht. Ich verzichte dafür zum Vornherein auf Schadenersatzforderungen.

Die neue Virklichkeit (38)

40 Tage Corona: Das heisst auch 40 Tage unermüdliches Arbeiten daran, tolle Gruppenselfies zu schiessen, ohne die Social Distancing-Regeln zu verletzen (die Dame und den Herrn unter dem Balken braucht das nicht zu kümmern; sie sind verheiratet).

Knapp 40 Tage dauert dieser Lockdown jetzt schon an (ich schreibe extra „dieser“ Lockdown, weil ja niemand sagen kann, wieviele Lockdowns noch folgen werden; vielleicht heissen die „Lockdowns“ irgenwann gar nicht mehr „Lockdowns“, sondern bekommen eigene Namen, „Coronaum“ zum Beispiel. Wenn spätere Generationen etwas zeitlich einordnen wollen, sagen sie, „im Coronaum 3 passierte dieses“ oder „während des Coronaums 11 ereignete sich jenes“, immer vorausgesetzt natürlich, dass es dann überhaupt noch Menschen gibt).

Abgesehen davon, dass ich ausgerechnet an meinem 40. Geburtstag 40 Jahre jung wurde und zwei der besten Alben der Rockgeschichte „40 Trips around the sun“ und „40 Tours around the sun“ heissen, hatte die Zahl 40 für mich nie eine Bedeutung.

Doch jetzt, mit Blick auf das 40 Tage-Jubiläum der Schweizer Corona-Niederlassung, wollte ich wissen, was es mit ihr so auf sich hat, und siehe da:

„40 ist die Symbolzahl der Prüfung, Bewährung, Initiation bzw. für den Tod. Als die verzehnfachte Vier repräsentierte sie Vollkommenheit. Der Ursprung des Vierzig-Tage-Rhythmus lässt sich in Babylonien suchen, wo eine Verbindung des vierzigtägigen Verschwindens des Sternenbildes der Plejaden hinter der Sonne mit Regen, Unwetter und Gefahren beobachtet wurde. Bei der Wiederkehr der Plejaden wurde als Zeichen der Freude ein Bündel aus vierzig Schilfrohren verbrannt“, heisst es bei Wikipedia.

Und weiter: Vom französischen Wort quarante (vierzig) stamme der Ausdruck „Quarantäne“ ab. Im 14. Jahrhundert seien erstmals vierzigtägige Isolationsperioden zur Vermeidung von Pestepidemien verhängt worden.

Das heisst: eigentlich wäre der Spuk heute vorbei, nur liegt die Betonung nicht auf „vorbei“, sondern auf „wäre“.

Seit Corona spielt sich unser Leben im Konjunktiv ab:

Hätten „wir“ im Dezember ernstergenommen, was sich im fernen Wuhan zusammenbraute, hätten „wir“ nicht in aller Eile Notstandsprogramme erarbeiten müssen, als „wir“ drei Monate später realisierten, dass sich die Viren von Italien aus daranmachen, auch Helvetien zu besetzen.

Hätten Herr und Frau Schweizer schon im letzten Jahr Toilettenpapiervorräte angelegt, wäre uns in diesem Frühling manch entwürdigende Szene erspart geblieben.

Wäre dieses Land nicht so unermesslich reich, gäbe es unter den Brücken vermutlich längst keine freien Schlafplätze mehr.

Würden nicht jeden Tag und jede Nacht unzählige Menschen dafür sorgen, dass unzählige andere Menschen auch dann zu essen und trinken haben, wenn sie ihre Wohnungen nicht mehr verlassen dürfen…aber mir wei nid grüble.

40 Tage Corona. Das sind, je nach Verfassung und Betroffenheitsstufe,

40 Tage hoffen,

40 Tage bangen,

40 Tage plangen,

40 Tage Home Office,

40 Tage abstandhalten,

40 Tage meckern,

40 Tage Galgenhumor,

40 Tage Dankbarkeit,

40 Tage Trainerhosen,

40 Tage Rücksichtnahme,

40 Tage Videokonferenzen,

40 Tage selberkochen,

40 Tage lesen,

40 Tage fernsehen,

40 Tage wohnungputzen,

40 Tage Sachen machen, die man zuvor nie machte

40 Tage Dasspieljetztauchkeinerollemehr

und so weiter, und so fort.

40 Tage: Das klingt nach schon ziemlich viel.

Und ist im Vergleich zu dem, was mutmasslich noch kommt, doch erst so nichts.