Auf der Homeoffinsel (32)

Donnerstag, 4. März 2021, 14 Uhr

Was bin ich?

So hiess nicht nur ein heiteres Beruferatespiel in der Frühphase der televisionären Schöpfungsgeschichte (siehe oben). Das frage ich mich manchmal, seit ich auf dieser Insel gelandet bin.

Als jemand, der in erster Linie zum Arbeiten hierhergekommen ist, fühle ich mich nicht als Tourist. Wenn ich Miguel von der Rezeption fragen würde, was ich in seinen Augen bin, würde er allerdings ohne zu zögern antworten, un turista.

Ich suche nach einem Schublädli, in das ich mich stecken kann. Eigentlich bin ich kein Fan von Schublädli, doch wenn Konfusion herrscht, bringen sie zügig Ordnung ins Leben.

Bin ich ein Covimmigrant, der vor der grossen Krise in der Heimat an einen Ort geflüchtet ist, an dem…nunja; dieselbe Krise herrscht, nur wärmer?

Ein Fremdarbeiter, der der Fremde, in der er arbeitet, jedoch nicht annähernd soviel gibt wie jene Menschen, die wir in der Schweiz als Fremdarbeiter bezeichnen?

Ein digitaler Nomade? Nein, auch nicht. Nomaden ziehen ihr Leben lang von Ort zu Ort. Ich zügelte für drei Monate von Burgdorf nach Playa del Inglés. Wenn ich das einem echten Nomaden erzähle, schaut er mich, gelangweilt auf einem Tabakblatt herumkauend, eine Zeitlang an, wartet auf die Pointe, steht, wenn er merkt, dass keine kommt, von seinem fadenscheinigen Teppich auf, rollt ihn zusammen, zurrt ihn auf dem Heck seines Kamels fest und reitet kopfschüttelnd 800 Kilometer weiter ins nächste Dorf.

Bevor sich meine Identitätskrise ins Unaushaltbare steigerte, eilte mir nun die Redaktion des „Spiegel“ zu Hilfe. Sie berichtet von Leuten, die ihr Büro quasi in meine Nachbarschaft verlegten:

„Remote Worker“?

„Remote“ bedeutet gemäss einem Wörterbuch „nicht in unmittelbarer Nähe befindlich, aber miteinander verbunden“. Das „Karrieremagazin“ des Onlineportals stellenmarkt.de schreibt, Remote Work „boomt mit steigender Tendenz“.

Ich.

Teil eines Booms!

Trendsetter!!

INFLUENCER (auch ohne Infinitypool im Hintergrund)!!!

Und damit: zurück auf den Boden. Die Remote Work ruft.

Oder, vielleicht doch lieber: die Büez.

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.