Der Alte auf Achse

Auch wenn das Sprachbild ein wenig schief hängt: Seit Mittwoch Morgen hält tout Biel den Atem an: Im Lindenquartier hatte sich ein Senior in der Wohnung seines Elternhauses verschanzt, das zwangsversteigert werden sollte. Der Mann ist bewaffnet. Dass Peter Hans Kneubühl nicht im Traum daran denkt, widerstandslos aufzugeben und sich in den Fürsorgerischen Freiheitsentzug einweisen zu lassen, war spätestens dann klar, als er zu vorgerückter Stunde auf einen Polizisten schoss und diesen gemäss einer Mitteilung der Kapo Bern schwer verletzte.

Der in Biel lebende Leiter von BZ Online berichtet seit bald 24 Stunden live von dem Ereignis. Wer die Direktübertragung mitverfolgt, fragt sich bisweilen, ob er mitbibbern oder fassungslos den Kopf schütteln soll.

Natürlich: Leute, die unkontrolliert in der Innenstadt herumballern, wünscht man sich nicht unbedingt in der eigenen Nachbarschaft. Andrerseits: Der Rentner wird von unzähligen Polizisten aus vier Kantonen gejagt. Helikopter sind im Einsatz und Hunde und Sondereinheiten mit schwarzen Masken und Knöpfen im Ohr und kugelsicheren Westen und allem.

Da stemmt sich ein einfacher Bürger stundenlang gegen eine technisch hochgerüstete kleine Armee – und schafft es irgendwann, ihr zu entwischen. Wäre der Schuss auf den Polizisten nicht gewesen: Kneubühl würde mit Sympathiepunkten überschüttet.

Die Facebook-Freunde von Jon Mettler, dem BZ-Reporter im Krisengebiet, sparen im Internet nicht mit aufmunternden Worten:  „Unser Held!!! Was tut man nicht alles für seinen Arbeitgeber“, applaudiert eine Kollegin. Ein anderer Facebooker will von Mettler wissen, ob er „auch eine Kevlar-Weste und einen Helm“ erhalten habe. „Weiter so, Kommissar Mettler – fassen Sie den Amokschützen“, feuert ein weiterer User den Journalisten im Krisengebiet an.

Ein Ende des Dramas ist auch am Freitagmorgen nicht abzusehen. Der Senior schoss in der Nähe seines Hauses erneut auf die Polizei. Die Fahndung wurde längst auf die ganze Schweiz ausgedehnt.

Mettler selber hadert nach einer Nacht und einem Tag an der Fahndungsfront mit seiner Heimat: „Das isch nüm mis Biel“, teilt er auf Facebook mit.

Nachtrag 11. September: Der Senior ist immer noch flüchtig.

Nachtrag 12. September: Von dem Mann fehlt weiterhin jede Spur.

Nachtrag 14. September: Auch nach sechs Tagen: nichts. Die Polizei teilt mit, sie ermittle „auf Hochtouren“.

Nachtrag 15. September: Hopperla.

Nachtrag 16. September: Die Polizei untersucht „minutiös“ Gegenstände, die sie aus dem Haus des immer noch flüchtigen Mannes geholt hat. Der Berner Polizeidirektor nimmt seine Leute in Schutz. In Biel werden die Vorsichtsmassnahmen erhöht.

17. September: Soooli.

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