Fast eine Liebeserklärung

Heieiei – jetzt ist es schon knapp ein Jahr her, seit ich von Solothurn nach Burgdorf gezügelt bin.

Das wäre, wenn ich das soeben gesagt statt geschrieben hätte, für das Gegenüber der Moment, um an seinem Kafi zu nippen und mich dann anzuschauen und zu fragen: „Und? Hast du dich gut eingelebt? Gefällts dir immer noch?“

Aber weil wir hier im Internet sind, fragt natürlich kein Mensch.

Vielleicht nimmts ja trotzdem jemanden wunder. Deshalb: „Oh, ja! Mir gefällt es hier bestens! Mir hat es noch nirgendwo so gut gefallen wie in Burgdorf, ausser in Australien natürlich, nur spielt Australien in einer anderen Liga als Burgdorf, drum kann man das gar nicht vergleichen. Es wäre Burgdorf gegenüber nicht fair.“

Nun nähme das Gegenüber einen weiteren Schluck und würde sagen: „Was gefällt dir denn so gut an Burgdorf?“

„Einfach alles“, wäre die Antwort. Und weil das Leuten, die sich mit einem gemütlich auf einen Kaffee treffen, in der Regel nicht genügt, würde ich anfügen:

„Diese kleine Stadt oder dieses grosse Dorf hat einfach einen Charme, dem ich immer noch jeden Tag mit Freuden erliege. Ich kann das gar nicht richtig erklären. Es ist die Summe von allem: Vom

Schloss,

das auf mich – im Gegensatz zu anderen Schlössern – eher heimelig als gfürchig wirkt; von der Oberstadt, die regelmässig halb totgesagt und -geschrieben wird, und in der sich das Leben, vor allem, wenns warm ist, trotzdem oder gerade deshalb anfühlt, als ob man

in Südfrankreich

wäre; von all den kleinen Gassen und Strässchen, in denen Menschen wohnen, die einem in aller Regel sehr wohlgesonnen sind, auch wenn man nicht damit angeben kann, dass die eigenen Vorfahren den halben Friedhof belegen; vom Umstand, dass man in wenigen Minuten unten an der Emme oder oben auf den Flüeh ist und damit mitten in der schönsten Natur; von Anita, der

„Metzgere“-

Wirtin, die auch nach vielen Monaten noch weiss, dass sie meinem Vater einmal ein Aromat ausgeliehen hat und die die besten Züpfe-Sandwiches auf dem ganzen Erdball zubereitet; von

Nachbars Tiger,

der Chantal und mir inzwischen zu jeder Tages- und Nachzeit entgegenkommt, um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen und uns das Neuste aus dem Quartier zu erzählen; von den Nachbarn selber, die man am Sonntagmorgen in Trainerhosen und Socken um ein paar Tropfen Öl zum Kochen bitten kann und die einem daraufhin mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit gleich eine ganze Flasche in die Hand drücken; vom Leseparadies am Kronenplatz; von der Tatsache, dass hier so gut wie niemand weiss, wie man ‚Fasnacht‘ buchstabiert; vom Vermieterpaar, das uns immer mal wieder zu einem Schwatz oder einem Fondue einlädt und das uns im Notfall ziemlich sicher nicht nur das letzte Hemd, sondern auch noch die letzte Hose und die letzten Vorräte überlassen würde; vom Politbetrieb, der in Burgdorf so unaufgeregt verläuft, dass man von ihm kaum etwas mitbekommt; von dem Kulturangebot, das ich zwar viel zu selten nutze, das mir aber die Gewissheit vermittelt, an einem Ort zu sein, der (sich) bewegt; von der Stadtverwaltung, die die Einwohnerinnen und Einwohnerinnen nicht alle zwei Wochen mit einem neuen Reglement überrascht und einen auch ansonsten weitestgehend in Ruhe lässt, aber die Neuzuzüger vom ersten Tag an wissen lässt, jederzeit und mit so wenig Bürokratie wie möglich für sie da zu sein; von all den

kleinen

und


grossen

Sensationen, die für Abwechslung im Heute sorgen und Perspektiven für die Zukunft eröffnen; von den Täxelern am Bahnhof, die einen nach der dritten Fuer mit Namen kennen und verblüffend gut abschätzen können, wohin man will; oder und vor allem vom tiefen Respekt dafür, wie diese kleine Stadt oder dieses grosse Dorf sich immer wieder aufrappelt und voller Selbstvertrauen weitermacht, wenn ihm das grosse Bern wieder einmal gezeigt hat, dass es in seinen, den Berner, Augen, nur eine Randregion ist, die viel kostet und dem grossen Ganzen – also der Stadt Bern – letztlich nichts bringt.“

„Aha“, murmelt das Gegenüber, das inzwischen ein wenig wirkt, als ob es das gar nicht sooo genau habe wissen wollen.

„Und das Komische ist“, füge ich, richtig in Fahrt gekommen, an: „Früher hat mich vieles von dem, was ich heute so schätze, genervt: Als mich in Solothurn die Kioskfrau, kaum war ich eingezogen, mit Namen begrüsste, obwohl ich mich ihr nie vorgestellt hatte, wurde ich sauer. Für mich war das kein Zeichen von Freundlichkeit, sondern eine unbotmässige Einmischung in meine Privatsphäre. Ich hätte weder damals in Freiburg noch später in Solothurn je mit meinen Hausbesitzern Znacht gegessen. Für all die Büsis und Hunde, die es auch anderswo gab, habe ich mich nie besonders interessiert. Stadtverwaltungen und andere Behörden belegten in meiner persönlichen Sympathie-Hitparade bisher die selben Plätze wie Zahnärzte und der Musikantenstadl. Ich wäre eher gestorben, als für immer in Knechtschaft zu leben verhungert, als die Leute nebenan um ein paar Tropfen Öl zu bitten. Abgesehen davon…“

„…für dich scheint Burgdorf ziemlich perfekt zu sein“, unterbricht das Gegenüber, während es sich an der Tischkante festklammert, um nicht erschöpft vom Stuhl zu fallen.

„‚Scheint perfekt‘? – Ist perfekt!“, sage ich. Dann bezahle ich die zwei Kafi und bummle in die Oberstadt hoch;

nach Hause.

Fisch, mal chli anders

Gestern Abend hatten wir – wieder einmal und wie erfreulicherweise immer – ausgesprochen netten Besuch in Burgdorf. Die kulinarische Herausforderung für Chantal und mich bestand diesmal darin, etwas Vegetarisches zu kochen, das auch Fleischfressern schmeckt.

Wir entschieden uns für eine Fisch-Lasagne. Hier ist das Rezept:

Man benötigt für vier Personen

– 12 Lasagneplatten
– 4 Pangasius-Filets
– 200 Gramm Fenchel
– zwei, drei Spritzer Tomatenmark
– 600 Gramm gehackte und geschälte Tomaten
– drei Esslöffel Mehl
– knapp einen Liter Milch
– 1 Zwiebel
– 2 Esslöffel Butter
– Reibkäse
– chli Öl sowie
– Salz und Pfeffer

Als Erstes häckselten wir den Fenchel und die Zwiebel und dünsteten beides miteinander in einer Brapfanne an. Dann gaben wir das Tomatenmark und die passierten Tomaten dazu, würzten das Ganze mit Salz und Pfeffer und liessen es ein paar Minuten köcheln. In dieser Zeit liessen wir die in einem Pfännli Butter schmelzen. Dann gaben wir die Butter und das Mehl in die Sauce und merkten, dass diese dadurch sofort klumpig wurde. Don’t worry – das muss so sein. Und ändert sich auch gleich wieder, wenn man unmittelbar danach die Milch hineinschüttet. Nachwürzen nicht vergessen!

Wenn die Sauce fertig ist, schichtet man die Lasagneplatten und den Fisch und die Sauce mehrfach aufeinander. Zuletzt bestreut man das Gebilde mit Käse und lässt es ungefähr 45 Minuten lang im 200 Grad heissen Ofen liegen.

Als Vorspeise servierten wir ein Lauch-Zwiebel-Rüebli-Knoblauch-Süppchen mit Shrimps drin und Croutons drauf; zum Dessert gabs Chantals ei- und alkoholfreies Weltklassetiramisu. Das Rezept für Letzteres rücken wir nur auf devotes Bitten und unter der Bedinung heraus, dass wir unsererseits zum Essen eingeladen werden.

E Guete!

Emmentaller Schwermetaller zünden grossen Knaller

Jetzt wirds im Winter doch noch heiss: die neue Shakra-CD ist da.

Besser denn je“ würden die hardrockenden Truerberbuebe nach dem Ausstieg ihres Sängers Mark Fox klingen, lobt meine Kollegin Miriam Lenz in der Berner Zeitung.

Nach einem ersten Durchhören kann ich mich ihrem Urteil nur anschliessen: Die Emmentaller Schwermetaller dürften mit ihrem neuen Frontmann John Prakesh und ihrem achten Album „Back on track“ im Rucksack bald vom Schweizer Rockgipfel aus ins Stromgitarren-Mittelland hinunterblicken.

Mit „When I see you“ wurde – den Radiostationen zuliebe – als Erstes die Ballade als Single veröffentlicht. Der Rest der Scheibe täscht und chlöpft und fägt, dass den Kühen die Milch im Euter zu Butter gerinnt.

Nachtrag 9. März: Und da sind sie auch schon; bald oben:

Ein Zeichen

Sie verheissen selten Gutes, diese gelb-weissen Zettel, die einem die Post manchmal hinterlegt. Meist wird man damit gebeten, am Schalter etwas abzuholen, das man gar nicht unbedingt haben will.

Bei dieser Notiz war das aber etwas gaaaanz anderes: