Von Monster zu Monster

Vor ziemlich genau einem Jahr widmete sich das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in einer langen, langen Titelgeschichte dem Phänomen Google. Wortreich schürten die Autoren allerlei diffuse – und zum Teil auch zweifellos berechtigte – Ängste. Google sammle „alles über uns“, behauptete der „Spiegel“, und rief panisch das „Ende der Privatheit“ aus.

Für Stammleser kam diese Warnung nicht überraschend: Wenige Wochen, bevor der „Spiegel“ es sich zur Aufgabe machte, die Leser seiner Printausgabe über dieses allwissende Monster im Netz ins Bild zu setzen, schwadronierte ein Kommentator auf „Spiegel online“, Google wolle „die Weltherrschaft“ an sich reissen.

Das Zähneklappern war im deutschsprachigen Raum noch nicht verklungen, als sich der „Spiegel“ diese Woche erneut mit einem Internet-Giganten beschäftigte. Thema war allerdings nicht – was naheliegend gewesen wäre – das Online-Lexikon Wikipedia, das in diesen Tagen seinen zehnten Geburtstag feiert, sondern „Facebook & Co.“.

Wenig überraschend malt der „Spiegel“ seine datenschutztechnischen Endzeitvisionen auf einer Grundierung, die mit jener des apokalyptischen Google-Bildes praktisch identisch ist. Belege? Fehlanzeige. Die Verfasser räumen selber ein, dass „echte Schurkereien bislang nur vereinzelt vorkommen“; „zermürbend“ wirke „vor allem der Normalfall“.

Zermürbend für wen? Für jene, die mit vorgehaltener Pistole dazu gezwungen werden, bei Facebook ein Konto anzulegen? Oder für jene, die zuschauen müssen, wie die Leser von morgen ins Internet davonlaufen?

Wer sich durch den Wust aus Halbwahrheiten und Vermutungen kämpft, kommt trotzdem oder gerade deshalb zum Schluss: etwas Gefährlicheres als Facebook (und, eben: Google) hat die Menschheit noch nicht gesehen. Indem die Leute ihren Freunden auf Facebook arglos mitteilen, dass sie am 4. Februar das „Halunke„-Konzert im Badener „Nordportal“ besuchen oder sich bei Google nach dem aktuellen Regierungschef von Tunesien erkundigen, füttern sie nichts ahnend Ungeheuer, die sie in absehbarer Zeit bis auf das letzte Tröpfchen Privatsphäre ausgesaugt haben werden.

„Die Unersättlichen“ nennt der „Spiegel“ Facebook und Google und artverwandte Internet-Unternehmen mit unverholener Empörung darüber, mit diesen Nutzer-Daten „Milliarden-Geschäfte“ zu betreiben.

Doch darüber, dass der „Spiegel“ – wie alle anderen Verlage auch – seinerseits sehr scharf auf die werberelevanten privaten Daten seiner Kundschaft ist und nichts unversucht lässt, um an diese Angaben zu kommen, steht weder in der Google- noch in der Facebook-Story auch nur ein Wort.

Die für die Datenjagd nötige Falle stellte der Verlag im selben Heft auf; gleich hinter der Geschichte über das böse Facebook:

Noch kein Termin; sorry.

Zuohren all jener, die sich seit dem 3. Januar mit schöner Regelmässigkeit danach erkundigen, wann wir es tun:

Wir tuns nicht im Frühling und wir tuns nicht im Sommer. Vielleicht tun wirs im Herbst – und vielleicht tun wirs erst nächstes Jahr. Tun tun wirs sicher (zumindest gehe ich davon aus). Vorher müssen wir einfach noch ein paar…nun ja:…Dinge regeln. Wenn wir es dann tun, oder vielmehr: bevor wir es tun, geben wir euch bestimmt Bescheid. Immerhin fehlen uns noch ein einige Sachen für die gemeinsame Wohnung. Und verreist sind wir jetzt auch schon seit einem geraumen Weilchen nicht mehr.

Wir freuen uns ehrlich und aufrichtig über euer Interesse. Wir hätten nie gedacht, dass das für unsere Verwandten, Bekannten und sonstwie Zugewandten so eine Sache sein würde; vor allem deshalb nicht, weil wir uns so grosse Mühe gemacht haben, es geheim zu halten. Aber eben: Neues gibts zum Thema beim besten Willen nicht zu berichten.

Wir morden weiter

Krimifreunden stockt vor Freude das letzte verbliebene Blut in den blassen Adern: Im Herbst 2012 erscheint der dritte Band der Anthologie „Mordsgeschichten aus dem Emmental“. Das hat unsere Verlegerin Verena Zürcher vom Landverlag ihren Autorinnen und Autoren heute bekanntgegeben.

Bevor wir die nächsten Leichen in den verwinkelten, düsteren und kaum zugänglichen Emmentaler Kellern verstecken, halten wir das Publikum mit bereits erschienenen Kurzkrimis bei Laune. Am 2. April lädt das Gasthaus Bäregghöhe in Trubschachen zu einem Menu litéraire, an dem mein BZ-Kollege Hans Herrmann, Frank Gerber, Esther Pauchard (als Gast des Nydegg-Verlages) und ich unserer kriminellen Energie freien Lauf lassen dürfen. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Frühere Lesungen an den Burgdorfer Krimitagen oder in der Heimstätte Bärau haben gezeigt: Wer sich ein Plätzchen reserviert, ist nicht schlecht beraten.