Weihnachten in Australien: das ist so ein Mythos von Barbecues im weissen Strandsand und jungen Leuten mit lustigen Samichlausmützen auf den Köpfen, die sich neben einem kleinen Plastiktannli mit eisgekühltem Bier zuprosten, während die Sonne blutrot flackernd hinter den schäumenden Wellenkämmen mit den dreieckigen Haiflossen drauf am wolkenfreien Horizont versinkt.
Tatsächlich ist Weihnachten auch in Australien: vor allem ein huere Gstürm. Wer es auf den verstopften Highways nach Stunden in die Stadt geschafft hat, steht vor gigantischen Warenhäusern endlos Schlange. Drinnen: Weihnachtslieder vom Endlosband plus Legionen von Last Minute-Shopperinnen und -Shoppern am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Besinnlichkeit? Ruhe? Innere Einkehr? Chasch dänke.
Wer schenkt wem was, was er oder sie ihm oder ihr nicht schon letztes Jahr geschenkt hat und was er oder sie nach den Feierlichkeiten sogar gebrauchen könnte? Das ist die grosse Frage, die nicht nur die Leute in Burgdorf, Zug und Baden, sondern auch die Bevölkerung von Sydney und Umgebung umtreibt.
Jene wenigen, die nicht mit Einkaufen beschäftigt sind, machen sich anderweitig nützlich: Sie dekorieren das Haus bis an die Grenze zur Hauptstrasse mit Myriaden von bunten Blinklichtern an kilometerlangen Kabeln, montieren elektrische Esel und Ochsen aufs Dach oder sammeln, als Rentiere verkleidet, Geld für krebskranke Kinder.
Einig ist allen, dass sie finden, heuer seis mit dem Feiertagsstress ganz besonders gestört. Und dass jeder fest davon überzeugt ist: Mit seinen paar Einkäufchen und den paar Lämpchen an der Fassade gehört er oder sie nicht zu den (schein-)heiligen Hysterikern, die diesen Wahhnsinn immer mehr ins fast Unerträgliche weitertreiben.
Weihnachten in Australien ist also genau wie Weihnachten in der Schweiz – nur ohne Schnee und bei 30 Grad im Schatten. Immerhin.