Mengenlehrer

„Hey! Teacher! Leave us kids alone!“:

Wenn die Lehrer der Forderung von Pink Floyd damals nachgekommen wären, hätte ich mich ziemlich einsam gefühlt:

Der Vater meiner Mutter: Lehrer.

Mamma mia: Lehrerin.

Die Schwester von Mamma mia: Lehrerin.

Meine Schwester: Lehrerin.

Der Mann meiner Schwester: Lehrer.

Der Brüetsch meines Vaters: Lehrer.

Die Schwester meines Vaters: Kindergärtnerin und Heilpädagogin.

Eine Cousine: Lehrerin.

Der Mann dieser Cousine: Lehrer.

Der Cousin meines Vaters: Lehrer.

Die Tochter des Cousins meines Vaters: Lehrerin.

Und so wohl weiter und so wohl fort.

Dazu kamen im Lauf der Jahrzehnte naturgemäss unzählige Freunde und Bekannte meiner Verwandten, die ebenfalls pädagogisch aktiv sind oder waren. Falls es jemals ein Treffen all jener Leute geben sollte, die mich durch meine Kindheit und Jugend begleitet haben – ich würde versuchen, die Gesprächsthemen vorab herauszufinden, damit ich mich darauf vorbereiten und dann immer die richtigen Antworten geben kann.

(Wobei: Ich habe nichts gegen Lehrer, wirklich nicht. Von vielleicht einem halben Dutzend  Ausnahmen abgesehen, hatte ich mit keinem und keiner von ihnen nennenswerte Probleme. Eine Aushilfslehrerin – es handelte sich nicht um die Dame auf dem Bild – hätte ich sogar vom Fleck weg geheiratet; leider hatte sie unüberwindbare Bedenken wegen des Altersunterschiedes, was ich als Primarschüler nur schwer nachvollziehen konnte).

Als mein Schwager gestern in grosser Runde seinen 50. Geburtstag feierte und mein Schatz (Journalistin), mein Brüetsch (Journalist), dessen Schatz (Journalistin) und ich (Journalist) so zusammensassen, merkte ich auf einmal: das Blatt beginnt sich zu wenden. Wir Medienleute machen in dieser Familie langsam, aber sicher, Boden gut. Jetzt müssen wir beiden Pärchen nur noch, sagen wir, je sechs Kinder haben und diese dann möglichst zwanglos ebenfalls in den Journalismus müpfen – und schon haben wir: DIE MACHT.

Ich habe zwar keine Ahnung, ob das irgendjemandem irgendetwas bringen könnte. Sehr vieles würde sich vermutlich nicht ändern. Abgesehen davon bin ich mit all den Lehrerinnen und Lehrern um mich herum – um jetzt einmal masslos zu untertreiben – gar nicht sooo schlecht gefahren, als dass heute schon mit viel Manpower und weiblichem Goodwill ein Putsch eingefädelt werden müsste.

Trotzdem und nur, damit niemand übermütig wird: Wir sind schon einige. Und wir werden vielleicht immer mehr….

Wir entfernen einen Meniskus

An diesem Morgen des Freitag, 13. August, ist es also endlich soweit: Chantal kann nach einem längeren Gang durch x Arztpraxen und Instanzen (was die Sache womöglich nur noch schlimmer gemacht hat; eigentlich wäre weitestgehende Schonung angezeigt gewesen) ihren kaputten Meniskus herausoperieren lassen.

Ich persönlich verstehe nicht ganz, wieso sie sich dafür extra ins Spital bemüht. Mithilfe dieses Videos könnte ich das problemlos auch selber und erst noch wesentlich günstiger erledigen. Aber nein: lieber fährt frau dafür nach Zumikon in eine teure Klinik und lässt Menschen an und in ihrem Bein herumfummeln, die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hat.

Aber gut: sie muss es wissen.

Falls etwas schiefgehen sollte, soll sie dann nur nicht kommen und fragen, ob ich den Murks ausbessern könnte. Das würde ich nicht tun.

Selbst wenn sie mich auf Knien darum bittet.

Nachtrag, gegen Abend: Alles in Ordnung. Der Meniskus wurde zwar nicht entfernt, sondern wieder angenäht. Und die Patientin kann auch nicht, wie angenommen, demnächst wieder Sport treiben, sondern muss rund sechs Wochen an Krücken gehen. Ansonsten aber: Fall erledigt.

Am Tag danach sah das Knie so aus:

Man hat sie einfach gerne zu haben

Vorhin, am Kebabstand: Ich wollte ein Mineralwasser holen und wartete, bis der Mann hinter der Theke mit der Fleischabschaberei fertig war. Von links schlenderte ein Herr mit einem halbhohen und nicht angeleinten Hund daher. Er postierte sich in Atemriechnähe hinter mir. Sein Hund wartete  Zentimter neben meinem Bein auf das Kommando zum Sitzen. Rund um uns wäre genügend Platz für hundert Männer mit Kühen gewesen. Aber nein: Der Typ rückte mir so nahe auf die Pelle, dass ich glaubte, seinen Hemdkragen an meinem Hals zu spüren. Der Hund bellte wie am Kebabspiess drauflos, obwohl es weit und breit nichts anzubellen gab.

Ich drehte mich um, musterte den Mann mit dem bösesten Blick, den ich auf Lager habe, und zischte: „Können Sie mit ihrem blöden Hund nicht ein bisschen weiter hinten anstehen?“

Das heisst: Ganz genauso sagte ich das natürlich nicht. Streng genommen, sagte ich überhaupt nichts. Ich liess mir das Wasser aushändigen und ging. 

Irgendwie scheinen sämtliche Hundehalter und -halterinnen zu glauben, dass die Leute auf  der Strasse, im Restaurant, in Unterführungen oder in Parks Hunde genauso gerne haben wie sie. Auf die Idee, dass es jemandem unangenehm sein könnte, auf einmal auf Tuchfühlung mit einem wildfremden Fleischfresser zu sein, kommen sie nicht. Oder wollen sie nicht kommen. Das ist schliesslich auch nicht ihr Problem.

Das selbe Phänomen lässt sich bei Singlemüttern mit Kleinkindern beobachten. Sobald man im Zug sitzt, entert garantiert eine überforderte Alleinerziehende das Abteil und besetzt mit ihrem quengelnden Nachwuchs plus Gepäck für drei Monate Nepal die freien Plätze gegenüber und neben dem Sitz, auf dem man es sich gerade gemütlich gemacht hat. 

Normalerweise versucht jeder, ein Viererabteil für sich zu ergattern. Alleinerziehende Mütter ticken anders. Woran das liegt? Ich weiss nicht. Vielleicht suchen sie jemanden, von dem sie annehmen dürfen, dass er auch mal eine Antwort gibt, statt immer nur zu sabbern und zu brüllen.  Möglicherweise brauchen sie auch nur einen neuen Papi für ihre Laras und Lucas.

Eines Tages, wenn ich gross bin, werde ich tatsächlich ausrufen, dass Gott erbarm. Und dem Hundehalter oder der Mutter ins Gesicht mitteilen, dass sie zwischen mich und ihr Viech oder Kind gefälligst einen Mindestabstand von, sagen wir, zwei Metern legen sollen. Dass meinerseits nichts sei mit „Oh! Bist du ein schöner“ und „Jööö, bis du ein herziges!“ 

Das Dumme ist, dass ich damit vor allem diejenigen erschrecken werde, die gar nichts dafür können. Und dass die dann nur noch lauter bellen und plärren.

2010: einfach s Zähni

Oha: Die erste Halbzeit des Jahres 2010 ist bereits vorüber. Wenn ich so auf die letzten acht Monate zurückblicke, muss – oder darf – ich sagen: besser konnte es gar nicht laufen.

– Alle Menschen, die mir etwas bedeuten, sind zwäg, zufrieden und – soweit ich das beurteilen kann – gesund.

– Mein Schatz bleibt mein Schatz.

– Mein Brüetsch, der alte Singletopf, hat den perfekt passenden Deckel gefunden.

– Die Pfunde purzeln.

– Ich habe die sehr, sehr aussergewöhnliche Chance erhalten,  einen Job, in dem ich mich praktisch frei entfalten kann, gegen einen Aufgabe einzutauschen, bei der ich mich auf einer noch grösseren Fläche austoben darf.

– Seit März lebe ich in einer wunderschönen Wohnung.

– Mit den Konzerten von Toto und Mark Knopfler erlebte ich in Locarno vier kaum mehr zu überstrahlende musikalische Sternstunden.

– Ich habe flotte Leute kennengelernt, die ich live und schriftlich auf keinen Fall mehr missen möchte.

– Marius verteidigt seinen Titel als weltbester Göttibueb auch heuer, ohne sich dafür auch nur im Geringsten anstrengen zu müssen.

– Ich entdeckte wunderschöne Orte und Örtchen (neu).

– Es gibt niemanden, mit dem ich dermassen Krach hätte, dass einer von uns die Strassenseite wechseln müsse, falls wir uns begegnen sollten.

– Im Jahr 7 meiner Alkohol-Trockenzeit ist es mir nach wie vor vögeliwohl.

Und das Beste daran ist: Wir haben erst August!