Stadtbilder (8)

Der Andrang zum Gertsch-Museum hält sich im Rahmen. Obwohl: drinnen wäre es wohl spürbar kühler als draussen, wo 32 Grad das Stadtleben praktisch zum Erliegen gebracht haben.

Das grosse Plangen

Zugegeben: Es mag für die Leserschaft ein wenig bemühend sein, hier dauernd zu lesen, dass ich mich wie blöd auf die Konzerte von Toto und Mark Knopfler auf der Piazza Grande in Locarno freue.

Wer räuspernd darauf hinweist, es wären im Fall noch andere Themen denkbar, hat recht. Trotzdem: Für mich gibt es seit Tagen nichts Wichtigeres als diese beiden Gigs. Warum das so ist, weiss ich nicht genau; ich habe die Bands schon zigmal gesehen und gehe nicht davon aus, dass sie am Moon & Stars das rockmusikalische Rad neu erfinden. Ich weiss heute schon, was von Toto und Knopfler gespielt werden wird. Und meinen Platz kenne ich ebenfalls: links vor der Bühne, beim Abfallkübel. So betrachtet, ist alles Routine.

Eigentlich.

Nur: dass Toto da sind, ist ein Wunder. Eigentlich haben sie sich aufgelöst. Aber für ihren schwer kranken Basser Mike Porcaro machen sie sich ein letztes Mal auf die Reise; sie spenden sämtliche Einnahmen aus dieser Tournee ihrem Kumpel und dessen Familie.

Was Knopfler betrifft: Wenn Gott vorbeikommt, sagt man ihm Hallo. So einfach ist das.

Aber eigentlich mag ich gar nicht darüber nachdenken, wieso ich mich fühle wie ein Teenager vor dem ersten Kuss mit Scharf und allem. Deshalb plange ich jetzt einfach weiter darauf, dass die Lichter auf der Piazza ausgehen und Toto mit „Child’s anthem“ loslegen:

Am Schwanenzugersee

Auch wenn die Schwäne wegen ihres nur mässig ausgeprägten Reinlichkeitssinnes nicht von allen Menschen gleichermassen gemocht werden: schön und herzig und elegant und alles sind sie. Dieser Familie, die in aller Ruhe das Zugerseeufer nach Essbarem absuchte, hätte ich stundenlang zuschauen können. Aber dann standen beim Bootsverleih 50 Meter weiter links auf einmal Kinder mit vielen, vielen Brotresten – und weg waren die Vögel.
 

Nächstes Mal bringe ich ihnen eine Kirschtorte mit.

Alles und doch nichts verpasst

Das war aber auch wieder eine Aufregung in den letzten Tagen:

Die Schweiz habe „eine neue Fichenaffäre“, stand am Donnerstag in den Zeitungen.

Tags darauf überraschte der ehemalige Geheimdienstchef mit der Aussage, „Politiker wollen sich profilieren“. Und die Möchtegern-Miss Schweiz mit dem Statement, „Tierquälerei törnt mich ab“. Weiter wurde berichtet, dass Nayla Hayek den Job ihres Vaters übernehme.

Am Samstag erfuhr „das Volk“, es müsse „Millionen für das Bärenpark-Debakel zahlen“ und dass ein paar Kantone Mühe mit der Lehrerrekrutierung haben. Die Berner Regierungsräte gaben ihre Ferienziele bekannt.

Gestern: Abschied von Hayek, Auftritt von Collins.

Von all dem habe ich nichts mitbekommen. Denn seit letztem Donnerstag bis und mit heute Morgen habe ich keine einzige Zeitung durchgeblättert und nicht eine Nachricht im TV gesehen. Die Fussball-WM findet sowieso ohne mich statt.

Stattdessen: Sonne, See und Schwäne. Glacé, Bücher, Hängematte. Friede, Freude, Pfirsichwähe.

Eigentlich müsste ich micht jetzt fast hintersinnen, so vieles verpasst zu haben.

Aber ich mir sicher: genau deswegen habe ich wunderbarerweise sehr vieles nicht verpasst.