Hallo, Nemo!

Ich weiss nicht, wie oft ich schon im Vivarium des Dählhölzli stand und in ein Aquarium nach dem anderen starrte, um einmal diesen famosen Nemo zu sehen, der es vor ein paar Jahren vom kleinen Fisch zum Filmstar gebracht hatte.

Und ich weiss auch nicht, wie oft ich mich dabei fragte, wieso die Kinder im Vivarium immer so ein Gschiiss veranstalten, wenn sie diesen Nemo ebenfalls nicht sehen; meist wälzen sie sich vor den Augen ihrer begeisterten Eltern („er ist halt ein lebendiger Bub!“) auf den Boden und schreien stundenlang wie am Spiess. Oder hauen mit ihren Fäustchen ans Panzerglas, bis unter den Wildsauen an der Aare der Boden bebt. Letztlich ist ja Fisch Fisch, finde fand ich. Im Übrigen werden diese Hollywood-Leute sowieso überbewertet; abgesehen von

 

meiner Meg, natürlich.

Aber dann…

…dann schickte mir die eine meiner beiden Lieblingsgusinen dieses Bild:

Offenbar ist es ihr problemlos gelungen, Nemo nicht nur zu entdecken, sondern auch noch zu fotografieren.

Jetzt weiss ich, wie Nemo aussieht. Und wieso ihn alle so toll finden (falls sie ihn finden): Er ist wirklich ziemlich herzig, der Kleine; muss ich sagen. Nicht ganz so herzig wie Meg, vielleicht.

Aber doch sehr, sehr herzig.

Gratulieren mit Kuno und Bruce

Darauf freuen mein Schatz und ich uns schon lange: Heute Abend sind wir bei der Freundin von meinem Brüetsch zum Geburtstag eingeladen. Die Frage ist: was schenken? Keine schlechte Idee wäre, ihr vom Radio einen ihrer Lieblingssongs von Züri West oder Bruce Springsteen spielen zu lassen, “für d Judith und alli, wosi känned”. Aber irgendwie… 

Drum machen wir das jetzt einfach so.

Je älter, desto Mister

Die Mister Schweiz-Wahlen haben mich bisher genauso interessiert wie die Koalititonen im Parlament von Kirgistan oder der Tourneeplan von Natacha Schär. Aber seit ich Tür an Tür mit einem der 16 Kandidaten arbeite, sehe ich das ein wenig anders. Es ist nicht so, dass ich im Hinblick auf das Finale von heute Abend vor lauter Aufregung nicht mehr schlafen könnte. Aber lässig fände ich es halt schon, wenn Sandro Sabatini seine kleine Chance packen könnte.

Unter dem Titel “Er macht jeden Seich mit” habe ich in der BZ diese Woche Folgendes über meine Trottoir-Bekanntschaft mit dem Möchtegern-Mister geschrieben:

Am Anfang, vor einem Jahr oder so, war er einfach ein Personalberater aus dem Büro im Parterre an der Poststrasse 10 in Burgdorf. Wenn der Journalist nach draussen ging, um zu rauchen, sah er den Jobvermittler an seinem Schreibtisch sitzen und mit Arbeitslosen reden oder mit Leuten, die eine neue Herausforderung suchten.

Irgendwann sassen die zwei Männer neben dem Haus, in dem sie arbeiten, auf einem Bänkli. Der Personalberater blätterte in einem Ordner voller Trainingspläne. Er sei Spielertrainer des FC Goldstern, sagte er, und müsse noch etwas vorbereiten. Ach ja: Er heisse Sabatini. Sandro Sabatini.

In der Folge trafen sich die beiden fast jeden Tag ein- bis zweimal auf dem Trottoir. Nach und nach erfuhr der Journalist mehr über seinen Pausenkollegen. Er boxe und snöbe gerne und fahre oft Kajak auf der Aare, erzählte Sabatini. Und gestand, nicht Italienisch zu können. Das sei ihm insofern etwas peinlich, als es sich bei seinem Vater um einen waschechten Römer handle.

Vor kurzem habe er eine grosse Südamerika-Reise unternommen und dabei intensiv über sein Leben nachgedacht. Er sei «offen für alles» und träume nicht jede Nacht davon, in seinem Personalbüro pensioniert zu werden. Angst vor fremden Wegen habe er nicht. In seinem Kollegenkreis sei er als bekannt als derjenige, «der jeden Seich mitmacht».

Trotzdem staunte der Journalist nicht schlecht, als ihm Sabatini bei einem dieser Trottoirtreffen eröffnete, im Herbst an den Mister-Bern-Wahlen teilzunehmen. Dafür habe er sich selber angemeldet. Nur zum Plausch mache er nicht mit: «Ich will gewinnen. Und nachher kandidiere ich als Mister Schweiz.»

Um den Prominentenstatus gehe es ihm weniger, versicherte der Bremgartner unter freiem Himmel, aus dem inzwischen Schnee fiel. Dass er als Mister Schweiz wie eine Trophäe von Gewerbeausstellung zu Galadinner gereicht werde, nehme er in Kauf. Was für ihn zähle, seien die Kontaktmöglichkeiten zu Entscheidungsträgern aus den unterschiedlichsten Sparten. Und die damit verbundene Chance, beruflich weiterzukommen.

Am 21.November 2009 hatte Sandro Sabatini die erste Etappe auf dem Weg zu seinem Ziel geschafft: Mühelos gewann der Single die Wahl zum Mister Bern. Als Leistung mochte er den Sieg nicht betrachten: «So ungeschickt, wie sich meine drei Mitbewerber teilweise angestellt haben, hatte ich ja kaum Konkurrenz», sagte der etwas bleiche, ansonsten aber bemerkenswert fit wirkende Sieger anderntags. In seiner Stimme schwang keinerlei Arroganz mit. Aber viel Realismus.

Wenig später zeigte die «Schweizer Illustrierte» sein Konterfei inmitten der Gesichter der anderen 15 Mister-Schweiz-Anwärter auf dem Titelbild. Damit zählte Sabatini zum erweiterten Kreis der Cervelatprominenz. Doch er tat, als ob ihn das höchstens am Rande betreffen würde. Von sich aus kam er so gut wie nie auf den für ihn so wichtigen Wettbewerb zu sprechen.

Nur einmal – er hatte soeben seine persönlichen Autogrammkarten erhalten – eilte er aus dem Büro, um dem Journalisten mit cooler Geste ein handsigniertes Exemplar «für den Paparazzo» in die Hand zu drücken.

In den letzten Wochen sind die Kontakte zwischen dem Personalberater und dem Schreiber rarer geworden. Das liegt weniger am Reporter, der sich nach wie vor die eine und andere Zigarette an der frischen Luft gönnt. Es liegt vor allem an dem Programm, das die Mister-Schweiz-Kandidaten zu absolvieren haben, bevor sie am Samstag in Genf gegeneinander antreten.

Sandro Sabatini verschwand mit seinen Konkurrenten für ein paar Tage auf eine Alp, auf der er lernte, Interviews zu geben und sich misterkonform zu benehmen. Anschliessend verbrachten die 16 Beaus eine Woche in der Westschweiz, wo das Fernsehen sie für eine Dokumentation in fast allen Lebenslagen filmte.

Kaum aus der Genferseeregion zurück, war Sabatini schon wieder weg: Für Fotoshootings wurden die Männer nach Ägypten geflogen. Der Journalist in Burgdorf war nicht im Geringsten erstaunt, als er seinen Pausengesprächspartner statt auf dem Trottoir auf einmal auf der letzten Seite der Berner Zeitung entdeckte. In der Hitze Nordafrikas posierte Sabatini im grauen Anzug samt blütenweissem Hemd für die Kameras. Die linke Hand ruhte leger auf dem Hals eines Kamels.

Ob er sich mit seinen 30 Jahren nicht ein wenig zu erwachsen fühle, um bei solchen Wettbewerben und dem ganzen Drumherum mitzumachen, wollte der Reporter eines Morgens von Sandro Sabatini wissen. Dieser winkte ab: Nach all den eher keimfrei und kantenlos wirkenden Herren, die bisher zu Eidgenossen des Jahres erkoren wurden, sei es «höchste Zeit für einen alten, wilden Mister Schweiz».

Wer Sandro Sabatini wählen will, wählt heute Abend 0901 83 30 12.  Ein Anruf kostet 90 Rappen. Aber: es ist ja für einen guten Zweck, irgendwie.

Nachtrag: „Mein“ Mister hats nicht geschafft. Nicht einmal ins Finale.