Ich sehe gerade: das ist der 1500. Beitrag in diesem Blog. Weil mir dazu nichts einfällt, stelle ich den freien Platz allen Leserinnen und Lesern zur Verfügung, die wie dieser Hund in den Dünen von Maspalomas einen Raum suchen, in dem sie in aller Ruhe ihren Gedanken nachhängen können.
Wer noch mehr Platz benötigt – bittesehr:
Für eine geschmeidige Rückkehr in die reale Welt gibts hier nochly Musik:
Manche Leute gurken einen schon nach den ersten zwei Worten an.
Dienstag, 23. März 2021, 16.40 Uhr
Mit dem Laptop in der Hand ging ich zum Lift. Nachdem ich auf den Knopf gedrückt hatte, begann es im Schacht zu surren. Dann machte es „Pling“. In dem Moment, in dem ich die Kabine betrat, hörte ich eine weibliche Stimme „Luggi, luggi!“ rufen. Und, dringlicher, noch einmal: „Luggi, luggi!““
Sekunden später stand eine Frau, die ich nie zuvor gesehen hatte (wasserstoffperoxidierte und auf Kim Wilde getunte Haare mit eingebauter Sonnenbrille, weisses XXL-Shirt, fleischkäsefarbene Turnschuhe, Kussmund-Strandtasche oder kurz: Typ Mandy vom „Nail’s & More“ in einer Seitengasse der Düsseldorfer Fussgängerzone, leicht angewelkt) vor mir.
Ich hielt einen Fuss vor die Aufzugoffenhaltlasslichtschranke und liess meine offenbar neue Stockmitbewohnerin zusteigen, obwohl pro Fahrt wegen Corona nur eine Person erlaubt ist und mir die aktuellste Ex vom Bergdoktor als Begleitung sehr viel lieber gewesen wäre, auch wenn sie demnächst schwanger nach New York auswandern wird.
Ausser der Frau war weit und breit niemand zu sehen. Ich begann zu ahnen, dass sie mit „Luggi, luggi“ mich gemeint haben musste.
Doch „Luggi, luggi!“? Mitten in der Zivilisation?
Um sicherzugehen, erkundigte ich mich nach zwei, drei Etagen Schweigens höflich nach dem Verbleib ihres Hundes.
„Hund? Welcher Hund?“
Nichts an ihrem Tonfall wies darauf hin, dass meine Frage sie dazu veranlasst haben könnte, sich spontan auszumalen, wie sie mich asap fast platzend vor Glück ihrer Familie vorstellt.
„Wegen ‚Luggi, luggi!…‘
„Luggi, luggi“ benutze im Ausland jeder, um andere auf sich aufmerksam zu machen, gab sie kurz angebunden zurück. Das sei Englisch und funktioniere überall.
Mit sich hochrollenden Zehennägeln begann der kleine Watson in meinem Gehirn zu kombinieren: „Schau her, schau her!“–> „Look, look!“–> „Luggi, luggi!“
„Auf ‚Hallo‘, oder ‚entschuldigen Sie‘ reagiere ich sofort“, glaubte ich irgendweshalb, sie wissenlassen zu müssen. „Luggi, luggi!“ hingegen klinge für mich mehr nach entlaufenem Haustier.
Englisch gehe immer, wiederholte sie patzig. Das Thema war damit ausdiskutiert.
Sanft ruckelnd kam der Lift zum Stillstand. Ich liess die Frau vor mir ins Freie treten. Auf ihrem rechten Schulterblatt bemerkte ich ein chinesisches Schriftzeichen.
„Hoffentlich heisst das nicht, wie du glaubst, ‚Gib jedem Tag die Chance, zum schönsten deines Lebens zu werden‘ oder so“, dachte ich, „sondern etwas im Sinne von ‚Ein bisschen doof ist niedlich, aber ich bin wirklich oberherzig'“.
Dann guckte ich ihr nochly dabei zu, wie sie an der Kreuzung Restaurant-Fitnessraum-Toiletten den Weg zum Poolbereich suchte. Dieser Teil des Hotels war jetzt, Mitte Nachmittag, verwaist. Sie könnte noch so laut „Luggi, luggi!“ schreien – kein Mensch würde sie beachten.
Hätte sie auf den Boden geschaut, wäre ihr möglicherweise etwas aufgefallen…
Manchmal, wenn Gäste da sind, läuft unten am Pool Musik. Wie ein langer, ruhiger Fluss fliessen durch mein Büro im 12. Stock dann stundenlang in Samt und Seide gebettete Hits aus dem letzten Jahrtausend.
Manche dieser Lounge-Versionen entbehren nicht eines gewissen Etwas. Einige hätten uneingespielt bleiben können, ohne, dass die Menschheit von Mangelerscheinungen geplagt worden wäre.
So oder so lässt es sich auf diesen Klangteppichen entspannter arbeiten als in Hotels, in denen vom Morgen bis am Abend Presslufthämmer dröhnen und Bohrer kreischen, weil deren Besitzer die Touristenflaute dazu nutzen, ihre Häuser auf Vordermann zu bringen in der mit schwindender Kraft aufrechterhaltenen Hoffnung darauf, dass irgendwann wieder einmal Besuch kommt.
Interessant ist (ämu für mich; es mag Leute geben, die derlei in einem weniger ausgeprägten Masse beschäftigt): keines der Lieder, die in Playa del Inglés den Soundtrack meiner Zimmerstunden bilden, bleibt im Kopf hängen, wenn es verklungen oder unmerklich ins nächste übergegangen ist.
Ein – wenn nicht gar der – Grund dafür mag sein, dass es in Spanien keine Ohrwürmer gibt, beziehungsweise: dass es den Spanierinnen und Spaniern in der sich nun auch schon wieder über 1,4 Millionen Jahre erstreckenden Geschichte ihres Landes nicht gelungen ist, das Wort „Ohrwurm“ zu erfinden und im Wortschatz zu verankern (und das als Angehörige einer Seefahrernation).
Dabei wäre nichts leichter als das: auf Spanisch heisst „Ohr“, wie jeder Iberer mühelos im Fremdwörterduden nachschlagen könnte, „oído“ und Wurm „gusano“. Aber statt von einem oídogusano sprechen die Leute zwischen den PiriPyrrPhyrä Bergen im Norden und Gibralter und auf den zu ihrem Königreich gehörenden Inseln lieber von einer „melodia pegadiza“, was soviel bedeutet wie „klebrige“ oder „ansteckende“ Melodie.
Wenn man lange genug mit aller gebotenen Openmindigkeit darüber nachdenkt, treffen sie den Kern der Sache damit mindestens so gut wie wir schollenverbundenen Schweizer mit unserem Wurm, wenn nicht sogar präziser.
Dafür haben wir an der Fussball-WM 2010 gegen sie gewonnen, aber das nur der Vollständigkeit halber, und um das letzte Wort zu haben.
Ihre mannigfaltigen sportlichen Defizite machen die Spanienden mit menschlicher und meteorologischer Wärme, kulinarischem Esprit, Doping und Musik jedoch locker wett.
Viele Lieder, die aus heruntergekurbelten Autofenstern und Beizenboxen an meine oídos dringen, hätten auf dem Festland womöglich das Zeug zu Hits (gehabt), wenn die Künstlerinnen und Künstler sie massenkompatibel auf Englisch statt in ihrer Muttersprache eingesungen hätten.
Offenhörbar kam für sie der Stolz jedoch vor dem Stutz. Das ist ganz besonders in dieser Branche nicht selbstverständlich und veranlasst den Bewohner eines Kontinents, auf dem die deutschstämmigen Modern Talking, Tokio Hotel oder Scorpions trotz (oder amänd gar wegen?!?) ihres Schulenglisch Millionen von Platten verkauften, zum respektvollen Lüften seines imaginären Hutes.
Über allen thronen seit gefühlt immer die Héroes del Silencio. Deren „Entre dos tierras“
ist allerdings keine Neuentdeckung, sondern zig Menschen in der Schweiz bestens bekannt: es gehört zum unfassbar breitgefächerten Repertoire zweier Plattenaufleger aus Burgdorf, die heuer aus Gründen noch nicht bis zum Anschlag ausgebucht sind (+41 76 537 74 84).
Mein Nachtleben in Playa del Inglés ist ein brandneues Thema, mit dem sich noch kein Mensch je beschäftigen musste. Trotzdem – nein, deshalb! – gehört es jetzt auf den Tisch, von Fachleuten in Taskforces analysiert und echten Experten im Internet kommentiert und dann den Kantonen zur Stellungnahme vorgelegt.
Bis sie uns ihre Antworten in zwei Wochen faxen, beobachten wir die Lage mit all der Aufmerksamkeit weiter, die wir auf dem 314. Kilometer unseres Marathonlaufs in der Achterbahnspur noch aufzubringen fähig und willens sind.
Der Möglichkeiten, die Abende hier ähnlich sinnerfüllt zu gestalten wie die Tage, wären hier unzählige: vor Corona gab es im Süden der Insel zig Bars und Pubs und Openairbeizen und Discos und Swingerclubs und Karaokehöllen und Kinos und Locations für die LGBT-Community samt ihrem nichtbinären Anhang sowie regelmässige Gastspiele von international höchstrenommierten Kulturschaffenden.
Doch nun sind die Tempi des zügellosen Frohsinns passati und einsamen Stunden vor dem Fernseher im Hotelzimmer gewichen.
Selbst daraus lässt sich allerdings Lebensbereicherndes ziehen, zum Beispiel auf Entdeckungsreisen durch eine Filmlandschaft, für die neben all den Experimentaldokus auf Arte („Zwischen Kies und Kulturbeutel: die Männer in der Geröllwüste Usbekistans und ihre femininen Seiten“) und Sondersendungen zu unerklärlichen Naturphänomenen wie Schneefall und Eisesglätte im Februar
Wie Martin Gruber zwischen der millionenschweren Exfrau, die von ihm ein Kind erwartet, und seinem rehäugigen neuen Gspusi, für das er seinen verstaubten Estrich innerthalb weniger Sendeminuten zu einer schicken Dachwohnung umbauen liess, hin- und herswitcht und dabei nie das Wohl und Wehe seiner Patientinnen und Patienten aus dem Blick verliert: das hat schon etwas, auch wenn ich noch weit davon entfernt bin, den roten Faden, der das alles miteinander verbindet, zu erahnen.
Aber das spielt keine Rolle, solange der Kaffee schrumpft und – bisweilen legen die Autoren der Serie ihre Geschichten fast schon absurd weit von der Realität entfernt an – kein Virus die alpine Idylle verseucht.
Weiter schloss ich von meinem Bett aus Bekanntschaft mit dem „Staatsanwalt“, unter dessen immer gleich dreinblickenden Augen trotz „guter Nachbarschaft“ immer gestorben wird.
Wenns mit dem Einschlafen hapert, weil die vom „Bergdoktor“ bis an die Sollreissstelle angespannten Nerven weitervibrieren wie die Enden von Winnetous Pfeilen nach dem Einschlag in des weissen Mannes Brustbein, schaue ich der „Soko Leipzig“ beim Ermitteln zu, bis mich das Sandmännchen ins Land der Träume abführt.
Die Aufgaben und Arbeitsweisen dieser Truppe unterscheiden sich zwar nur in lokalen Nuancen von jenen der Sokos Wismar, München, Köln, Stuttgart und Potsdam. Mit Ina Zimmermann hat sie jedoch eine Kommissarin in ihren Reihen (wobei: was heisst „in ihren Reihen“? – als Chefin!), der ich auch Verbrechen gestehen würde, die ich nicht begangen habe, nur, um ein bisschen mit ihr plaudern zu können.
Mit der Frage, ob sie den „Bergdoktor“ kenne, könnte ich das Eis zwischen uns sicher schnell brechen. Die beiden treffen sich ja jeden Donnerstag zwischen 21.45 und 22 Uhr in der ZDF-Requisite, wenn er sein Stethoskop an die Wand hängt und sie die Pistole aus dem Spind holt.
Sollte es sich zufälligerweise um jenes Eis handeln, welches im Winter auch Leipzig völlig überraschend kaltstellte, gäbe es für uns auf dem Weg in die „längste Nacht“ vor lauter „Herzrasen“ wohl „kein Zurück“ mehr.
Nachtrag am 20. März 2021: Eine Leserin teilt mir soeben mit, ich würde in Sachen Bergdoktor „im Fall überhaupt nicht drauskommen“. Die Schwangere sei „nicht seine Ex-Frau, sondern eine Affäre“. Bei der Rehaugen-Anna handle es sich um „seine grosse On/Off-Liebe“.
Als ob ich an einem Flussufer sitzen und beobachten würde, wie Blätter an mir vorbeitreiben: so kommt es mir manchmal vor, wenn ich Hotelgäste kommen und gehen und kommen und gehen und kommen und gehen sehe.
Plusminus zweihundert Personen checkten in den anderthalb Monaten, in denen ich schon hierbin, ein und aus. Manche übernachteten nur zwei- oder dreimal. Die meisten quartierten sich für eine Woche ein.
Ihre Aufenthalte laufen nach einem Muster ab, das bestimmt seit ewig besteht. Es erschliesst sich mir aber erst jetzt in voller Pracht, wo es über längere Zeit vor mir liegt.
Den Anreisetag nutzen die Neuen zum Auspacken, Einräumen, Vorrätekaufen und, sobald die Sonne wie eine gigantische Blutorange hinter der Skyline von Playa del Inglés verschwindet, Aaen und Ooen auf dem Balkon.
Am nächsten Morgen stecken sie ihr Revier ab: erst sichern sie sich mit ihren Tüechli Plätze am Pool; sie können noch nicht wissen, dass sich auf den 20 Liegen jeweils höchstens vier Personen fläzen werden. Dann besetzen sie im Restaurant den Tisch, der am nächsten bei der Küche steht.
Vermutlich kommt das noch von früher her: wer direkt beim Höhleneingang hauste, hatte das vorbeischlurfende Mammut erwürgt, enthaart, filetiert und in Gefrierbeutel abgepackt, bevor die Mitbewohner im hinteren Teil auch nur darüber zu werweissen begannen, wer heute mit Jagen dran ist (damals entstand auch die bis heute gültige Jass-Faustregel, dass immer der oder die gibt, der oder die fragt, wer gibt).
Die weiteren Stunden verbringen die Bleichgesichter planschend, sünnelend und erste Kritikpunkte tripadvisorend („Immer die gleiche Musik im Lift“, „Aschenbecher nur auf Nachfrage“, „Zimmer nie vor 9 Uhr gereinigt“).
Beim Eindunkeln bitten sie den Diensthabenden an der Rezeption, für sie ein Taxi zu organisieren, obwohl freie Taxis im Halbminutentakt am Hotel vorbeifahren, und lassen sich zu einem original echt kanarischen Restaurant ausserhalb der Stadt chauffieren. Diesen Geheimtipp („Da essen die Einheimischen!“) hatte ihnen ein Kollege verraten.
Im „Playa Blanco“ sind dann weder Menschen aus dem Dorf noch andere Kundinnen und Kunden zu sehen, was insofern erstaunt, als es dem Lokal mit seinen weissblau gekachelten Wänden, Plastikpalmen, von der Decke baumelnden Styropormöven und Adriano Celentano im Lautsprecher keineswegs an südländischen Flair mangelt.
Der Mann checkt mit seiner Übersetzungs-App das Angebot
und ordert beim mässig motiviert wirkenden Kellner schliesslich das XL-Schnitzel mit Pommes, Ketchup und Mayo.
Die Frau entscheidet sich nach einigem Hin und Her – das Hin besteht aus Pouletschenkeln mit Kartoffeln und Gemüse, das Her aus einer Tortilla mit Schinken drin und einem Spiegelei drauf – für einen halben Tomaten-Mozzarellasalat „mit nix Käse“.
„Mozarellasalat mit nix Käse“, murmelt der Kellner, schüttelt kaum merklich den Kopf und tippt die Bestellung in sein iPad.
Mit den Worten „Meine Frau hat jetzt eben diese…Sache“ versucht der Mann, den beim Servicemitarbeiter offenkundig entstandenen Eindruck zu zerstreuen, eine Kundin vor sich zu haben, die ahnungslos durch die weite Welt der iberischen Spezialitäten tappt.
„Milchlaktose! Ich leide an einer Milchlaktose!“, korrigiert ihn die Frau in einer Lautstärke, die sicherstellen würde, dass sämtliche Umsitzenden von ihrer gastroenterologischen Indisposition Kenntnis nehmen müssten, falls um jemand sässe.
In aller Herrgottsfrühe gehts eine fast schlaflose Nacht („Die Matratzen sind viel zu weich“) später hinunter ans Meer für einen unbeschwerten Tag in den weltberühmten Dünen und kurz darauf sandgestrahlt zurück ins Hotel. Im windgeschützten Openair-Whirlpool erholt sich das Paar allen neuerlichen Widrigkeiten zum Trotz („Sprudel stellt immer wieder ab“) von den Strapazen des über 38 Höhenmeter führenden Aufstiegs von der Atlantikküste zur Unterkunft.
Er schläft, sie liest, und das nächste Mal, dass sie miteinander reden, wird sein, wenn sich beim Abendessen die Frage stellt, obs dazu ein Weisser oder ein Roter sein soll, wobei sie sich auch dieses Gespräch schenken könnten. Er will sowieso „erstmal ein Bier“ haben und sie einen Gin Tonic, und dabei bleibt es dann auch.
An den Tagen 3 und 4 ist von den beiden nicht viel zu sehen. Sie haben ein Auto gemietet, um „das andere Gran Canaria“ zu entdecken, von dem der Bekannte mit der Beiz so geschwärmt hat („Da sind Millionen von Mandelblüten. Die müsst ihr einfach gesehen haben!“).
Der Mann tuckert planlos über holprige Nebenstrassen und Feldwege, während seine Partnerin auf Google Maps nach Sehenswürdigkeiten Ausschau hält, oder umgekehrt. Letzteres ist zermürbender, als es klingt: die Qualität des Handyempfangs im mässig bevölkerten kanarischen Hinterland entspricht nicht ununterbrochen jener in, sagen wir, der Wolfsburger Innenstadt.
Mandelblüten entdecken sie keine, was auch daran liegen mag, dass diese nur von Januar bis Mitte Februar spriessen; auf Mallorca. Kurz vor der Deadline für die Wagenrückgabe eröffnet sich dem Duo dafür die einmalige Chance, sich bei einer Tankstelle in der Pampa für 5 Euro pro Person mit einem Eseli fotografieren zu lassen.
In meiner Fantasie teilt der lederhäutige Besitzer des Tieres den Fremden, die es mit dem letzten Tropfen Benzin zu seiner Garage geschafft hatten, nach ihrer Once in a Lifetime-Experience beiläufig mit, aus den Zapfsäulen nebenan fliesse seit Monaten kein Most mehr; „Covid, comprende? Economia kaputt.“
Der Virus trägt zweifellos auch die Hauptschuld daran, dass der von der Frau für den letzten Ferientag fixierte Shoppingbummel zu einer Sightseeingtour durch heruntergekommene Einkaufspassagen verkommt, in denen verlebte Gestalten um Almosen betteln. Die Souvenirausbeute erschöpft sich in Flipflops mit aufgedruckten Delfinen für sie und einem lustigen T-Shirt („Ich bin nicht perfekt, aber ganz nahe dran“) für ihn.
Um 7.20 Uhr hält ein Bus vor dem Hotel, der die rundumgerötetem Rundumerholten zum Flughafen in Las Palmas bringt. Kaum sind sie eingestiegen, verwandelt mein Gedächtnis ihre Gesichter in unidentifizierbare graue Flächen.