Unter Politikern

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Leute, die ich nicht kenne, reden über ein Thema, das mich nicht interessiert: Das war die Ausgangslage, als ich gestern Abend nach Huttwil fuhr, um zum ersten Mal in meinem Privatleben an einem Politanlass teilzunehmen, genauer gesagt: einem Podium beizuwohnen, an dem über eine Abstimmung diskutiert wurde, und auf die Idee, mir das einmal anzusehen und -hören, war ich nicht gekommen, weil ich noch nicht wüsste, wie ich abstimmen soll, wenn ich abstimmen würde, was ich nicht werde; es war nur so, dass mein Schatz diese Veranstaltung moderierte, und kaum war ich drin in dem weder bis auf den allerallerletzten Platz besetzten noch übertrieben liebevoll dekorierten Säli, musste ich mich auch schon aufregen, weil die Dame, die die Anwesenden begrüsste, den Namen meiner Frau falsch aussprach, doch bevor ich aufstehen und von ganz hinten links sagen konnte, „so, das mit dem Debioll probieren wir jetzt gleich noch einmal“, gings auch schon los mit dem Vortrag eines jungen Mannes, der für eine Firma arbeitet, die in Solar macht, und als er sein „Inputreferat“ seinen halbstündigen Werbespot durchhatte, konnte die Debatte starten, wobei, vor und hinter das Wort Debatte muss man ein Anführungs- und ein Schlusszeichen setzen, was ich hiermit gerne tue, Debatte, denn eine richtige Debatte im Sinne von „Sie haben ja keine Ahnung!“ oder „Ich habe Sie vorhin ausreden lassen. Jetzt bin ich dran!!“ oder „Leute wie Sie sind die Totengräber unserer Demokratie!!!“ und allem wars nicht, was jedoch keinesfalls an der Moderatorin lag, sondern vielmehr daran, dass die vier Politiker und die eine Politikerin einfach das wiederholten, was jeden Tag in den Leserbriefen steht, die sie und ihre Parteikollegen im Akkord an die Redaktionen landauf und -ab schicken, nämlich, dass es um die EFFIZIENZ gehe und um die WERTSCHÖPFUNG und um ARBEITSPLÄTZE und um die SIGNALWIRKUNG, und um zu zeigen, dass sie sich in den letzen Wochen und Monaten umfassendst mit der Materie auseinandergesetzt haben, streuten sie in ihre Statements allpott Begriffe wie Staatsquotenneutralität oder Anschubfinanzierung oder Zubauraten oder Zeitfenster oder Kostendeckende Einspeisevergütung ein (was fehlte, war eigentlich nur die Nachhaltigkeit, ansonsten war von A wie Ahmedinedschad bis Z wie Zentralheizung alles da, was in ein Gespräch über Energiefragen gehört) und jemand sagte, dass die Eisbären am Nordpol sich langsam warm anziehen müssten, aber das sagte er natürlich nicht so, sondern anders, und ein anderer rühmte, es sei „wahnsinnig“, was in Oensingen passiere, bautechnisch und wirtschaftlich und überhaupt, und als nach ungefähr einer Stunde alle noch einmal zusammenfassen konnten, wieso sie am 3. März wie stimmen würden, stand für die meisten Gäste, wie vermutlich schon vor dem Podium, fest, dass die Energiewende eine sinnvolle Sache wäre, aber dass man man sich fragen könne, ob man beim Wenden wirklich regelmässig kontrollieren müsse, wies läuft, oder ob mans nicht einfach wenden lassen könne, ohne, dass der Staat undsoweiterundsofort, und am Ende bekamen die Diskutanten und die Diskutantin und die Moderatorin eine Art Früchtekorb und das wars dann, und wenn mich jetzt jemand fragen würde, und, wie hats dir bei den Politikern gefallen?, müsste ich sagen, es gibt sicher noch dümmere Arten, einen freien Abend zu verbringen, aber ganz bestimmt auch eine Menge sinnvollere.

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