Klorigami

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Segelschiffli, der Taj Mahal, die entscheidenden Szenen der Schlacht von Waterloo: Wenn es darum geht, Hotelgästen, die zum ersten Mal das WC in ihrem Zimmer aufsuchen, ein entgeistertes „Läck! Komm mal ins Bad! Das musst du dir anschauen!“ zu entlocken, ist den für das Toilettenpapierdesign zuständigen Facility-Mangagerinnen kein Aufwand zu gross.

Der Rohstoff für ihre Origami-Orgien stammt aus einer abgelegenen Ecke des Amazonas-Urwaldes, wo Heerscharen von barfüssigen chinesischen Zweitkindern rund um die Uhr Bäume auf den Tausendstel Millimeter präzise plattstampfen. Dass zum Falten nur fast transparentes Papier verwendet wird, hat laut Silvie von der Rolle, der Medienreferentin des Branchenverbandes „Kloho!“, einen einfachen Grund: „Damit geht es am besten.“

Bei allem Verständnis für die kreativen Anliegen des Herbergenpersonals: Die Endverbraucher rufen immer lauter nach mehrlagigem Material, um sich auch nach intensivsten Sitzungen von der besten Kehrseite zeigen zu können. Ob das Papier den Eifelturm oder die Freiheitsstatue darstellt, sei für ihn „von sekundärer Relevanz“, sagt ein Banker, der viel Zeit in Hotels verbringt. „Für mich zählt nur, dass ich meine Geschäfte auf eine saubere Art und Weise abschliessen kann.“

Mit ultradünnem Toilettenpapier, „das schon beim Anschauen reisst“, sei ihm das nicht möglich – im Gegenteil: „Das Festhalten an der Einlagentechnik zwingt mich dazu, auch für den kleinsten Scheiss kilometerweise Papier zu vergeuden, das die Menschheit sicher noch für Gescheiteres verwenden könnte.“

Wobei: Wenn – nur einmal angenommen – eine Seafoodbeiz zwischen Hobart und Coles Bay von einer Buslandung Japaner gestürmt wird, die Sekunden später drängelnd und nörgelnd den ganzen Betrieb durcheinanderbringen, und man nach einem Weg sucht, sich ein bisschen an den Hopplajetztkommich-A…siaten zu rächen, gibt es wenig Naheliegenderes, als sich in der einzigen Toilette des Lokals mit dem letzten WC-Papier so lange die Brille zu putzen, die Nase zu schneuzen und so weiter und so fort, bis nur noch der blanke Karton übrig ist.

Dann verlässt man das Örtchen im beruhigenden Wissen darum, dass in absehbarer Zeit eine der Nervensägen mit heruntergelassenen Hosen auf der Schüssel festsitzt und sich zähneklappernd fragt, wie lange seine Mitreisenden wohl auf ihn warten und wenn ja, was sie sagen werden, wenn sie merken, dass mit ihm in hygienischer Hinsicht etwas hinten und – je nach Konsistenz und Menge – auch vorne nicht stimmt.

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