Free Willys Söhne und Töchter

Jetzt hat also auch die Schweiz ihren Freedom day. Es wurde aber auch Zeit: Dieses ewige Eingesperrtsein in der eigenen Wohnung (das vor der Pandemie von sämtlichen Trendkolumierenden als „Social Cocooning“ gepriesen wurde), das Maskiertsein in aller Öffentlichkeit (nichts wurde in Basel, Luzern oder Solothurn in den letzten zwei Jahren schmerzlicher vermisst) und das dauernde Handyzücken beim Besuch eines Restaurants (in dem man dann vor lauter Aufshandystarren kaum zum Essen und Trinken kam), ist vorbei, jedenfalls bis im Herbst.

Mit ein paar tausend Kilometern Abstand und nur durch die Linse von Onlinemedien betrachtet, könnte man meinen, die Nachfahren des grossen Freiheitskämpfers Wilhelm Tell hätten die vergangenen Monate in Isolationshaft verbracht. Für all jene, die nun wie die Esel am Berg vor den geöffneten Gefängnistoren stehen, haben 13 (in Zahlen: 13!) Redaktorinnen und Redaktoren der Tx-Group zusammengetragen, „was mit den wegfallenden Beschränkungen wieder alles möglich ist“ (der Artikel liegt hinter der Bezahlschranke, aber das macht nichts).

Therapeuten, Historiker, Gastronominnen und Gastronomen, Kulturschaffende, Politiker und Politiker, Jugendliche, Gesundheitsbeamte, Ärzte und so weiter und fort haben in diesen Tagen noch einmal die Gelegenheit, coram publico zu berichten, wie sie die Zeit der Seuche er- und überlebten und darüber zu orakeln, wie es mit der Nation im Allgemeinen und ihnen persönlich nun weitergehen könnte, sollte oder müsste (wenn wir während Corona etwas gelernt haben, dann den grosszügigen Umgang mit dem Konjunktiv).

Einige Detailfragen bedürfen zweifellos noch der Klärung (zum Beispiel jene, ob es nun „das“ oder „der“ Virus heisst, welche Kosten die Pandemie bisher verursacht hat, wies in der Zermatter „Walliserkanne“ läuft oder ob die Massnahmengegner in Sachen Freizeitgestaltung schon einen Plan B haben).

Zunächst einmal gilt es jedoch heute, morgen und sicher auch übermorgen, die Rückkehr zur Normalität zu feiern; unmaskiert und Schulter an Schulter in möglichst grossen Menschenmassen.

Von meiner Insel aus (auf der wir nach wie vor in vir-tueller Knechtschaft leben) rufe ich der Festgemeinde ein herzliches „Prost!“ und „Xundheit!“ zu.

Buhlen um die Bleichgesichter

Kaltakquise bei 25 Grad im Schatten: Der Strassenhändler fotografiert das Bébé im Wagen, damit sein Kunde in spe – der ihn noch gar nicht richtig bemerkt hat – spürt: Diesem Mann kann ich vertrauen.

An der Strandpromenade von Maspalomas gehören sie zum Inventar: Die fliegenden Händler aus Afrika. Nach zwei Jahren Coronapause sind sie wieder da. Wie sie diese Zeit ohne finanzielle Netze und soziale Böden überbrückt haben, weiss kein Mensch, aber vermutlich hat auch niemand allzu hartnäckig danach gefragt.

Für die lokalen Medien waren Jamaal, Amir, Mohammed, Sami und wie sie alle heissen mögen jedenfalls kein Thema, wie Recherchen des Ausland-, Gesellschafts-, Wirtschafts- und Tourismusressorts dieses Onlineportals zeigen (hier geht seit jeher alles in Einem zu. Das braucht weniger Personal und hält die Kosten im Rahmen. Man kennt das inzwischen ja auch von noch seriöseren Publikationen her).

An der Geschäftsstrategie der sogenannten Manteros hat sich wenig geändert: Ihre bevorzugte Zielgruppe besteht nach wie vor aus hellhäutigen Leuten, die gerade eben auf der Insel gelandet sind.

Die Neuankömmlinge wollten eigentlich nur mit ein paar Litern Sangria auf schöne Ferien anstossen – und haben statt Tetrapackrotwein mit Dosenfrüchten erst einmal einen Fremden vor sich, der sie „my friend“ nennt, sie dazu ermuntert, in seine Trucke voller Uhren, Schmuck und Sonnenbrillen zu „lucki, lucki“ und ihnen, treuherzig dreinschauend, verspricht, er mache extra für sie einen „good price“.

Je länger sie dann luki, luki, desto tiefer senkt sich die Barriere vor einem eleganten Ausweg aus der Situation. „To bring the procedures to an end“, wie Ian Gillan an Deep Purple-Konzerten manchmal vor der letzten Zugabe sagt, ersteht so manches Bleichgesicht schliesslich ein Armbändeli, das Nomadinnen in der vom fahlen Mondlicht beschienenen Sahara geknüpft haben, einen original echten Schweizer Luxuschronometer oder eine handgeschmiedete Dolce&Gabbana-Sehhilfe.

Hin und wieder treffen die Verkäufer auf Bekannte. Dabei handelt es sich meist um Frauen schon ziemlich sehr weit fortgeschrittenen Alters, die jedes Jahr hier überwintern und sich die freie Zeit in immer denselben Lokalen watching the wheels go round and round vertreiben.

Sie laden ihren Lieblingsafrikaner gerne zu einem Bier oder einer Pizza ein. Das wirkt ein bisschen wie Taubenfüttern im Park, aber henu.

Falls der Mann ein Eggeli Zeit hat, gesellt er sich zu der Runde. Dann radebrecht man miteinander über dieses und jenes, und irgendwann sagt der Frischverpflegte sinngemäss, sooli, nun müsse er wieder chly ga bügle, worauf die Mitglieder des Damenkränzchens mit gespieltem Entsetzen erwidern, das komme üüüberhaupt nicht in Frage und falls doch, dann nur, wenn er verspreche, morgen wieder vorbeizukommen, und schwupp – hat ihn der bunte Strom der Passantinnen und Passanten verschluckt.

Sobald die Sonne untergegangen ist und die Shoppingmeile zwischen dem Café Mozart am einen und dem Kosmetikstudio am anderen Ende sich nadisna leert, kehren die Touristen mit ihren Schnäppchen in die Hotels zurück.

Jamaal, Amir, Mohammed, Sami und ihre Kollegen verschwinden derweil im Nirgendwo. Ob sie ihre Einkünfte behalten dürfen, ist unklar. Der Behauptung von Aussenstehenden, sie müssten sie ihren Bandenchefs abliefern, steht die Aussage eines Insiders entgegen, der erklärte, „jeder Mantero besorgt sich seine Waren mit dem eigenen Geld und versucht, sie dann wieder zu verkaufen.“

Die eigentliche Frage wäre jedoch, bei wem er das Material bezieht – oder beziehen muss. Die answer darauf is blowin‘ in the wind. Stattdessen gibts hier viel Wissenswertes zu diesem Jahrhundertlied.

Doppelt verpasst

In der Halbzeitpause des Super Bowl-Finals in Las Vegas ereignete sich offenbar Historisches: „Endlich“ habe es „mal Hip-Hop und Protest gegen Rassismus gegeben“, lobte die Berner Zeitung heute Morgen in ihrer Online-Ausgabe. „Altstars des Rap hätten (…) versucht nachzuholen, was in den letzten 30 Jahren verpasst wurde“.

Natürlich wollte ich mir sofort das dazugehörige Bilddokument ansehen – aber oha:

Wäre ich doch zuhause geblieben.

Krimineller Zeitensprung

Als der „Tatort“ von gestern Abend zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, war ich elf und Gerald Ford Präsident der USA. Mit der Concorde düste das erste Überschallflugzeug durch die Luft. Grossbritannien und Island beendeten den Kabeljaukrieg.

Schon nach wenigen Minuten fühlte ich mich, als ob ich durch ein Loch in der Zeit fallen würde: Ein Mann stand in einer Telefonkabine, in einem Restaurant wurde geraucht. Auf den Schreibtischen lagen Notizblöcke. Niemand sprach von einem „Profil“ oder davon, dass man „erstmal die DNA-Analyse abwarten“ müsse („und das kann dauern“).

Im Zentrum des Geschehens standen Italiener und Türken (oder kurz: „Itaker“, wie sich das ermittelnde Personal – das damals noch nicht so sozial verkrüppelt war wie manche Kommissarinnen und Kommissare von heute – ausdrückte), welche als „Gastarbeiter“ in einem Wohnheim lebten. Die wenigen Frauen, denen das Drehbuch Sprechrollen zugetraut hatte, servierten, kochten und übersetzten.

Die Geschichte floss mit der Trägheit flüssigen Honigs dahin. Schnelle Schnitte, abrupte Brüche, überraschende Wendungen, ausgeklügelte Licht- und Toneffekte: Was für die Filmschaffenden dieses Jahrtausends selbstverständlich ist, steckte 1976 noch nicht einmal in den Kinderschuhen.

Trotzdem (oder gerade deshalb) wirkte der Streifen in seiner gesellschaftlichen Antiquiertheit und mit all dem Zubehör, das längst aus unserem Alltag verschwunden ist, auf mich dermassen faszinierend, dass ich vor lauter Staunen gar nicht dazukam, der Handlung zu folgen, und deshalb immer noch nicht weiss, wer Francesco ermordete, und ob Murat und Eva amänd nicht doch wieder zueinanderfanden.

Die 100 Besten (vorläufig)

Erst gings in unserem Chat um „Imagine“. Wenn wir das Thema vertieft hätten, wärs schnell grundsätzlich geworden, aber Debatten um Geschmacksfragen bringen in der Regel ja herzlich wenig (vor allem, wenn von Anfang an feststeht, wer am Ende rechthaben wird????).

Trotzdem fand ich, ich könnte zuhanden der Nachwelt einmal die 100 schönsten Lieder aller Zeiten – alphabetisch nach Interpreten gebüschelt; nur Einfachnennungen möglich – bis und mit heute notieren. Vielleicht gibts in den nächsten Jahren noch die eine und andere Änderung. Dann würde ich die Liste selbstverständlich entsprechend anpassen.

The winner takes it all von Abba

Ride on von AC/DC

Set fire to the rain von Adele

The house of the rising sun von The Animals

Songs sinn Träume von Bap

Let it be von den Beatles

Johnny B. Goode von Chuck Berry

Everybody needs somebody to love von The Blues Brothers

The Ballad of John Henry von Joe Bonamassa

Livin‘ for you von Boston

Running on empty von Jackson Browne

A spaceman came travelling von Chris de Burgh

Wuthering heights von Kate Bush

After Midnight von J.J. Cale

A fine, fine day von Tony Carey

Surrender von Cheap Trick

Wonderful tonight von Eric Clapton

The last chance saloon von The Climax Blues Band

Don’t you love me anymore von Joe Cocker

Khe Sanh von Cold Chisel

Can’t stop lovin‘ you von Phil Collins

Via con me von Paolo Conte

Dreams von The Cranberries

High enough von den Damn Yankees

The battles that you’ve won von Dare

Sometimes I feel like screamin‘ von Deep Purple

Love bites von Def Leppard

Tunnel of love von den Dire Straits

The times they are a-changin‘ von Bob Dylan

Hotel California von den Eagles

Déjeuner en paix von Stephan Eicher

Indiana von Melissa Etheridge

Weus’d a Herz hast wia a Bergwerk von Rainhard Fendrich

Marlise von Fischer Z

Happiness is the road von Fergie Fredriksen

When the night comes down von Foreigner

A million miles away von Rory Gallagher

Freeze Frame von The J. Geils Band

No son of mine von Genesis

Doesn’t make sense von Per Gessle

November Rain von Guns’n’Roses

I’d rather go blind von Beth Hart

That old flame von Don Henley & Martina McBride

Warum syt dir so truurig? von Polo Hofer & Die Schmetterband

Fortunate Son von Bruce Hornsby

Epic von House of Lords

First Time von Irrwisch

Budapest von Jethro Tull

Leningrad von Billy Joel

After all these years von Journey

Jessie von Joshua Kadison

Try sleeping with a broken heart von Alicia Keys

Can’t wait for love von Bobby Kimball und Jimi Jamison

To know you is to love you von B.B. King

Sailing to Philadelphia von Mark Knopfler

Guiding Star von David Knopfler

Easy Rocker von Krokus

The bluest Blues von Alvin Lee

You crack me up von Huey Lewis & The News

Imagine von John Lennon

Three little birds von Bob Marley & The Wailers

Goin‘ all the way is just a start von Meat Loaf, Ellen Foley & Karla DeVito

Last train home von John Mayer

Angel von Sarah McLachlan

Pictured within von Jon Lord

Martha’s madman von Manfred Mann’s Earth Band

If I didn’t have you von Amanda Marshall

The living years von Mike & The Mechanics

Midnight Blues von Gary Moore

Edge of Seventeen von Stevie Nicks

Forever all over again von Night Ranger

Io senza te von Peter, Sue & Marc

Runnin‘ down a dream von Tom Petty

Comfortably numb von Pink Floyd

I‘ ll stand by you von The Pretenders

Bohemian Rhapsody von Queen

Perfect Day von Lou Reed (die noch bessere Version ist eigentlich die hier).

Set me free von Chris Rea

I needed to fall von REO Speedwagon

Sympathy for the Devil von The Rolling Stones & The Silver Bullet Band

D Rosmarie und i von Rumpelstilz

Against the Wind von Bob Seger

Bridge over troubled water von Simon & Garfunkel

My oh my von Slade

The River von Bruce Springsteen

Orange County Girl von Gwen Stefani

On the border von Al Stewart

Crime of the Century von Supertramp

Ever since the world began von Survivor

Such a Shame von Talk Talk

Home of the brave von Toto

Help von Tina Turner (ja, ich weiss, dass nicht sie es komponiert hat)

Got to be about love von W.E.T.

Pariah von Steven Wilson

Luka von Suzanne Vega

Here I go again von Whitesnake

Popsong von Züri West

Back to black von Amy Whinehouse

Pop don’t stop von Kim Wilde

I thank you von ZZ Top