Früher sorgen Themen für Diskussionen, Ärger oder rote Köpfe.
Heute droht – scheints – bei allem, was nicht gleich auf kollektive Zustimmung stösst, die grosse Spaltung:





















Früher sorgen Themen für Diskussionen, Ärger oder rote Köpfe.
Heute droht – scheints – bei allem, was nicht gleich auf kollektive Zustimmung stösst, die grosse Spaltung:
Bei einer Band, die – wenn auch in wechselnder Besetzung – seit Jahrzehnten existiert, als „Jefferson Airplane“ zu den wichtigsten Musiklieferanten der Hippie-Bewegung zählte („Jane“, „White Rabbit“, „Somebody to love“) und als „Jefferson Starship“ einen schönen Teil des Soundtracks der 80-er strickte („We built this city“, „Sara“, „It’s not enough“), von einer „Entdeckung“ zu sprechen, ist sicher nicht ganz korrekt – aber in diesem Fall auch nicht total falsch:
Was der 84(!)-jährige David Freiberg (Gitarre und Gesang), Chris Smith (Keyboards), Jude Gold (Gitarre), Donny Baldwin (Drums) und Cathy Richardson (Gesang und Gitarre) als Vorband von Deep Purple im Hallenstadion gestern Abend in drei Viertelstunden boten, wirkte in seiner Virtuosität, Kompaktheit und Spielfreude so frisch, als ob die Band gerade erst aus dem Proberaum auf die Bühne entlassen worden wäre.
Nebst einer Auswahl seiner Greatest Hits stellte das Quintett auch „It’s about time“ von seinem 2020 erschienenen Werk „Mother of the sun“ vor. Richardson bemerkte zu dem Song, es sei „höchste Zeit, dass die Frauen die Macht übernehmen“ – und zeigte damit, dass sie und die vier Männer an ihrer Seite den Sprung in die Neuzeit nicht nur in melodiöser Hinsicht geschafft haben.
Der eine Höhepunkt des gestrigen Abends: Das fantastische Konzert von Deep Purple.
Wir standen vor dem Hallenstadion, mein Brüetsch und ich, und redeten beim Warten auf das Deep Purple-Konzert von früher (das tun alle, wenn sie vor dem Hallenstadion stehen und warten: von früher reden). Irgendwieso kamen wir dabei auf Heinz Häfeli zu sprechen.
Heinz Häfeli hat – wie zum Beispiel auch die Band, wegen der wir nach Zürich gereist waren – einen festen Platz in unserer gemeinsamen Erinnerungskiste. Mein Bruder spielte mit ihm Fussball, ich klapperte mit ihm Wochenende für Wochenende die Bars, Dancings und artverwandten Lokale zwischen Bözberg und dem Vierwaldstättersee ab (unvergessen: die Luzerner Beiz, in der auf jedem Tisch ein Telefon stand, über dem ein Nümmerli hing, und wenn man jemanden sah, der einem gefiel, rief man einfach an, und weil Heinz und ich die einzigen Männer im Raum waren und um uns herum lauter mehr oder weniger gut abgehangene Desperate Housewives sassen, klingelte es bei uns so häufig, dass wir das schummrige Etablissement nach dem ersten Drink fluchtartig verliessen).
Einmal waren wir zäme auf einer griechischen Insel in den Ferien. Mit einer der beiden Damen, die wir dort – ganz ohne Telefone – kennenlernten, segelte Heinz später ins Häfeli der Ehe, aber das bekam ich nicht mehr live mit: aus Gründen verloren wir uns aus den Augen.
Nachdem mein Bruder und ich die Arena betreten hatten, bummelten wir zu unseren Plätzen. Ein Offizieller fragte uns nach den Tickets. Seine Stimme kam mir bekannt vor. Ich schaute ihn an…und glaubte für einen minimunzigen Moment, ich hätte den Verstand verloren:
31 Jahre, nachdem ich ihn zum letzten Mal gesehen und eine halbe Stunde, nachdem ich mich mit meinem Brüetsch über ihn unterhalten hatte, stand vor mir wereliwer?
Werte Medienschaffende (ja: das ist grob verallgemeinernd, aber wir sind hier im Internet. Da macht man das so)
Und wenn ihr noch so viele ehemalige Nato-Generäle, Ex-Regierungsberater, Friedensforscherinnen, Konfliktexperten und Artverwandte interviewt: Auf eure Frage, wie gross das Risiko eines russischen Atomwaffeneinsatzes sei, antworten alle, was, zum Beispiel, der „unabhängige Analyst“ Pavel Podvig antwortet, nämlich, „das ist schwer zu sagen. Ich denke, das Risiko ist definitiv vorhanden“.
Dasselbe würden auch ein x-beliebiges Mitglied des Burgdorfer Stadtrates, ein Fan des Schachclubs Bern oder die Arbeiter in einer Seilbahnstation zu Protokoll geben, denn etwas anderes gibt es dazu nicht zu sagen, weil niemand weiss, was in Putins Kopf vorgeht und wie die Leute, die um ihn herumsind, ticken.
Gut ein halbes Jahr nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine könnt ihr also aufhören, dieses Thema immer und immer wieder aufzuwärmen.
Mir ist schon klar, dass euch das Stichwort „Atombombe“ jedesmal eine Riesenschwetti Klicks beschert. Die Leserinnen und Leser bringt das ewige Wiederkäuen aber keinen Schritt weiter (die Älteren unter euch mögen sich vielleicht noch an das Dauergehyster wegen Corona erinnern. Was ihr jetzt abzieht, toppt jene Schwarzmalereien locker, und das will, mit Verlaub, etwas heissen).
Jahrhundertelang bestand der Kanton Glarus aus Ziger und Vreni Schneider. Doch dann…dann kam Betty Legler, und mit ihr wurde alles anders.
„Forget Sabbath, this is where Metal starts“, raunt ehrfurchtsvoll ein gewisser Anthony Marabito in den Kommentaren zu Leglers Hit „Rock for the Lady“ auf youtube, und auch wenn diese These amänd chly steil wirken mag: Elsbeth Leglers erste Langspielplatte (für die Jüngeren hier: Ich mag das jetzt nicht erklären), die 1981 erschien, wurde vergoldet und von Fachleuten zäntume gefeiert. Die Künstlerin gewann Titel wie „Beste Newcomerin“ und „Sängerin des Jahres“.
Wann immer man in den frühern 80ern den Fernseher anwarf: Eher früher als später tauchte Betty Legler auf dem Bildschirm auf (und, wenn man Pech hatte, auch Ralph Heid, der auf seinem f*** Xylophon Rimski-Korsakows f*** Hummeln fliegen liess, oderund der Skiakrobat Art Furrer plus natürlich Kliby samt Caroline).
Nach ihrem zweiten Album ging Legler mit Chris de Burgh (auf ewig unvergesslich, zumindest für jene, die das Glück hatten, dabeigewesen sein zu dürfen: sein Auftritt vor Joe Cocker und Supertramp im Joggeli; wenn die Sonne einmal zum perfekten Zeitpunkt unterging, dann am 16. Juli 1982, während Supertramp „Give a little bit“ spielten. Im „Basler Stadtbuch“ ist dazu notiert: „Der Sänger und Komponist Chris de Burgh war in Höchstform und konnte die Masse trotz lähmender Hitze so in Begeisterung versetzen, wie es auch die Stars des Anlasses, die Gruppe ‚Supertramp‘, nicht vermochten.) und Fats Domino 1982 auf Europatournee.
Das erstaunt nur mässig: Die Glarnerinnen und Glarner „lieben ihre Heimat, ziehen aber trotzdem gerne in die Ferne. Sehr früh mit den wechselnden Läufen von Industrialisierung und Handel konfrontiert, pflegten und pflegen viele von ihnen weltweite, mannigfaltige Beziehungen“, wie es auf der Website des Kantons heisst.
Produzenten wie Robert Ponger (Falco), George Acogny (Peter Gabriel) und Mixer von Annie Lennox oder Cutting Crew verpassten Leglers Songs die letzten Schliffe. Dann wandte sich die Tastenaktobatin – womöglich, um Backstage Teleboy nicht ständig Ralph Heid und Kliby über den Weg laufen zu müssen – der Alpinen Worldmusic zu.
2005 widmete Legler dem Zwerg Murrlibutz eine CD voller Kinder- und Märchenlieder. Kurz darauf beteiligte sie sich mit anderen „Stars for Kids“ an einer Platte, deren Erlös Aids-Waisen in Ruanda zugute kam.
Betty Legler lebt mit ihrem Mann, einem Zukunftsforscher, in Zürich und München. 2001 kam ihre Tochter zur Welt.
In ihrem Windschatten gings auch mit Glarus obsi: Als „Rock for the Lady“ für Furore sorgte, zählte der Kanton 37 000 Einwohnerinnen und Einwohner. Heute leben auf den 685 Quadratkilometern zwischen Pragel im Westen und Wissgandstöckli rechts aussen gut 40 000 Menschen. In drei Jahren kommen vorübergehend ein paar hunderttausend dazu: 2025 richtet Glarus das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest aus.
Mich betrifft das insofern, als meine Nachbarin sämtliche Medien- und Websitentexte, die für diesen Anlass anfallen, ins Französische übersetzt und deshalb nur noch mittelhäufig Zeit zum Käfele hat.
(Es ist schon erstaunlich, was man alles lernen kann, wenn man nächtens planlos durchs Internet surft.)