Familie Bücherwurm

Der Mann mit dem riesengrossen Koffer hätte ebensogut in einem Flughafen am Check-In-Schalter stehen können. Nur war ihm nicht ums Verreisen. Er wartete am Rückgabeschalter der Kantonsbibliothek Zug. Als er an der Reihe war und sah, dass ich mit ein paar CDs in der Hand hinter ihm wartete, liess er mir freundlich den Vortritt. „Bei mir dauerts etwas länger“, sagte er grinsend.

Sekunden später wusste ich, was mit „etwas länger“ gemeint war: Der Mann entnahm seinem Koffer Kochbücher, Kinderbücher, Krimis, Bilderbücher, Sachbücher, Comics, Taschenbücher, Kriegsbücher, Filmbücher…es wollte kein Ende nehmen.

„Bei Ihnen zuhause läuft der Fernseher nicht allzuhäufig“, sagte ich zu ihm, mehr feststellend als fragend.

„Fernseher? Haben wir nicht“, antwortete der Mann. Und wuchtete weitere Bücher und Hefte auf die Ablage. Als er fertig war und die Frau am Schalter sich lächelnd daran machte, die Bescherung nach Kategorien oder was auch immer zu verbuchen, atmete der Kunde auf: „Wir sind zu Fünft. Ein Familienmitglied ist der grössere Bücherwurm als das andere.“

Dann nahm er seinen Koffer und machte sich auf den Weg durch die Bibliothek; er brauchte neues Futter für seine Lieben daheim.

Sehr viel neues Futter.

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