Inspirationen im Grünen

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„Gartenwelten“: So heisst die Ausstellung, die meine Frau Chantal mit ihrer Freundin Trix Binggeli am Samstag, 11. April, im Mittelalterkeller am alten Markt 6 in Burgdorf eröffnet.

Zu sehen sind Bilder, die direkt vor der Haustüre, in unserem lauschigen Gärtli, entstanden sind. Dort bringt mein Schatz an freien Sommernachmittagen openair auf die Leinwand, was sie erfreut, berührt und beschäftigt. Zum Einsatz kommen dabei nicht „nur“ unzählige Farben, sondern auch strukturgebende Materialien wie winzige Steinchen oder Sand.

Das (für mich) besonders Reizvolle an diesen Gemälden ist: Sie erklären sich dem Betrachter und der Betrachterin nicht auf den ersten Blick, sondern bergen oft kleine Geheimnisse, die sich erst beim zweiten oder dritten Hinsehen entdecken lassen. Die Bilder wirken wie „Tagebücher“, die einen unwillkürlich zum Schmökern animieren, weil sie – um beim Beispiel zu bleiben – einen so prächtigen Umschlag haben oder so schön gebunden sind.

Weitere Infos zur und einen kleinen Vorgeschmack auf die Ausstellung gibt es auf www.chatelier.ch, dem neuen Blog meiner Frau.

Unter Männern

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Ich hatte gerade alles wieder schön süüferli eingepackt und die Notdurftverrichtungsstätte des Restaurants verlassen, als mein Schatz mir etwas überraschend mitteilte, dass es sehr viele Frauen in ihrem Bekanntenkreis interessieren würde, wie das eigentlich so läuft, auf einem Pissoir, unter Männern.

Nun denn:

Männer auf einem Pissoir: Das muss frau sich vorstellen wie, sagen wir, Pferde Vollbluthengste an einer Tränke oder Arbeiter an einem Fliessband. Geredet wird wenig bis gar nichts. Frauen mögen sich bei ihren Toilettengängen endlos über die Inhalte ihrer Handtäschli, die neuste Coiffeuse im Ort oder vergessene Hochzeitstage unterhalten. Auf einem Pissoir ist es – vom gelegentlichen Rauschen einer Spülung und dem recht seltenen Heulen des Handtrocknungsautomaten abgesehen – auf eine fast schon kontemplative Art ruhig.

Hin und wieder ritscht ein Reissverschluss, und aus jenen Kabinen, in welchen die grösseren Geschäfte abgewickelt werden, ist zwischendurch ein trockendes Husten oder ein leises Stöhnen zu vernehmen, wobei es bei Letzterem nicht so ist, wie frau jetzt vielleicht denkt: Das Geächze rührt in 10 von 10 Fällen von akuten Verstopfungen her. Es entfährt dem Drückeberger wegen der Presswehen oder spätestens dann, wenn er, um ein paar Kilo Hardware erleichtert, realisiert, dass kein WC-Papier mehr vorhanden ist.

Natürlich könnte mann in einem solchen Fall um Hilfe rufen oder die für ihn unsichtbaren Aussenstehenden flüsternd um eine neue Rolle bitten („Is there anybody out there?“, um Pink Floyd zu zitieren), aber das tut kein Mensch, der sich auch in der beschissensten Lage ein wenig Restwürde bewahren will. Lieber wartet er, bis er davon ausgehen kann, dass die Luft vor der Tür so rein ist, wies unter den gegebenen Umständen geht, um dann mit der nur halb hochgezogenen Hose in das benachbarte Kabäuschen zu huschen in der Hoffnung darauf, dort etwas zum Abwischen seines Allerwertesten Geeignetes vorzufinden (zur Not tuts es auch ein Gratisheftli oder ein zerlesener „Playboy“, wobei da Vorsicht geboten ist: Hochglanzpapier!).

Aber das alles, glaube ich, wollen die Frauen gar nicht wissen, oder ämu nicht so genau. Was sie interessiert, ist: Stellen wir uns auf die Zehenspitzen, um über die Trennwändli hinweg möglichst unauffällig nach links und rechts zu schielen? Beäugen wir argwöhnisch (oder mitleidig) das Equipment unserer Nachbarn, wenns ein paar Sekunden lang open air eingesetzt wird?

Nein – das machen wir nicht. Es ist uns, ehrlich gesagt, völlig egal, was der Typ gleich wieder mehr oder weniger umständlich in der Hose verstauen wird. Wer etwas anderes behauptet, hat entweder sämtliche „Eis am Stiel“-Filme mehrfach gesehen oder liegt einfach so komplett falsch. Unser Nachbar könnte röchelnd von einem Herzinfarkt gefällt werden, Goethes Greatest Hits rezitieren oder lautstark Pläne für einen Massenmord schmieden: es würde keinen der Umwasserlassenden auch nur im Geringsten kümmern.

Im Grunde genommen gibt es vermutlich nichts Langweiligeres, als Männer im Pissoir zu beobachten. Unterhaltsam wirds erst, wenn man neben sich jemannden weiss, der im Beisein eines Artgenossen offenkundig nicht bislen kann. Dann tut man, solange die eigene Blase hält, als ob man unter demselben Bräschteli leiden würde. Aus dem Augenwinkel beobachten zu können, wie der Nachbar sich zunehmend rotköpfig und erst ganz leise und dann immer verzweifelter prustend seiner Sollplatzstelle nähert: das ist ein Erlebnis, das Frauen auf öffentlichen Toiletten für immer vorenthalten bleiben wird.

Die lange Nacht der Rock’n’Rolldies

Oldies

Früher war nicht alles besser – aber die Musik: die Musik ganz bestimmt. Peter Urech alias DJ Law und ich v/o DJ Groovetie legen im Theater Z an der Hohengasse 2 in Burgdorf am Samstag, 2. Mai, ab 20 bis öppe 2 Uhr all jenen, denen es bei rockig-bluesigen Klängen wohlig warm ums Herz wird, den Soundteppich aus.

Tanzpflicht besteht nicht: wer mag, kann mit einem Drink in der Hand an der Bar höckelnbleiben und mit Gleichgesinnten, die noch lange nicht too old to Rock’n’Roll sind, durch die Zeit reisen. Hörerinnen- und Hörerwünsche werden gerne erfüllt.

Stadtbilder (41)

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Einzigartig: Nirgendwo auf der Welt wird es atemberaubender Abend als in dem Quartier, in dem wir in Burgdorf daheim sind (gut: nur 20 000 Kilometer weiter südlich gibts zum Erleben des Einnachtens noch zig ebenso schöne Orte, aber die sind in dem Moment, in dem ich in dieses gelborangerote Licht gucke, halt ziemlich weit weg).

Ausgepumpt

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Nie hat jemand sie gelobt, kein Mensch hat je dankbar eines ihrer Ventile getätschelt. Stattdessen liessen wir Hausbewohnerinnen und -bewohner sie ununterbrochen für uns chrampfen: Wir schütteten sie rund um die Uhr mit Abwasser aus der Küche, dem Bad und der Toilette voll und gingen wie selbstverständlich davon aus, dass sie sich dann schon irgendwie darum kümmern würde.

Jahrelang ging das gut. Tag und Nacht verrichtete die Pumpe im Garten ihren Dienst, ohne sich auch nur einmal über die viele Arbeit zu beklagen. Aber jetzt: jetzt ist sie kollabiert. Für uns heisst das: Rien ne va plus, oder ämu fast rien.

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Ein von unseren Vermietern eiligst aufgebotenes Careteam fuhr gestern zwar nicht mit Blaulicht, aber immerhin mit einem blauen Einsatzwagen, in unserem Quartier vor, um sich um die Darniederliegende zu kümmern. Mit viel gutem Zureden und unter Einsatz all ihres handwerklichen Könnens versuchten die Männer, sie zum Weitermachen zu bewegen, doch es nützte alles nichts. Die Experten beschlossen, die offenbar unter akuter Verstopfung leidende Patientin von ihrem Leiden zu erlösen und sie zu ersetzen. Bis ihre Nachfolgerin im Loch in der Wiese versenkt ist, gelten in unserem Haus neue Regeln:

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Etwas Gutes hat der Zusammenbruch der alten Pumpe aber gehabt: Wir betrachten das Wirken der überraschend von uns Geholten rückblickend mit jener Demut, die schon zu ihren Aktivzeiten angezeigt gewesen wäre. Wir lassen Wasser nur noch wenn unbedingt nötig laufen und sorgen mit Stöpseln dafür, dass kein Tröpfchen in der Leitung verschwindet und sich von dort ungesäubert in den Boden ergiesst.

Oder, um es frei von jeglichem Pathos zu formulieren: Wir pflegen ohne Rücksicht auf unser eigenes Wohlbefinden auf einmal einen überaus umweltorientierten Umgang mit unseren Ressourcen und vergeuden nicht mehr achtlos den überlebenswichtigen Proviant der uns folgenden Generationen.

Was die neue Pumpe betrifft, die im Moment noch unter einer dicken Staubschicht in irgendeinem Lager darauf plangt, endlich zeigen zu können, was sie kann: Sie soll sich nicht zu sehr freuen. Sobald sie ihre Arbeit heute Nachmittag aufgenommen hat, entsorgen wir alles Wasser, das sich in den letzten 24 Stunden bei uns angestaut hat (siehe unten), auf einmal.

Und wenn sie, vermutlich erst gegen Abend, damit fertig geworden ist und ernüchtert denkt, „Phu! Hätte ich doch auf meine Eltern gehört und wäre, wie mein Papi, Stempeluhr in einem Zweimannbudeli geworden“, kommen die anderen Mieterinnen und Mieter nach Hause – und schütten ihre unfreiwillig angelegten Abwasservorräte ebenfalls zigliterweise in den Ausguss, ohne auch nur eine Sekunde lang kurz daran zu denken, was sie der stillen Schafferin im feuchtkalten Untergrund damit zumuten.

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