Dur d Suisse (II)

Dienstag, 20. September 2022: Von Romanshorn nach Wil

Von Kanton zu Kanton sind nicht nur die Corona-Regeln verschieden, sondern auch die Aussichten von den Hotelbalkonen.

Gestern, im Thurgau, erfreute dieses Paronama meine Augen:

Nun, in Wil, werde ich mit diesem Anblick verwöhnt:

Aber gut: Äusserlichkeiten zählen auch in dieser Sparte weniger als die Innereien. So betrachtet, kann ich mich hier, mitten im Industriegebiet am Rande dieses 25 000-Einwohnerinnen und -wohnerstädchens in der Agglo St. Gallen, nicht beklagen:

Der Weg von Romanshorn nach Wil war ein stetiges Auf und Ab (mit gefühlt deutlich mehr Aufs). Immer, wenn ich, geistig an meinem Testament arbeitend, einen Hoger erklommen hatte und dachte, höher hinauf kanns nicht mehr gehen, führte die Strecke ein paar hundert Meter geradeaus, um dann erneut anzusteigen.

Irgendwann war ich aber im Flachland gelandet. Mit dem gurgelnden Wasser der Thur auf der rechten Seite und vielen, vielen Kühen zur Linken pedalte ich am Schloss Hagenau, der ebenso alten wie krummen Thurbrücke bei Bischofszell (der längsten noch erhaltenen mittelalterlichen Natursteinbrücke der Schweiz) und an grob geschätzt vier Millionen Fachwerkhäusern vorbei meinem Ziel entgegen.

Wälder gibts auch, noch und nöcher sogar, und darin wohnen gemäss den Tafeln bei den von zig Vekehrsvereinen und Firmen gespendeten Ruhebänkli unzählige Biber, aber heute hatten die putzigen Kerlchen offensichtlich frei.

In Wil kam ich kurz nach der Zmittag-Stosszeit an. Ich verspürte nach rund 40 Kilometern ein kleines Hüngerchen und, vor allem, eine unbändige Lust auf eine grosse St. Galler Bratwurst. Eine söttige versprach im Chäschtli neben dem Eingang die erstbeste Beiz, die ich ansteuerte.

Drinnen wurde ich einer Trostlosigkeit gewahr, von der Bumann, der Restauranttester, schon so manch trauriges Lied gesungen hat. Nichtsdestotrotz – und weil ich den Wirtsleuten die 18 Franken Umsatz fürs Menü und ein Getränk wirklich gönnen mochte – setzte ich mich an einen Tisch.

Ewigkeiten später erkundigte sich eine mässig motiviert wirkende Servicefach(?)angestellte nach meinem Begehr, und zog nach meinem „einmal Bratwurst mit Pommes bitte, und ein Halbeli Mineral mit“ missmutig von dannen.

Nach fünf Minuten schlurfte sie aus der Tiefe des fast etwas gfrüchtig finsteren Raumes wieder zu mir. Die Bratwürste seien leider aus, beschied sie mir. Es wäre aber noch ein Cordon-bleu mit Kroketten und Gemüse zu haben, zum gleichen Preis wie das Menu.

Also bestellte ich das. Wenn ich mich richtig entsinne, machte die Mikrowelle „Pling“, bevor ich „Cordon-bleu“ fertig ausgesprochen hatte:

Nach der Nacht im Herbie gehts morgen weiter in Richtung Agglo Zürich. Bis Kloten sinds plusminus 50 Kilometer. Mein Akku hält nach wie vor so tiptopp wie die Frisur. Die Wetteraussichten sind prächtig, und meine Vorfreude auf alles, was auf diesem Tüürli noch kommen mag, ist gross. Das Füdli jammert gerade ein bisschen, aber das geht mir, ganz ehrlich, am Arsch vorbei.

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