Habe die Ehre

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„Import – Export“: So lautet das Motto der 11. Burgdorfer Krimitage. Vom 31. Oktober bis am 9. November regieren in „meiner“ Stadt zig zwielichtige Figuren aus der Halb- und Unterwelt. Daneben ermöglichen echte Ermittler Einblicke in ihre Arbeit.

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Zu den „Importen“ zählt auch der Tiroler Autor Bernhard Aichner. Für seine „Leichenspiele“ erhält er am Samstag, 1. November, im Casino Theater Burgdorf den mit 5000 Franken dotierten Krimipreis „meiner“ Stadt.

Es ist mir eine Ehre und ein Vergnügen, an jenem Abend die Laudatio auf den Österreicher, der mit seiner „Totenfrau“ seit Monaten für internationales Aufsehen in der Branche sorgt, halten zu dürfen.

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Die Rede ist fixfertig und selbst für die Experten von der NSA unerreichbar in diversen elektronischen Speichern abgelegt. Für jene, dies heute schon wunder nimmt, was ich in zwei Wochen sage – hier ist das Manuskript der Ansprache:

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(Aus spannungsaufrechterhaltungstechnischen Gründen veröffentliche ich vorläufig nur die Rückseiten des Textes. Die Vorderseiten stelle ich am 2. November online, dies vor allem zK. jener Medienschaffenden, die „aus Zeitgründen“ nicht an der Preisübergabe teilnehmen können und trotzdem darüber berichten wollen, als ob sie vor Ort gewesen wären).

Wer Aichner live erleben möchte, kann das am Sonntag, 2. November tun. Dann liest er im Casino-Theater aus seinem in jeder Beziehung höchst ungewöhnlichen Werk vor. Ich werde den Anlass moderieren und hoffe, bei dieser Gelegenheit das eine oder andere Erfolgsgeheimnis des Autors lüften zu können.

Denn einmal als Einwohner von Burgdorf den Krimipreis der tollsten Stadt nördlich von Sydney zu gewinnen: Das wäre schon eine sehr gefreute Sache.

Zum Vorverkauf (für alle Veranstaltungen) gehts hier entlang.

Echte Freude über die virtuellen Wünsche

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Irgendwie waren Geburtstage früher eine viel entspanntere Angelegenheit als heute. Damals sass man am Morgen daheim, wartete auf den Sattelschlepper mit den Geschenken, schaute dem Chauffeur beim Ausladen und Indiewohnunghochschleppen derselben zu und packte dann ein Päckli nach dem anderen aus. Gegen Mittag kamen die ersten Freundinnen und Freunde aus Fleisch und Blut vorbei, um zu gratulieren.

Den Rest des Tages verbrachte man damit, die liebevoll gestalteten Glückwunschkarten zu lesen, die nigelnagelneuen Sachen auszuprobieren und alles artig zu verdanken. Am Abend dann: Kollektives Lampenfüllen. Gegen Morgen: Spaghettikochen bei einem Kollegen (oder besser noch: einer Kollegin), die gerade sturmfrei hatte.

Seit der Erfindung des Internets sind diese Tempi passati. Heute verbringt der oder die Feiernde den grössten Teil des Geburtstages damit, die per SMS, Mail oder auf Facebook eingehenden Gratulationen zu lesen, zu analysieren („Wurde das extra nur für mich geschrieben, oder haben genau diesen Gruss schon zig andere Leute erhalten?“) und, falls die Botschaften ein Mindestmass an Persönlichkeit erfüllen, zu beantworten, oder darunter zumindest „gefällt mir“ zu klicken.

Ein Blick auf die Statistik zeigt: Die Menschen in meinem Umfeld habens – was für eine Überraschung! – mehr mit dem Schreiben als mit dem Telefonieren oder Besuchen.

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– Glückwünsche an der Facebook-Pinwand (Stand: 16.34 Uhr): 36

– Glückwünsche per Messenger: 4

– Glückwünsche per SMS: 9

– Glückwünsche per WhatsApp: 5

– Glückwünsche per Mail: 18

– Glückwünsche per Post: 2

– Glückwünsche per Telefon: 1 (wobei: angerufen habe ich.)

– Besuche: 0

Macht total: 75 Gratulationen.

Das ist nicht schlecht: Alles unter 70 wäre chli deprimierend und alles über 80 an der Grenze zur Heuchelei.

Geschenke gibts offensichtlich keine mehr oder wenn doch, dann erst am Abend. Jedenfalls warte ich nun seit elfeinhalb Stunden auf den Lastwagen, aber alles, was ich vor dem Fenster sehe, ist die leere Strasse vor unserem Haus (siehe Bild oben).

Was die Qualität der Wünsche betrifft, darf ich – auch mit Blick auf die mit 0815-„Alles Gute!“ und Allerwelts-„Happy Birthdays“ vollgestopften virtuellen Briefkästen von anderen Geburtstags“kindern“ – sagen: Potzpotz! Viele Gratulantinnen und Gratulanten liessen sich especially for me etwas einfallen, statt sich von der Website „Geburtstagswünsche für die Facebook-Pinwand“ inspieren zu lassen (doch, doch: diese Site gibts!). .

Auszüge:

– „Von mir für dich.“
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„Es ist wieder so weit – herzliche Gratulation zum Geburtstag und nur das Allerbeste im neuen Lebensjahr. Ich hab das Gefühl, das gibt für Dich ein gutes neues Lebensjahr!“

„Happy happy birthday alles gueti, xundheit, glück, Liebi, Sunneschy und immer öppe e feini Flasche Wy.“ (Anm. d. Blogwarts: „Wy“?!?)

„Alles nor erdenklech Gueti för en alte Schuelkamerad !!! Gnüss din Tag!“

„Happy Birthday mate. Enjoy your last year of being in your forties.“

„Ich wünsch dir ne tolle Portion Glück und drücke dir beide Daumen, damit du bald einen unglaublich tollen Job findest (oder ev. schreibst du ja in der Zwischenzeit einen Bestseller.“

„Lieber hannes, pack den letzten 40-er noch und dann rein in die 50er. alles gute zum geburtstag und liebe grüsse aus wien“

(A propos „Wien“: Gratulationen gabs auch aus dem sonstigen Ausland, zum Beispiel aus Paris – „HB mister H. With love from France“ – , Australien – „Happy birthday from Phil and Sheila and family. Hope you have a good day“ – oder dem oberen Emmental: „Ou d’Signouer schicke nach Burgdorf die beschte Wünsch u aus Guete. Enjoy.“)

Auf rund ein Dutzend Glückwünsche warte ich noch, aber es ist ja noch nicht allen Geburtstages Abend.

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Letzteren verbringe ich übrigens im Bären Münchenbuchsee, vor Hänis Sofa, auf dem die beste Schwägerin der Welt sitzt, und im Beisein von weiteren Menschen, die mir sehr nah am Herzen liegen.

Wenn ich, auf das nach wie vor sattelschlepperfreie Strässchen starrend, so darüber nachdenke, komme ich zum Schluss: Diese Stunden sind mehr wert als zig Gschänkli.

Kleine Frau mit grosser Stimme

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(Bild: Von Shawn Mayers Facebook-Seite geklaut)

Shawn Mayer stammt aus dem 40 Seelen-Kaff May City in Iowa, ist erst 25 Jahre jung, klingt aber heute schon wie Amanda Marshall vor ihrer frühzeitigen Selbstpensionierung, hat eine Bühnenpräsenz, die manchen ihrer Berufskolleginnen – sagen wir: Amy McDonald – auch nach vielen Tourneejahren fehlt, singt vorwiegend über zerbrochene Beziehungen…und machte sich von der Country-Metropole Nashville aus auf, mit ihren Geschichten und Melodien die Welt zu erobern. Zum Auftakt ihres Feldzuges gewann sie vor Millionen von Zuschauern den vom TV-Sender NBC veranstalteten Wettbewerb „Nashville Star“.

Auf ihrer Facebook-Seite heisst es: „She’s not afraid of hard work and has strong determination to push forward, even when she finds herself walking against the wind.“ Und weiter: „Shawn is a woman who believes in the power of a song.“

Der Glaube an die Kraft ihrer Lieder ist gerechtfertigt: Was die zierliche Frau in Schwarz gestern Abend während knapp zweier Stunden voller Wucht und Dampf und Energie im Theater Z in Burgdorf ablieferte, liess den Gästen die Münder noch offenstehen, als das Licht längst wieder angegangen war und die Heldin des Abends an der Bar mit Zuhörerinnen und Zuhörern plauderte und CDs signierte.

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Die Höhepunkte ihres Auftritts waren zwar zwei improvisierte Duette mit der amerikanisch-bernischen Soulinterpretin Freda Godlett. Doch schon lange, bevor Godlett die Bühne betrat, war den Anwesenden – zumindest jenen, die das Konzert nicht dazu nutzten, sich mit ihren Freundinnen und Freunden lautstark und ununterbrochen über die Ereignisse der letzten Woche zu unterhalten – klar: Da vorne sitzt eine Frau, denen von verschiedenen Männern schon  manche Beule und Narbe zugefügt wurde,  und die nun finster entschlossen ist, mit ihrer Mehroktaven-Stimme allen zu erzählen, woher diese Verletzungen stammen und was sie daraus machte.

„Not again“, „I’m not looking back“, „Right Mistake“, „Back around“, „Overcome“ und fast all die anderen Titel, die sie zwischen ihren bisweilen etwas uferlosen Ansagen ins Mikrophon röhrt, sind weniger Songs als vielmehr Abrechnungen. Und immer, wenn der Schlussakkord verklungen ist, blitzt in ihren Augen etwas auf, das signalisiert: „So. Dem Drecksack habe ichs jetzt wieder gegeben.“

So schmerzhaft all die Enttäuschungen für sie auch gewesen sein mögen: Vermutlich machen gerade sie den grossen Unterschied zwischen im Studio hochgezüchteten Singer/Songwriterinnen von der Stange und Shawn Mayer aus. Die einen unterhalten. Shawn Mayer fasziniert.

Die Sache mit dem superduper Kundengeschenk

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Wenn sich jemals eine Task Force „Kundengeschenke“ etwas Sinnvolles ausgedacht hat, war es jene der Firma Cornércard in Lugano: Zu meinem Geburtstag beglückte sie mich mit einem…

…gedämpftes Licht, Trommelwirbel, strengstes Blitzverbot…

…Kalender.

Und zwar nicht mit einem von indischen Kindern gefertigten 0815-Bhaltis, sondern mit einem ganz persönlich extra nur für mich individuell gestalteten Tages- und Wochen- und Monateanzeiger!

Jetzt weiss ich auch ohne iPhone immer, welches Datum wir gerade haben. Und bin zumindest bis im Oktober 2015 das Problem los, meinen Namen zu vergessen, denn das, vermute ich, ist der Clou dieses Kalenders: dass mein Name draufsteht.

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Die entscheidende Sitzung fand gut unterrichteten Quellen zufolge in einem Viersternehotel in Florenz statt und lief scheints wie folgt ab:

Vorsitzender: Also. Was machen wir jetzt?

Gruppenmitglied A: Was, was machen wir jetzt?

Vorsitzender: Wegen der Geburtstagsgeschenke. Für unsere Kundinnen und Kunden.

A: Ach so. Ja…gute Frage.

Vorsitzender: Wir haben an diesen zwei Sitzungstagen drei Varianten evaluiert (geht zur Flipchart): Einen Kalender, ein Portemonnaie und einen USB-Stick. Alles mit Aufdruck.

Gruppenmitglied B: Was ist für uns am Teuersten?

Vorsitzender: Das Portemonnaie. Der Kalender kostet fast nichts. Wäre ein Gegengeschäft.

B: Dann der Kalender.

A: Ich bin immer noch für die Gutscheine.

Vorsitzender: Was für Gutscheine?

A: War nur so eine Idee. Gutscheine sind immer gut. Meine Frau…

Vorsitzender: Was meinen die anderen? Kalender? Portemonnaie? Stick?

Gruppenmitglied C: Stick. Einige unserer Kunden haben schon einen Computer.

Gruppenmitglied D: Portemonnaie. Einige unserer Kunden haben noch Geld.

C: (zu D.): Tubel.

D. (zu C.): Selber Tubel.

C. (zu C.) Ist doch wahr. Ich wollte nur sagen…

D. (zu D.) …ich habs schon verstanden.

Gruppenmitglied E: Portemonnaie.

Gruppenmitglieder F-U: Kalender. Kalender. Kalender. Kalender, Kalender. Kalender. Kalender. Kalender. Kalender. Kalender. Kalender. Kalender. Kalender. Kalender. Kalender. Kalender.

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Vorsitzender: Oh!

Gruppenmitglied K: Ich spreche hier sicher auch für die anderen, wenn ich sage, dass uns diese Diskussion langsam ein bisschen ermüdet. Ist ja jedes Jahr dasselbe, und am Schluss gibts einen Kalender.

Vorsitzender: Aaaaaber – in diesem Jahr gibts einen mit Namen. Das ist etwas anderes als einer ohne. Etwas ganz anderes! Mit Namen, da denkt der Kunde: Wow! Die kennen mich! Ich bin für die nicht nur eine Nummer! Denen gebe ich mein ganzes Geld!

F-U: Nicken ermattet.

A. Ein Gutschein hätte den Vorteil…

Vorsitzender: …wollten Sie nicht schon lange nach draussen gehen, um eine zu rauchen?

A.: Doch. Danke. Bin schon weg. (Erhebt sich und verlässt den Raum. Kündigt anderntags, wandert nach Neuseeland aus und wird Biobauer.)

Vorsitzender: Gut. Also. Dann der Kalender.

D und E (im Duett): Wieso?

Vorsitzender: Weil die Mehrheit soeben für den Kalender gestimmt hat.

D: Wir haben gar nicht abgestimmt.

Vorsitzender: Nein, aber…

D:  …eben. Und wo keine Abstimmung, da kein Resultat und schon gar kein Ende dieses Meetings.

Vorsitzender: Fast alle haben vorhin gesagt „Kalender“. Daraus habe ich geschlossen…

E: D hat Recht. Wir haben nicht abgestimmt.

Vorsitzender (leicht gereizt): Schön, stimmen wir ab. Wer ist…

Teilnehmer L: Angenommen, wir nehmen den Kalender – was kommt da drauf?

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Vorsitzender: Was auf so Kalender halt kommt. Die Monate und Wochen und Tage, und natürlich so Sujets. Plus, eben, der Name des Empfängers. In Ihrem Fall also Ludwig.

L: Lukas.

Vorsitzender: Sorry. Lukas. Jedenfalls…

Teilnehmer H: Irgendwer müsste das Zeug ja noch gestalten, grafisch, meine ich. Gibts da schon Ideen?

Vorsitzender: Das macht dann unsere Grafikabteilung.

D: Aha. Das ist also schon eingefädelt. Dann können wir uns die Abstimmung auch schenken.

Vorsitzender: Ich habe nicht gesagt, dass wir abstimmen.

D. Mit Verlaub: Doch, haben Sie.

Vorsitzender: Nein, habe ich nicht.

D (blättert in seinen Notizen): Hier steht, und ich zitiere wörtlich: „Chef: ‚Schön, stimmen wir ab'“. Das war vor einer halben Minute.

Vorsitzender: Das habe ich nur gesagt, weil…

D:  Sie sagten „Schön, stimmen wir ab“. Und jetzt erfahren wir, dass das mit dem Druck und der Grafik und allem schon eingefädelt ist. Das geht für mich nicht auf. Das stimmt für mich nicht. Das ist doch keine Art, mit seinem Personal umzugehen, vertami!!!

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Vorsitzender: Müssen wir jetzt wirklich darüber abstimmen, ob wir abstimmen sollen?

Teilnehmer G (mehr zu sich selber): Ich glaubs ja nicht.

D (immer noch stinksauer): Wer ist für die Kalender?

Alle Teilnehmer: Heben die Hände.

D: Wer ist fürs Portemonaie?

Drei Teilnehmer: Heben die Hände.

D: Und wer für den Stick?

Zwei Teilnehmer: Heben die Hände.

Vorsitzender (grummelt): Super Abstimmung, das, wirklich.

D: Egal. Die Mehrheit ist für den Kalender.

E: Wie immer.

Vorsitzender: Spielt keine Rolle. Wann treffen wir uns wieder? Weihnachten steht vor der Türe, und auch da…

B: Wir haben ja immer noch die Portemonnaies und die Sticks. Das können wir auch intern regeln, ich meine: per Mail.

Vorsitzender: Nein, das müssen wir noch einmal von vorne besprechen. Wir haben ein Budget, und Weihnachten und Geburtstag sind sowieso zwei Paar Schuhe.

G (mehr zu sich selber): So, so.

Vorsitzender: Eben. Der nächste Termin. Wann können wir…

B:  Muss im Kalender nachsehen. Aber ich habe erst in sieben Monaten Geburtstag.