Rüffel aus Kalifornien

Dieses Bild hat nicht das Geringste mit dem Text darunter zu tun. Es ist nur da, damit ich den Beitrag auf Facebook stellen kann, ohne, dass sich jemand diskrimiert fühlen muss.

Verblüffend regelmässig schreiben mir Frauen – meist aus Osteuropa, gelegentlich aber auch aus Amerika oder China – dass sie mich treffen möchten.

Akuten Handlungsbedarf verspüre ich nie. Deshalb lege ich ihre Zuschriften am selben Ort ab, wo ich auch die Angebote von wohlwollenden Mitmenschen aus Nigeria deponiere, die mir gegen ein kleines Entgelt das Erbe ihrer bei Flugzeugabstürzen ums Leben gekommenen Onkels vermachen wollen.

Als ich vor zwei Wochen wieder solche Post erhielt

dachte ich, sooli, und stellte die Mails auf Facebook. Dazu schrieb ich:

„Hallo, Marilyn,
hallo, Beryl

Danke für eure Anfragen. Selbstverständlich gelten für euch dieselben Regeln wie für alle anderen. Das heisst: Wer mir am Telefon eher das ‚Totemügerli‘ aufsagt, kommt in die nächste Runde. Dafür haben sich schon Janice, Bree, Mariella, Adrienne, Mandy und Vreni qualifiziert. Die dann wartende Aufgabe behalte ich noch für mich; als Stichwort muss ‚Alperose‘ genügen. Eine Bewerberin steigt mit einem kleinen Vorteil ins Viertelfinale, aber ich sage nicht, welche.“

Kaum war der Text samt den Bildern online, wurde er – von einer Frau – mit einem ???? kommentiert. Minuten später war er von der Seite verschwunden.

Mein erster Gedanke war: „Zensur“. Also wuchtete ich meine Trychle aus dem Schrank und drehte mit ihr, „Liberté! Liberté!“ brüllend, ein paar Runden um den Hotelpool. Die verblüfften Blicke der Umliegenden entgingen mir natürlich nicht, nur: Die Leute, die sich am Schwimmbecken in aller Unbeschwertheit medium garen lassen, haben ja keine Ahnung davon, wie es sich anfühlt, in einer Diktatur zu leben.

Dann überkam mich ein Verdacht: Wurde ich verraten? Sollte es unter meinen 600 handverlesenen „Freundinnen“ und „Freunden“ jemanden geben, der oder die den Beitrag als dermassen daneben empfunden haben könnte, dass er (oder sie) ihn Facebook meldete in der Hoffnung darauf, dass der Konzern ihn löschen würde?

Ich ging die Liste im Kopf durch und stiess auf zwei Verdächtige. Falls einer oder eine von ihnen tatsächlich für diese Aktion verantwortlich sein sollte, hätte es sich um einen Angriff auf mein ureigenstes Hoheitsgebiet gehandelt, der für ihn oder sie schlimme Konsequenzen haben könnte, wenn nicht sogar: haben müsste.

Nach etwelchem Nachdenken beschloss ich jedoch, von einem Gegenschlag abzusehen: Wer so humorfrei durchs Leben gehen muss, ist bestraft genug.

Nun – ich hatte die Sache schon fast vergessen – teilte mir Facebook mit, inwiefern ich mich gegenüber der Familie versündigt habe. Von „Sicherheitsverletzungen“ ist die Schreibe, und von „Betrug“.

Eine Nummer kleiner gehts für die Wächter über eine Community, die sich im Laufe der Jahre daran gewöhnt hat, dass die Welt aus herzigen Kätzchen und atemberaubenden Sonnenuntergängen besteht und dass es gegen sämtliche Unbilden des Daseins ein aufmunterndes Kalendersprüchli gibt, nicht:

Selbstverständlich, fügte Facebook an, könne ich diese Entscheidung anfechten. Allzugrosse Hoffnungen auf eine zügige Behandlung meines Rekurses soll ich mir allerdings nicht machen:

Ob das „Review-Team“ von sich aus eingeschritten oder aufgrund einer Beschwerde aus meiner Leserschaft aktiv geworden war, ist der Nachricht nicht zu entnehmen.

Ich habe aber gewisse Zweifel daran, dass es im kalifornischen Menlo Park sehr viele Leute gibt, die sich dafür interessieren, was ich auf Facebook treibe.

5 Kommentare

  1. Im Fall: Diese Body Cream ist nebst deinem Schreibzeug der absolute Hit! Kannst du nicht eine Lastwagenladung importieren?

    Das kannst du viel einfacher haben, und zwar zum Beispiel hier.

  2. Vielleicht solltest du Max aus dem Keller einen neuen Job anbieten. Er könnte deine Beiträge rechtlich, moralisch und ethisch vorprüfen. ????

    Ich habe keine Ahnung, wo Max sich aufhält. Entweder ist er noch im Reisebüro – oder schon weg. Wenn – oder falls – er wiederkommt, werde ich mich mit ihm über deinen Vorschlag unterhalten.

  3. Drbi isch doch das e faire Wettbewerb wo Du da abietisch. Näbscht däm, dass am angere Ändi vor Leitig wohl eher ke hübschi, jungi, verzivletti Frou sitzt, sonder viu eher ä junge Typ mit fettige Haar u Büchli, e Chipstüte ir Hang…wo probiert mit möglichst überschaubarem Ufwand e guete Näbeverdienscht z generiere.

  4. Du kannst Dich nicht beklagen, denn Du hast trotz mancher Unbilden
    Lieblingslehrer, Lieblingseernährungsberater*innen, eine Lieblingshündin… usw. um Dich herum!!????????

    Ich beklage mich ja nicht????. Ich wüsste nicht, über was oder wen.

  5. Herrlich! Minimale Rüge: Die Mehrzahl von Unbill ist Unbilden. Dein Lieblingsdeutschlehrer.

    Danke für den Hinweis! Ist korrigiert.

    Es war mir noch, aber dann dachte ich, „Unbilden“ sei vor lauter Veraltetsein längst unten aus dem Duden gefallen.

    „Lieblingslehrer“ ist für mich ein Widerspruch in sich. In deinem Fall – du kannst ja nichts dafür – lasse ichs jetzt einfach mal stehen????.

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